Sonntag, 31. Mai 2015

Freundinnen fürs Leben



In unserem engsten Freundeskreis sind wir die einzigen Eltern. Die meisten meiner Freundinnen sind entweder Singles, oder sie befinden sich in (noch) kinderlosen Beziehungen. Das finde ich auch ok so – habe ja neulich mal darüber geschrieben, dass es mit anderen Mamas nicht immer ganz einfach ist…
Meine Freundinnen finden Noemi und Samuel super, sie haben mich durch die Schwangerschaften begleitet und auch durch die Höhen und Tiefen der ersten Wochen mit den „Frischlingen“. Sie bieten sich als Babysitterinnen an und ertragen es, dass meine Aufmerksamkeit seit nun fast zwei Jahren nicht mehr ungeteilt auf meinem jeweiligen Gegenüber ruht.

Und dennoch:  Meine Freundschaften haben sich verändert. Meine Freundinnen und ich, wir sehen uns seltener und meistens nicht mehr allein. Zeit und Ort der Treffen bestimmen meine Kinder – sehr oft kommen meine Freundinnen zu mir, wir verbringen die gemeinsame Zeit auf dem Spielplatz, und abends mal weggehen klappt mit einem Stillkind einfach nicht so gut. Gesprächsthema Nummer 1 ist bei mir natürlich das Mama-Sein: Wie geht es den Kindern, bekomme ich genug Schlaf (nein!) und was war die letzte von Noemis Eskapaden… Unsere Lebensfelder driften auseinander, ganz langsam, besonders bei den Single-Freundinnen. Ebenso sehr wie ich merke, dass ich meine Freundinnen und diese Freundschaften brauche, spüre ich auch, dass sie zerbrechlich sind, und teilweise gefährdet.

Meine Eltern pflegen, soweit ich informiert bin, keine nennenswerten Freundschaften. Auch von anderen meiner Generation weiß ich, dass ihre Eltern kaum Freunde haben. Wir haben uns manchmal darüber gewundert und wohl insgeheim gedacht, dass uns sowas nicht passieren kann. Langsam aber dämmert mir, wie es dazu gekommen ist: Die Aufgaben in Familie und Beruf fressen alle Kapazitäten auf. In christlichen Kreisen engagiert man sich zusätzlich noch in der Gemeinde, vielleicht macht man ein bisschen Sport – und das war’s. Der Tag hat nur 24 Stunden, und die sind randvoll mit Job, Partnerschaft und Chauffeurdiensten für die Kinder. Da bleibt nur wenig Zeit für Freunde. Wie schade!

Weil ich nun die Fragilität meiner Freundschaften wahrnehme und sehe, dass gute Freunde (auch in den kommenden Lebensphasen) keine Selbstverständlichkeit darstellen, mache ich mir zur Zeit viele Gedanken darüber, wie Freundschaften gelingen können, was ich dazu beitragen kann, dass meine Freundschaften nicht verwelken und eingehen. Und ganz konkret: Wie gestalte ich Freundschaften in dieser Kleinkindphase? Wie gehe ich mit meinen Freundinnen um, die im Moment ein völlig anderes Leben führen als ich?
Folgende Punkte erscheinen mir hierbei wichtig – Ergänzungen und Gedanken zu diesem Thema sind mir sehr willkommen!

Achtung Mommyjacking!
Auch wenn ihr den Begriff „Mommyjacking“ bis dato noch nicht gehört haben solltet, habt ihr vermutlich schon eigene Erfahrungen mit dem Phänomen gemacht: (Meist) frische Eltern kapern jedes erdenkliche Gesprächsthema, um es auf ihr Baby oder das Elternsein zu lenken. Beklagt sich etwa jemand über Halsschmerzen, so wird er sofort darauf hingewiesen, dass diese im Vergleich zu den erlittenen Geburtswehen ja gar nichts seien. Erzählt man unbedarft von einem Restaurantbesuch, geben die Neu-Eltern eine Anekdote über Juniors ersten Brei zum Besten, und so weiter….
Und: Ja, ich bekenne mich schuldig! Es ist aber manchmal auch schwierig, wenn man so wenig anderes erlebt als immer „nur“ das eigene Kind… Und wir sind ja auch so unendlich stolz und verzückt und „ist sie nicht süß?“! Trotzdem – Mommyjacking ist wirklich eine Unart, die ich ablegen möchte. Dafür nehme ich die Herausforderung an, mich wirklich auf mein Gegenüber und dessen Thema einzulassen. (Und ihr macht mich bitte darauf aufmerksam, sobald mein Gesprächsverhalten Anzeichen von Mommyjacking aufweist! Merci.)


Deine Probleme – meine Probleme
Ich habe bei mir selbst die Tendenz festgestellt, Probleme und Herausforderungen, mit denen sich meine kinderlosen Freundinnen konfrontiert sehen, im Vergleich zu meinen „Mama-Problemen“ zu relativieren und herunterzuspielen. Wenn mir etwa eine Freundin von ihren vielen Überstunden berichtet, ertappe ich mich selbst bei dem Gedanken: „Naja, du hast aber trotzdem irgendwann Feierabend – im Gegensatz zu mir…“ Oder wenn eine andere sich bei mir beklagt, es sei am Abend zuvor so spät geworden und sie unendlich müde, zucke ich innerlich nur mit der Schulter („Du kannst den Schlaf in den nächsten Tagen und Nächten locker nachholen, während mein Schlafdefizit nur immer größer und größer wird.“). Es fällt mir tatsächlich schwer, da Mitleid zu empfinden – obwohl ich doch eigentlich weiß, wie sehr einem Müdigkeit zu schaffen machen kann.
Mir ist klargeworden, dass das lieblos ist. Denn: Nicht nur ich als Mutter zweier Kleinkinder habe mit Müdigkeit (oder anderen Schwierigkeiten) zu kämpfen. Und aus welchem Grund man müde ist, macht nicht wirklich einen Unterschied… Meine Probleme sind nicht schwerwiegender oder wichtiger als die einer Single-Frau. Meine Freundinnen haben meine Anteilnahme verdient, und dass ich ihre Erfahrungen und Sorgen ernstnehme – genauso wie ich mir Verständnis und gute Worte wünsche, wenn ich von meinen Problemen berichte.

Die Babysitter-Falle
Eine gute Freundin (in deren Bekanntenkreis es von Mamas und deren Babys nur so wimmelt) sagte neulich zu mir: „Ich möchte vor allem Freundin sein, und nicht hauptsächlich als Babysitterin angesehen werden.“ Ich glaube, sie formulierte diesen Satz nicht einmal als Kritik an mir – und trotzdem musste ich schlucken, und mich selbst hinterfragen. Denn das Schöne daran, so viele kinderlose Freundinnen zu haben, ist ja auch, dass ich auf so viele (willige und fähige) Babysitterinnen zurückgreifen kann. Daraus habe ich auch noch nie einen Hehl gemacht.
Natürlich darf ich meine Freundinnen fragen, ob sie mal auf meine Kinder aufpassen. Ich weiß auch, dass sie alle das gern tun, dass sie Noemi und Samuel wirklich von Herzen lieben. Und dafür bin ich total dankbar. Aber meine Freundinnen sind zuerst und vor allem anderen meine Freundinnen. Keine Dienstleisterinnen.
Grundsätzlich empfiehlt es sich im Leben, Privates und „Geschäftliches“ zu trennen, und dazu gehört wohl in gewisser Weise auch die Trennung zwischen Freundschaft und Kinderhütedienst… Somit werden wir uns nach echten und ausschließlichen Babysittern umsehen, die wir für ihre Dienste dann natürlich auch bezahlen. (Was nicht bedeutet, dass meine Freundinnen nicht auch mal auf Noemi und Samuel aufpassen dürften. You are welcome!)

Zeit nur für dich und mich!
Ein Gespräch mit mir zu führen, während meine Kinder um mich herumwuseln, muss eine harte Probe in Sachen Geduld sein. Vor allem, wenn es dabei um Herzensdinge geht, wenn da ein Schmerz ist, ein Bedürfnis nach Trost, ein nagender Zweifel. Meine Aufmerksamkeit ist nämlich meistens geteilt, und so sehr ich mich auch bemühe, ganz bei meinem Gegenüber zu sein, gelingt es mir doch nie vollständig. (Das wäre Noemi gegenüber vermutlich auch fahrlässig…)
Deshalb sind Treffen zu zweit, nur meine Freundin und ich, ohne Kinder, so wichtig. Dann atmet die Freundschaft auf. Sie streckt ihre Fühler aus und nimmt plötzlich so viele Dinge wahr. Sie ist wieder ganz Ohr, und hört sich auch mal selber zu… Für mich sind diese seltenen Momente sehr kostbar, und ich bin Falko unendlich dankbar, dass er sie mir immer wieder ermöglicht.

Freundinnen verdienen Priorität
Der allerschlimmste Umzugsstress ist inzwischen vorbei und Falko verbringt endlich auch wieder die Abende bei uns zu Hause. Da möchte ich natürlich am allerliebsten Zeit mit meinem Mann haben – was ja auch total legitim und wichtig ist. Trotzdem dürfen meine Freundschaften jetzt nicht hinten runter fallen. Vielmehr möchte ich dran bleiben, in jeder Lebenslage. Denn meine Freundinnen verdienen Priorität. Je größer meine Kinder werden, und je länger Samuel auch mal ohne mich sein kann, desto einfacher wird es auch, Freunden diese Priorität einzuräumen. Bei Falko und mir war der Sonntagabend für lange Zeit fest als „Ehe-Abend“ verplant. Warum nicht auch feste „Freundinnen-Abende“ einführen?

Keine Lückenbüßer!
An dieser Stelle wird es schmerzhaft für mich. Mir wurde vor nicht allzu langer Zeit vorgeworfen, meine Freundinnen gewissermaßen als „Lückenbüßer“ zu missbrauchen – mich nur zu melden, wenn ich Hilfe mit den Kindern bräuchte oder Falko gerade nicht zur Stelle sei. Mich hat dieser Vorwurf ziemlich getroffen; vermutlich weil er nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Es stimmt: Es ist schwierig für mich, den ganzen Tag allein mit den Kindern zu sein. Da fällt mir leicht die Decke auf den Kopf. Und dann suche ich Kontakt und initiiere Treffen.
Das bedeutet nicht, dass meine Freundinnen mir nichts bedeuten oder dass ich sie nur benutzen möchte, um nicht allein sein zu müssen. Ich möchte einfach Zeit mit ihnen verbringen, und möglichst viel, das ist alles. Wenn das anders rübergekommen ist, tut mir das sehr leid. Auch hier gelobe ich Besserung.

Ich möchte auch etwas geben – und das kann ich
Sehr oft habe ich das Gefühl, in meinen Beziehungen gerade die „Bedürftige“ zu sein, diejenige, die auf der „Nehmen-Seite“ steht. Meistens finden Treffen bei mir statt, ich nehme Babysitterdienste in Anspruch und so weiter. Für meine Kinder bin ich rund um die Uhr da – für alle anderen scheinen mir Zeit und Energie völlig abzugehen. Das ist ein blödes Gefühl.
Gerade merke ich aber, wie langsam wieder Kapazitäten frei werden. Dass ich hin und wieder Gedanken habe, die nicht mit dem Umzug, der Wohnung oder den Kindern zu tun haben. Verrückt! Und egal, wie eingeschränkt meine Möglichkeiten gerade sein mögen – ich habe trotzdem was zu geben: Zum einen habe ich Zeit. Wirklich sehr viel Zeit! Es ist praktisch rund um die Uhr möglich, sich mit mir zu treffen und Zeit mit mir zu verbringen. Zweitens habe ich zwei quirlige Kinder, die einen von Problemen und Sorgen ablenken, zum Lachen bringen und immer wieder neue Perspektiven aufzeigen können. Der Umgang mit Kindern kann sehr, sehr wohltuend sein! Drittens verfügen wir neuerdings über viel Platz und wirklich schöne Räumlichkeiten – Gäste sind uns sehr willkommen!

Ich brauche auch Mama-Freundinnen
In gewisser Weise machen andere Mamas mir Angst. Teilweise finde ich sie auch anstrengend und nervig. Möglicherweise liegt das daran, dass ich so wenig Kontakt zu anderen Müttern habe. Leider – kann ich inzwischen sagen. In meinem Freundeskreis gibt es eine einzige Mama, und es tut mir immer wieder so gut, mit ihr zu telefonieren oder zu schreiben. Sie finde ich überhaupt nicht einschüchternd oder nervtötend, im Gegenteil: Ich lerne so viel und werde daran erinnert, dass ich nicht allein bin. Noemi ist offenbar doch nicht das einzige Kind auf dem Planeten, das Schwierigkeiten hat, auf das zu hören, was ihre Mama ihr sagt… sehr beruhigend. Umso bedauerlicher, dass wir uns nur so selten sehen können, Sarah! Du bist eine wunderbare Mama und ein großes Vorbild für mich!
Nun ja, immerhin bin ich ja mittlerweile eine fleißige Spielplatzgängerin, und da wird sich schon der eine oder andere Kontakt ergeben. Und wenn Noemi in die Kita kommt, lerne ich dort bestimmt auch andere Mütter kennen, mit denen ich mich verstehe. Vielleicht finde ich auch eine nette Spielgruppe hier in der Nähe, die ich dann mit Sammy frequentieren kann ;)


Oh Mann, das war ein langer Eintrag… vielen Dank, wenn ihr bis zum Schluss durchgehalten habt! Wenn ihr mögt, teilt doch hier unten eure Gedanken zu dem Thema – bin sehr daran interessiert!
Aber jetzt wirklich: Gute Nacht  *^^

Donnerstag, 28. Mai 2015

Gedächtnisstütze



Unsere Tochter lernt immer besser auszudrücken, was sie möchte. Sie sagt „mehr“, wenn die erste Portion Nudeln sie noch nicht satt gemacht hat, oder „runter“, wenn ich sie einen Sekundenbruchteil zu lang umarme. Und auch ihr „Nein“ ist sehr eindeutig…
Was mich allerdings noch mehr beeindruckt, ist, dass sie bereits beginnt, Rituale in unseren Familienalltag einzuführen. Bis vor kurzem sprachen wir vor den Mahlzeiten „nur“ ein Tischgebet. Dann fing Noemi an, uns ihre Hände entgegenzustrecken und „piep, piep, piep – arbeiter!“ zu sagen… so süß! (Ich nehme an, sie hat das aus dem Mini-Club.) Nun ja, und seitdem reichen wir uns nach dem Tischgebet die Hände und sagen gemeinsam „Piep, piep, piep, wir haben uns alle lieb, guten Appetit.“
Eigentlich habe ich das mit dem „piep, piep, piep“ nie so richtig gemocht. Ich fand es besser, vor dem Essen zu beten, um Gott für seine Versorgung zu danken und so weiter. Aber jetzt bin ich froh über diesen kleinen Spruch. Nicht nur, weil es meine Tochter war, die ihn bei uns einführte. Sondern vor allem, weil er mich mehrmals am Tag darauf hinweist: Wir haben uns lieb.

Auch wenn wir uns manchmal gegenseitig nerven, wenn wir die Geduld verlieren und die Freundlichkeit, haben wir uns lieb. Immer noch. Auch wenn es an manchen Tagen zu viel Geschrei gibt und zu wenig Lachen, haben wir uns lieb. Das gilt. Auch wenn es drunter und drüber geht und ich als Mama versage und alles hinschmeißen will – wir haben uns lieb. Trotzdem. 

Daran erinnern mich mein Kind und das "Piep, piep, piep" vor jedem Essen. Das finde ich genial!




Dienstag, 19. Mai 2015

Emotionen eines Umzugs 2



Da sitze ich hier, auf unserer neuen Couch, und kann nicht anders. Es gäbe noch so viel zu tun, aber ich brauche das Schreiben jetzt. Das Chaos muss für einen Augenblick auf mich verzichten.
Wir sind angekommen in der neuen Bleibe. Inzwischen sind auch Spül- und Waschmaschine angeschlossen, und ich habe unzählige Kartons ausgepackt. Die allermeisten Möbel sind aufgebaut, die Küche eingeräumt, ein kleines bisschen Deko steht herum. Heute waren wir zum zweiten Mal auf dem Spielplatz direkt hinterm Haus und Noemi bekam auf der großen Rutsche dann doch ein bisschen Angst. Da kamen ihr die älteren Jungs zur Hilfe, total süß. Ein Lichtblickmoment.
Man sollte meinen, alles ist gut.
Vielleicht ist es das auch, obwohl es sich gerade nicht so anfühlt…

Völlegefühl
Schon beim Packen hatte ich dieses Gefühl, und jetzt beim Auspacken kommt es ein zweites Mal hoch: Wir haben so viele Sachen! Natürlich, als Familie braucht man auch einiges, und wir sind immerhin vier Personen – und trotzdem, so viele Dinge sind vermutlich überflüssig. Eigentlich habe ich immer gedacht, mit wenig leben zu können und nicht besonders viel zu besitzen – 80 vollgepackte Umzugskartons und zwei Umzugswagen sprechen eine andere Sprache…
Einiges habe ich ausgemistet, und manches miste ich jetzt noch aus, aber dieses Das-ist-mir-alles-Zuviel bleibt. Ich möchte Wege finden, mein Leben zu "entschlacken" - auch meinen Besitz.

Zufriedenheit
Es wird langsam gemütlich bei uns, und das habe zum großen Teil ich geschafft! Die Möbel, die wir neu angeschafft haben, sind genau mein Stil und passen gut zu uns. Die Farben an den Wänden sind wunderschön. Alles harmoniert. Das hier ist unser Nest, hoch oben, wo die Vögel gern zu Besuch kommen.

Abschiedsschmerz
Ich habe keine Träne verdrückt, als wir mit Kind und Kegel unsere alte Straße verließen. Das lag aber nur daran, dass ich auch da noch zu beschäftigt war mit allem anderen. Scheiden tut weh, definitiv. Ich vermisse unsere Nachbarn, die Bäume vor dem Haus, die gerade erst grün geworden sind, die vielen Spielplätze in Laufnähe. Mir fehlt das Rieseneinkaufszentrum, gegen dessen Bau ich zunächst noch ganz vehement war, und der DM darin. Es fällt mir schwer, den Kinderarzt zu wechseln, meine liebgewordenen (und ausgetretenen…) Pfade zu verlassen, Routinen aufzugeben (sogar die ätzenden…). Ich vermisse die Fahrradladenfrau, die mir immer lieb zugenickt hat, wenn ich mit den Kindern am Laden vorbeiging, und meine Freundin, die direkt um die Ecke wohnte und mit der ich oft kleine Straßen-Balkon-Pläusche hielt.

Fremdheit, Verlorenheit
Wir haben den Wohnort innerhalb Berlins gewechselt – das hier ist also immer noch Berlin! Und doch ist es eine völlig neue Welt. Hier bin ich umgeben von fremden Gesichtern, keines ist mir vertraut. Auf dem Spielplatz sitzen die anderen Mamas in Gruppen, und ich gehöre nicht dazu. Diese ganze Wohnanlage scheint eine eingeschworene Gemeinschaft zu sein – wir sind die Neulinge. Das fühlt sich nicht gut an, die Fremde zu sein… Wie soll ich mich verhalten? Muss ich die Leute grüßen? Was denken die über mich? Warum sind meine Kinder die einzigen, die Mützen tragen (schließlich windet es, und sie sind erkältet….)? Werde ich jemals dazugehören – und möchte ich das überhaupt?

Einsamkeit
Sie ist meine Begleiterin, lange schon. Mal haben wir mehr miteinander zu tun, mal weniger. Seit ich ein Kind habe, und jetzt zwei, sind wir näher zusammengerückt. Denn Freundschaften „funktionieren“ nicht mehr so einfach wie früher. Die Ehe auch nicht. Allein bin ich nie. Aber das ist wohl Teil des Problems. Ich wäre gern mehr für mich – und mehr in Gemeinschaft, mit meinem Mann, meiner Familie, meinen Freunden.
Gerade fühle ich mich völlig von allem abgeschnitten. Falko fährt morgens zur Arbeit und abends in die alte Wohnung zum Weißen. Und ich bin hier in einer für mich völlig fremden Umgebung, im Umzugschaos, verantwortlich für zwei ziemlich ignorante kleine Wesen. Manchmal will ich einfach nur weglaufen…

Heute ende ich nicht mit der Dankbarkeit. Das wäre nicht ehrlich. 
Die Wahrheit ist: Ich bin traurig. Ich fühle mich allein. Ich sehe nichts Gutes daran.


Sonntag, 10. Mai 2015

Emotionen eines Umzugs



Heute schwänzen wir mal den Gottesdienst. Wir haben es einfach nicht rechtzeitig aus dem Bett geschafft, hundemüde wie wir waren, nach der ersten Umzugsetappe gestern. Das Zimmer ist leer, Falko ist gerade mit Noemi auf den Spielplatz gegangen, Samuel schläft und ich habe zum ersten Mal seit Tagen nichts zu tun. Zeit. Die vergangenen Wochen waren bis an den Rand gefüllt mit Streichen, Ausmisten, Kisten packen, Umzug organisieren, Kita anschauen und dem ganz normalen Alltag mit zwei Kleinkindern, was anstrengend war und gleichzeitig schön. Gestern fragte mich einer der Umzugshelfer, ob ich mich auf die neue Wohnung freue, und ich konnte ihm nur antworten: „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Irgendwie hinke ich emotional ziemlich hinterher…“ Zum Nachdenken und Gefühle-Sondieren bin ich nämlich noch nicht gekommen. Bis jetzt.

Erschöpfung
Ist das eigentlich ein richtiges „Gefühl“? Egal, ich bin zu erschöpft, um darüber nachzudenken… Meistens merkt man ja erst, wenn man sich für einen Moment hinsetzt und ausruht und einfach nichts tut, wie kaputt man ist. So geht es mir gerade. Aber irgendwie ist die Erschöpfung nicht unangenehm. Sie macht mich eher stolz, weil wir schon so viel geschafft haben!

Dankbarkeit
Hier spreche ich sicher nicht nur für mich, sondern auch für Falko: Wir sind unendlich dankbar für die wunderbare Unterstützung, die wir (nicht nur) gestern erfahren durften! Es haben sich so viele Leute hier und an der neuen Wohnung eingefunden, um Möbel und Kisten zu schleppen, die nicht ihre eigenen waren. Als das Auto ausgeladen war, haben sie sogar noch mit dem Möbelaufbau begonnen und uns damit total viel Arbeit abgenommen. Und apropos Auto: Ein Freund von uns hat sogar das Umzugsauto für uns gemietet, es morgens abgeholt und abends zurückgebracht! Als er uns dieses Angebot machte, waren wir für einen Moment echt sprachlos. Das ist so viel mehr, als wir hätten erwarten können.
Wir sind auch dankbar, dass alles so schnell und reibungslos, ohne Verletzungen oder Verzögerungen oder sonstige Pleiten verlaufen ist. Wir sind dankbar für unsere neue Bleibe, und für die wunderschöne Zeit, die wir in unserer „alten“ Wohnung verbringen durften, für all die wertvollen Erinnerungen.

Anspannung
Einiges ist schon geschafft, vieles liegt noch vor uns: Möbel kaufen und aufbauen, Kisten auspacken, die neue Küche wird geliefert, und am Freitag werden wir endgültig in der neuen Wohnung einziehen. Werden wir das alles schaffen, in der gesetzten Zeit? Finden wir auch für die zweite Etappe genug Umzugshelfer? Was, wenn…? Der Druck hat nachgelassen, aber er ist noch deutlich spürbar. Und in gewisser Weise brauche ich das auch: einen Antrieb, eine Aufgabe, ein Ziel.

Stolz
Mit zwei kleinen Kindern umziehen und trotzdem irgendwie die Nerven behalten, den Zeitplan einhalten und einen Hauch von Alltag bewahren – irgendwie bin ich schon stolz, dass wir das bisher so gut hingekriegt haben. Auch, dass ich es geschafft habe, meine eigenen Bedürfnisse ohne Murren für den Augenblick zurückzustellen, und dass ich das Chaos so leicht ertrage (das ist ganz gegen meine Natur!)…
Hm, wir sagen so leicht, dass wir auf etwas stolz sind. Und das ist ja auch ein schönes Gefühl. Aber wenn ich es mir so recht überlege, ist das alles doch viel weniger meine eigene Leistung als vielmehr GNADE. Der Monatsspruch für Mai lautet: „Alles vermag ich durch IHN, der mir Kraft gibt.“ (Philipper 4,13) Das ist es, was ich gerade erfahre: Dass Jesus mir Kraft schenkt. Eine Kraft, die meine eigenen Möglichkeiten bei Weitem übersteigt! Und da sind wir wieder bei der Dankbarkeit…

Verliebtheit
Ja, ich bin verliebt in meinen Mann, der so stark ist, der sich nicht beklagt und so vieles tut, aus Liebe zu mir und den Kindern. Wir hatten kaum noch Zeit für uns in der letzten Zeit, aber diese ganze Umzugsphase hat uns auch zusammengeschweißt. Wir erleben, wieder einmal, was alles geht, wenn man zusammenhält!

Unsicherheit / Zweifel
Werden wir uns in der neuen Wohnung bald zu Hause fühlen? Haben wir die richtige Entscheidung getroffen? Hätten wir uns nicht noch mehr Wohnungen anschauen sollen? Was, wenn die Nachbarn problematisch sind? Der Brief von der Hausverwaltung an sämtliche Mieter, sie mögen es doch bitte unterlassen, „Lebensmittel und Kleinstmüll“ aus den Fenstern und von den Balkonen zu werfen, stimmte uns dann doch etwas nachdenklich… Nun ja, komische Leute gibt es überall. Und all diese Grübeleien machen eigentlich keinen Sinn. Schaun mer mal, dann sehn mer scho, wie der Franke sagt…

Vorfreude
Ach, ich freu mich dermaßen auf unsere Spülmaschine! Und darauf, wieder mehr Platz für Gäste zu haben. Auf die Badewanne, hauptsächlich für die Kinder, natürlich ;) Ich freue mich auf den Spielplatz hinterm Haus, darauf, Mahlzeiten auf dem Balkon einzunehmen, auf Herumgammeln auf der Couch und darauf, dass Noemi ab Sommer in die Kita geht. Ich freue mich auf die Aussicht, das Schlafzimmer bald nur noch mit meinem Mann zu teilen, auf Erkundungsspaziergänge in unserer neuen „Hood“, darauf, sonntags länger schlafen zu können, weil der Weg zum Gottesdienst sich halbiert hat. Ich freue mich auf unsere neuen Nachbarn, auf neue Freunde, auf die Einweihungsparty…

Das wird so schön!