Mittwoch, 5. März 2014

Tag 1: Du musst dein Ändern leben



„Du musst dein Ändern leben“ stand da in weißen Buchstaben auf der Fensterscheibe. Ich sah den Spruch von der Straßenseite gegenüber, als ich Noemi in ihrer Kutsche zum PEKiP schob, und musste lächeln. Wie passend, an meinem ersten Fastentag.
Zum Frühstück trank ich meinen Tee heute ohne Zucker. Ich werde mich daran gewöhnen, mit der Zeit. Nach dem Zähneputzen und den ersten kleineren Haushaltstätigkeiten wollte ich gewohnheitsmäßig  den Computer anschalten. Dies hätte ich aber nur unter der Prämisse gedurft, meinen Posteingang zu bearbeiten, und weil ich keine Lust auf E-Mails hatte, blieb mein Laptop kalt. Stattdessen spielte ich ein bisschen mit Noemi, die meinen Sinneswandel sehr zu schätzen wusste und schließlich an meiner Brust einschlief.
Was nun anfangen mit der Freiheit, zu der ich so unverhofft gekommen war? Erster Impuls: Mir einen Schokopudding aus dem Kühlschrank holen. Äh, nein, doch nicht. Zweiter Gedanke: Computer jetzt doch anschalten und schauen, was es Neues gibt? Nein, auch nicht gut. Wie war das noch gleich, „mit ohne“?
Also schlug ich meine Bibel auf und las die ersten Verse des Johannes-Evangeliums, von denen ich auch gleich fasziniert war: „All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden. Sie wurden es weder aufgrund ihrer Abstammung, noch durch menschliches Wollen, noch durch den Entschluss eines Mannes; sie sind aus Gott geboren worden.“ (12+13) Ich glaube, Gott möchte sicherstellen, dass ich meine letzte Lektion nicht so schnell wieder vergesse. Deshalb erinnert er mich auch an dieser Stelle daran, dass ich ganz und gar nichts leisten muss. Dass ich mich von ihm beschenken lassen darf und mich über seine Gnade freuen: „Wir alle haben aus der Fülle seines Reichtums Gnade und immer neu Gnade empfangen.“ (16) Immer und immer wieder neu! Herrlich!
Noemi schlief noch immer, und so konnte ich in aller Ruhe einen Brief an meine Freundin Ulrike beginnen, die schon viel zu lange darauf warten musste. Ich war so vertieft ins Schreiben, dass ich es fast verpasst hätte, Noemis Gläschen fürs Mittagessen aufzuwärmen… Für sie gab es Blumenkohl und Kartoffel, für mich Stullen und Paprika. Wieder widerstand ich der Versuchung, mir Nutella aufs Brot zu schmieren, und auch dem letzten Rest Eis im Tiefkühlfach. Einfach ist anders.
Als Noemi und ich vom PEKiP nach Hause kamen, war ich total erschöpft. Nachmittags ab 16 Uhr beginnt die kritische Zeit: die Laune meines Kindes wird schlechter, während meine Kräfte schwinden. Da kann es leicht passieren, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Heute jedoch passierte es mir nicht. Nach dem Stillen schmusten und spielten Noemi und ich ausgiebig, und weil ich müde war, legten wir uns beide ein bisschen aufs Sofa. Dort spielte meine Tochter weiter, während ich mich ausruhte und dabei das kleine große Wunderwerk betrachtete. Ich liebe es, wenn sie im Spiel innehält und den Blickkontakt mit mir sucht. Als ob sie fragen würde: „Ist das ok, Mama? Darf ich das anfassen?“ oder sich versichern wollte, dass ich sie noch sehe. Dann lächle ich sie an und sie lächelt zurück und spielt weiter. Bauchkribbelmoment. Unendlich kostbar.
Nach dem Abendessen war die Lust auf Schokolade groß, aber das Kind musste gebadet werden und dann wollte ich den begonnenen Brief zu Ende schreiben und diesen Blogeintrag, sodass ich – bis jetzt – nicht mehr daran dachte, dass ich eigentlich Sehnsucht habe... Aber der Tag lief viel zu gut, als dass ich ihn mir jetzt vermiesen möchte mit einem Fastenbruch.
Morgen ist morgen, heute ist heute, und heute ist mein Lieblingstag.

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