Montag, 20. Januar 2014

Der Vergleich hinkt



Vergleichen ist unser tägliches Geschäft. Wir vergleichen immer und alles. Preise, Größen, Mengen, Leistungen, Farben – und Menschen. Das scheint unsere Natur zu sein. Wir vergleichen uns selbst mit anderen. Ich jedenfalls tue das ständig.
Mir fiel das heute auf, als ich mit Noemi spazieren schlitterte, und ich eine junge Frau, die uns entgegen kam, sofort musterte, verglich und kategorisierte. Schublade auf, junge Frau rein, Schublade zu. Sie sah sehr gut aus. Besser als ich. Schlankere Beine, schmaleres Gesicht, flacheren Bauch, glänzenderes Haar, weißere Zähne (vermute ich, hab ich nicht gesehen).
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich das mentale Maßband immer dabei habe, um die Frauen, die mir begegnen, an mir selbst zu messen, sie an der Messlatte „Rebekka“ zu bewerten: Die wiegt bestimmt 20kg mehr als ich. Gegen die bin ich schlank! Die hat aber ein breites Kreuz, sieht von hinten aus wie ein Kerl. Dagegen sind meine Schultern schmal, in der Hinsicht hab ich mehr Glück gehabt. Oh, die da hat ein wunderhübsches Gesicht. Nicht so blöde Muttermale wie ich. Ihr Bauch schwabbelt ja ganz schön. Mehr als meiner. Was für lange, schlanke Beine die da drüben hat! Nicht solche Krautstampfer wie ich. Und so weiter und so weiter.

Natürlich ist dieses ewige Sich-Vergleichen nicht gut für mich. Es macht mich fertig, weil ich in den meisten Fällen ja doch schlechter abschneide, so sagt es jedenfalls mein Maßband. Vielmehr sollte ich mich über meine Einzigartigkeit freuen, meine individuelle Schönheit (die ja bekanntlich im Auge des Betrachters liegt) betonen und zelebrieren. In „Vergleich“ steckt das Adjektiv „gleich“. Das wäre schon ziemlich langweilig, wenn wir alle gleich aussähen. Wenn es nur Giraffen gäbe, und keine Elefanten.  

Aber das war es gar nicht, was mir heute schlagartig bewusst wurde. Vielmehr bemerkte ich, dass ich durch mein Mustern, Vergleichen und Kategorisieren die Frauen, mit denen ich dieses tue, zu Objekten degradiere. Ich reduziere sie auf bestimmte – meistens äußere – Merkmale und stampfe sie damit im Geiste zu reinem Vergleichsmaterial zusammen. Nicht nur, dass die Vergleicherei ein schlechtes Gefühl bei mir selbst auslöst – sie ist zudem menschenverachtend. Und ich bin total oberflächlich. Krass.

Wenn ich diesen Gedanken weiter verfolge, komme ich schließlich wieder bei Gott an, und merke, dass ich mit dem Vergleichen auch ihm Unrecht tue. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass jeder Gedanke à la „Ich hasse meine Nase!“ ein Schlag in Gottes Gesicht ist. Immerhin hat er diese Nase designt, und findet sie total gelungen. Immerhin hat er genau diese Nase genau einer bestimmten Person zugedacht, einem Menschen, den er über alles liebt und wunderschön findet. Einem seiner Ebenbilder. Obacht! also, bei jedem Vergleich. Er geht direkt gegen Gott.

Ich wünsche mir so, dass Gott da meinen Blick und letztlich mein Herz verändert! Dass ich mich an der Schönheit und Vielfalt erfreuen lerne anstatt ständig mit Vergleichen und Bewertungen beschäftigt zu sein. Dass ich frei werde von dem Zwang, mich und andere zu messen, von der Angst, nicht zu genügen, von dem Wunsch, „anders“ zu sein, von Neid und Missgunst und Gemeinheit.
Das ist jedenfalls mein Projekt für die nächste Zeit: Sobald ich merke, dass vergleichende Gedanken in meinem Kopf entstehen, setze ich diesen die Vorstellung entgegen, wie Gott diesen Menschen liebevoll entworfen und erschaffen hat, und führe mir vor Augen, was für ein genialer Künstler Gott ist.

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