Donnerstag, 20. März 2014

Gehe zurück auf "Start"!



Für diesen Blogeintrag wären mehrere Überschriften denkbar gewesen: Verräterische Schokoladenflecken. Die Pralinenschachtel des Anstoßes. Wie ich mir etwas vornehme, das ich garantiert nicht schaffe. Oder einfach: Die Fastenbeichte der Rebekka S. Ihr könnt euch schon denken: Das wird nicht gerade ein „rühmlicher“ Text für mich. Aber ich will ja ehrlich sein. Wenigstens das.
Alles hatte so schön begonnen. In die erste Fastenwoche startete ich voller Elan und hielt auch alle meine Vorhaben durch. Der Computer blieb meistens aus, das Nutella-Glas in der Speisekammer wurde nicht angerührt und ich las jeden Tag mein Pensum aus dem Johannesevangelium. Am Sonntag gingen wir in die Konditorei Reichert, wo ich ein Stück als Torte getarnte Mousse-au-Chocolat genoss. Herrlich! Es fühlte sich gut an.
Und am Montag war da plötzlich diese Schachtel Pralinen, die Falko vergessen hatte, mit in die Uni zu nehmen und an seine Kollegen zu verfüttern. Rebekka allein zu Haus (naja, fast) mit einer Schachtel voll verführerischer Pralinen – keine gute Idee. Schokolade, Marzipan, Nüsse, Nugat, alles formvollendet und wunderschön und ein Gedicht und: frei verfügbar. Die leibhaftige Versuchung! Und dann kamen auch noch Frustration und schlechte Laune dazu, bis der Fastenbruch fast perfekt war. Ich rief Falko an: „Falko, du hast die Pralinen vergessen und jetzt liegen sie hier und ich will sie essen!“ Mein Mann, der sich in diesem Moment sicherlich wahnsinnig über sich selbst ärgerte, darüber, dass er mir die Möglichkeit, fastenbrüchig zu werden, quasi auf dem Silbertablett serviert hatte, fand sofort die Lösung für mein Problem: „Schmeiß die Pralinen aus dem Fenster! Du musst nur vorher schauen, dass niemand davon getroffen wird.“
Kaum war unser Gespräch beendet, fing Noemi wieder an zu heulen. Argh!  Ich riss die Pralinenschachtel auf und vertilgte sie alle auf einmal. Nichts sollte von dieser Versuchung übrig bleiben, besser vernichtete ich sie heute vollständig, als mich morgen in einer ähnlichen Situation zu befinden. Die Pralinen waren wundervoll. Dann war mir schlecht. Und mein Gewissen regte sich. War es das wirklich wert? Noemi nervte immer noch, daran hatte auch die Schokolade nichts ändern können. Und was sollte ich Falko sagen?
Zuerst machte ich ihm weis, die Pralinen tatsächlich aus dem Fenster geworfen zu haben. (Das ist der wirklich unrühmliche Teil!) Aber weil ich meinem Mann nie lang etwas verheimlichen oder vorlügen kann, gestand ich ihm noch am selben Abend alles. Er war nicht sehr überrascht, glaube ich.

Naja, und wie das eben so ist: Sobald man an einer Stelle schwach geworden ist, brechen nach und nach alle Dämme. „Jetzt ist es auch schon egal“, dachte ich, und biss in den Schokoriegel. Und wo ich beim einen Fastenvorhaben versagt hatte, passte es ins Bild, auch die anderen schleifen zu lassen. Weil ich zu müde war, schaute ich mir lieber was im Internet an, als in der Bibel zu lesen. Weil dies ein paar Tage hintereinander passierte, war mein Lesepensum ohnehin kaum noch zu schaffen.
Und somit ist von meinem Fastenvorhaben eigentlich nur noch das „Vorhaben“ übrig geblieben. Das fühlt sich blöd an, versagt zu haben. Und peinlich ist es irgendwie auch.


Hm, so kann ich diesen Blogeintrag aber nicht enden lassen, oder? Ehrlichkeit ist schön und gut, aber irgendwie hab ich ja schon den Anspruch, ein bisschen „Lebensweisheit“ zu vermitteln, Einsichten und Erkenntnisse und Veränderungen und so. Als ich mich an den Computer setzte, um diesen Text zu schreiben, kam ich in meinen Gedanken bis zu diesem Punkt. Bis zur Beichte, aber nicht darüber hinaus.
An sich bleiben mir ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich blase das ganze Fastenprojekt ab und versuche es im nächsten Jahr erneut, oder ich gehe nochmal zurück auf Start und fange von vorne an. Immerhin habe ich noch vier Wochen, wenn ich richtig gezählt habe. Vier Wochen, in denen ich immer und immer wieder scheitern und von vorne anfangen könnte. Vier Wochen, in denen ich vor allem eines versuchen möchte, nämlich im „Wir“ zu denken. Jesus und ich. Denn das ist es, was Glauben eigentlich bedeutet. Im Wir zu leben mit Jesus. Allein werde ich es nicht schaffen, aber allein bin ich ja, Gott sei Dank, gar nicht. Dieses Denken im Wir möchte ich mir gern angewöhnen.



Das muss ich mir mal abgewöhnen!

Warum fällt es uns so schwer,
den Gewohnheiten abzusagen,
die wir selbst als unbefriedigend,
enttäuschend und schädlich
erfahren?

Von dem, was unser Leben
und unsere Liebe einschränkt,
können wir nur dann lassen,
wenn wir unser wahres Leben
und die uns tragende Beziehung
erkannt und gefunden haben.

Die Anziehungskraft
eines Ersatzes verblasst,
wenn wir die Faszination
des eigentlich Gewünschten
und den hellen Schein des
wirklich Ersehnten erleben.

Gott segnet uns nicht erst,
wenn wir uns selbständig
von der Sünde
getrennt haben,
sondern er macht uns von
dem Zwang der Sünde frei,
indem er uns beschenkt.

Wir werden von dem
Fluch der Sünde entwöhnt,
indem wir durch Gottes Segen
verwöhnt werden.

An diese befreiende Logik
der Liebe und des Lebens
kann man sich direkt
gewöhnen.

-Hans-Joachim Eckstein-






Mittwoch, 5. März 2014

Tag 1: Du musst dein Ändern leben



„Du musst dein Ändern leben“ stand da in weißen Buchstaben auf der Fensterscheibe. Ich sah den Spruch von der Straßenseite gegenüber, als ich Noemi in ihrer Kutsche zum PEKiP schob, und musste lächeln. Wie passend, an meinem ersten Fastentag.
Zum Frühstück trank ich meinen Tee heute ohne Zucker. Ich werde mich daran gewöhnen, mit der Zeit. Nach dem Zähneputzen und den ersten kleineren Haushaltstätigkeiten wollte ich gewohnheitsmäßig  den Computer anschalten. Dies hätte ich aber nur unter der Prämisse gedurft, meinen Posteingang zu bearbeiten, und weil ich keine Lust auf E-Mails hatte, blieb mein Laptop kalt. Stattdessen spielte ich ein bisschen mit Noemi, die meinen Sinneswandel sehr zu schätzen wusste und schließlich an meiner Brust einschlief.
Was nun anfangen mit der Freiheit, zu der ich so unverhofft gekommen war? Erster Impuls: Mir einen Schokopudding aus dem Kühlschrank holen. Äh, nein, doch nicht. Zweiter Gedanke: Computer jetzt doch anschalten und schauen, was es Neues gibt? Nein, auch nicht gut. Wie war das noch gleich, „mit ohne“?
Also schlug ich meine Bibel auf und las die ersten Verse des Johannes-Evangeliums, von denen ich auch gleich fasziniert war: „All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden. Sie wurden es weder aufgrund ihrer Abstammung, noch durch menschliches Wollen, noch durch den Entschluss eines Mannes; sie sind aus Gott geboren worden.“ (12+13) Ich glaube, Gott möchte sicherstellen, dass ich meine letzte Lektion nicht so schnell wieder vergesse. Deshalb erinnert er mich auch an dieser Stelle daran, dass ich ganz und gar nichts leisten muss. Dass ich mich von ihm beschenken lassen darf und mich über seine Gnade freuen: „Wir alle haben aus der Fülle seines Reichtums Gnade und immer neu Gnade empfangen.“ (16) Immer und immer wieder neu! Herrlich!
Noemi schlief noch immer, und so konnte ich in aller Ruhe einen Brief an meine Freundin Ulrike beginnen, die schon viel zu lange darauf warten musste. Ich war so vertieft ins Schreiben, dass ich es fast verpasst hätte, Noemis Gläschen fürs Mittagessen aufzuwärmen… Für sie gab es Blumenkohl und Kartoffel, für mich Stullen und Paprika. Wieder widerstand ich der Versuchung, mir Nutella aufs Brot zu schmieren, und auch dem letzten Rest Eis im Tiefkühlfach. Einfach ist anders.
Als Noemi und ich vom PEKiP nach Hause kamen, war ich total erschöpft. Nachmittags ab 16 Uhr beginnt die kritische Zeit: die Laune meines Kindes wird schlechter, während meine Kräfte schwinden. Da kann es leicht passieren, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Heute jedoch passierte es mir nicht. Nach dem Stillen schmusten und spielten Noemi und ich ausgiebig, und weil ich müde war, legten wir uns beide ein bisschen aufs Sofa. Dort spielte meine Tochter weiter, während ich mich ausruhte und dabei das kleine große Wunderwerk betrachtete. Ich liebe es, wenn sie im Spiel innehält und den Blickkontakt mit mir sucht. Als ob sie fragen würde: „Ist das ok, Mama? Darf ich das anfassen?“ oder sich versichern wollte, dass ich sie noch sehe. Dann lächle ich sie an und sie lächelt zurück und spielt weiter. Bauchkribbelmoment. Unendlich kostbar.
Nach dem Abendessen war die Lust auf Schokolade groß, aber das Kind musste gebadet werden und dann wollte ich den begonnenen Brief zu Ende schreiben und diesen Blogeintrag, sodass ich – bis jetzt – nicht mehr daran dachte, dass ich eigentlich Sehnsucht habe... Aber der Tag lief viel zu gut, als dass ich ihn mir jetzt vermiesen möchte mit einem Fastenbruch.
Morgen ist morgen, heute ist heute, und heute ist mein Lieblingstag.

Dienstag, 4. März 2014

Vierzig Tage mit ohne



Alkohol, Fernsehen, Rauchen, Koffein, Fleisch, Abendessen, Internet oder Süßigkeiten – alle Jahre wieder steht die Fastenzeit vor der Tür und fragt mich höflich, worauf ich denn diesmal verzichten möchte. Während der Schwangerschaft im letzten Jahr war ich aus dem Schneider; nachdem die schlimmste Übelkeit vorüber war, wollte ich endlich wieder Schokolade genießen und es mir überhaupt gut gehen lassen. In diesem Jahr allerdings möchte ich die Fastenzeit unter anderem dazu nutzen, einen Startpunkt zu setzen für Veränderungen, die mir schon länger im Kopf herumspuken. Vielleicht kennt ihr das auch: Ab morgen esse ich weniger Schokolade, ab morgen lasse ich den Computer aus, ab morgen wird einfach alles anders. Und am nächsten Tag heißt es dann wieder „morgen“ und so weiter. Auf diese Weise passiert natürlich nie etwas. Da lobe ich mir alte Prokrastiniererin doch die Fastenzeit. Die fängt nämlich tatsächlich morgen an, ganz ohne Ausflüchte, steht sogar im Kalender. Und ich mache mit.

Von morgen bis Karsamstag werde ich auf Süßigkeiten und das Internet verzichten, beziehungsweise auf alle Tätigkeiten im Internet, die nichts mit schreiben zu tun haben. E-Mails und mein Blog sind weiterhin erlaubt, außerdem das Suchen nach gezielten Informationen, nicht aber Facebook, Mediatheken und sinnloses Rumsurfen. Hm, ich merke gerade, dass das nicht einfach wird…

Diese Fastenzeit möchte ich jedoch nicht primär über den Verzicht auf etwas definieren. Als ich Falko von meinem Vorsatz berichtete, vorläufig und teilweise ohne Internet leben zu wollen, fragte er mich: „Und was möchtest du mit deiner Zeit stattdessen anfangen?“ und weckte in mir damit die Idee, die Fastenzeit in diesem Jahr ganz bewusst mit ohne zu gestalten. Ich möchte auf Dinge verzichten, die mir nicht gut tun und von denen ich langfristig ganz frei werden will. Und gleichzeitig möchte ich gute Gewohnheiten einüben und diese 40 Tage* Passionszeit mit Jesus verbringen – dem wir Ostern und alles, was damit zusammenhängt ja überhaupt erst verdanken.

Um es konkret zu machen:
Die kommenden Tagen und Wochen werde ich ohne Süßigkeiten verbringen, die ich mir ohne Nachzudenken zwischendurch mal eben so reinschiebe. Dafür werde ich mit bewusstem Genuss leben, mir leckere Hauptmahlzeiten zubereiten und mich auf das erlaubte sonntägliche Stück Kuchen freuen.
Und ich werde in der Fastenzeit auf alle Tätigkeiten im Internet verzichten, die mich ablenken, mir Lebenszeit und Energie rauben und völlig sinnlos sind. Der Computer darf nur eingeschaltet werden, um Blogeinträge und E-Mails zu schreiben oder konkrete Informationen zu suchen. 40 Tage ohne Facebook, Mediatheken und Krimiserien. Und gleichzeitig 40 Tage mit dem Johannes-Evangelium, das ich in dieser Zeit durchlesen möchte. Dafür habe ich mir extra ein Notizbuch gekauft, um das Gelesene in Wort und Bild zu verarbeiten, das wird toll! 40 Tage mit meiner kleinen Tochter, in der ich viel weniger abgelenkt sein und mehr quality time mit ihr verbringen werde. 40 Tage angefüllt mit lesen, schreiben, Freunde treffen, backen, rausgehen…

Ja, ich freu mich wirklich drauf!
Und werde euch zwischendurch berichten, wie es mir ergeht. Morgen geht’s schon los!



* Ich habe nachgezählt und kam auf 46 Tage von Aschermittwoch bis Karsamstag. Falko wies mich darauf hin, dass die Sonntage nicht mitgerechnet werden – und schon stimmen die 40 Tage!