Sonntag, 30. August 2015

Feierzeit

Unsere Einweihungs- und Geburtstagsparty



Gestern war bei uns full house – wir haben unsere neue Wohnung eingeweiht und gleichzeitig als Ehepaar unseren 60. Geburtstag gefeiert (man wird schließlich nicht nur einmal 29…). Es war ein richtig schöner Tag, an den wir noch lange gern denken werden, und an dem ich euch hiermit ein bisschen teilhaben lassen möchte.



Eingeladen hatten wir mit einem Vorlauf von einem Monat – in der Sommerferienzeit war das aber anscheinend nicht genug Zeit. Von den über 60 geladenen Gästen kamen zunächst nur Absagen. Ich war enttäuscht. Letztlich kamen gestern doch ca. 25 Leute und es war total gut so. Ich konnte mich fast mit jedem Gast unterhalten und ein bisschen Zeit verbringen, was ich sonst ja gar nicht geschafft hätte. Die Bude war voll, aber niemand musste Platzangst bekommen, da die Leute nicht alle auf einmal kamen, sondern es ein Kommen und Gehen war. So hatten wir von 16 bis 23 Uhr liebe Menschen um uns herum.
Zur Erinnerung an diesen besonderen Tag baten wir darum, einen Gruß in unserem Gästebuch zu hinterlassen. An einem Ende des großen Buffet-Tisches hatte ich das Gästebuch mit Stiften, Stempeln und Masking Tapes ausgelegt und die meisten hatten großen Spaß, sich einzutragen.





Den ganzen Samstagvormittag verbrachte ich in der Küche, während mein Mann mit den Kindern eine kleine Radtour unternahm. So hatte ich meine Ruhe und genoss es total, mich der Beeren-Tarte mit weißer-Schokoladen-Creme und den Himbeer-Cupcakes zu widmen. Zum Buffet steuerten wir
außerdem zwei selbstgemachte Limonaden (Zitrone und Himbeere) bei, Kaffee, ein paar Süßigkeiten und Fruchtspieße. Die anderen Beiträge kamen von Gästen. Ich habe mich diesmal darauf verlassen, dass mir schon ein paar Leute anbieten würden, etwas mitzubringen – und so kam es auch. Am Ende war alles bis auf den letzten Krümel verputzt; sogar der wunderschöne Frucht-Pfau (mitgebracht von einem sehr kreativen Teenie-Mädel aus der Gemeinde) musste in kürzester Zeit daran glauben.




Am liebsten hätte ich die Deko selbst gebastelt, schließlich fehlten mir aber doch die Ideen und die Nerven. Im Wesentlichen kommt es bei der Einweihungsparty ja ohnehin auf die Wohnung an, in ihrem „natürlichen“ (aber ordentlichen…) Zustand. Also habe ich schon in den Tagen vorher begonnen aufzuräumen und grob zu putzen. In verschiedenen Räumen arrangierte ich gemütliche Sitzecken, damit die Partygesellschaft sich verteilen kann und überall einen kleinen Snack vorfindet. Da es draußen sonnig und angenehm warm war, konnten wir auch auf dem Balkon sitzen, was richtig schön war. Und eine Girlande sowie ein paar Papier-Fächer haben wir auch noch aufgehängt.



Was schenkt man am besten – zum Geburtstag und zur Wohnungseinweihung? Ich habe schon vor einiger Zeit eine Wunschliste erstellt, die Falko verwaltet. So habe ich zum Geburtstag eigentlich nur Dinge bekommen, die ich mir wirklich gewünscht habe und die ich gebrauchen kann: Sehr schöne CDs von JOCO, 2Flügel und Rend Collective, einen Leuchtglobus und den Besuch der Impressionismus-Expressionismus-Ausstellung (von Falko), einige Bücher und jeweils einen Gutschein für einen Künstlerbedarfsladen und „Paint your style“, einen Laden, wo man Keramik bemalen kann.
Zur Einweihung bekamen wir einen Blumenkasten voll Küchenkräuter, Erdbeerpflanzen und Venus Fliegenfallen (!) geschenkt. Eine andere Geschenkidee, die ich bestimmt nachmachen werde, war eine Tüte mit einem drei-Gänge-Menü für uns zwei: Minestrone aus der Dose, Nudeln mit Pesto, Schokolade und „Heidesand“ zum Nachtisch, dazu zwei Flaschen Limo.
In Zukunft möchte ich die Sache mit den Geschenken eigentlich immer mehr reduzieren. Wer braucht schon immer mehr Kram?! Wenn Gäste sich am Buffet beteiligen, ist das ein wunderbares Geschenk, finde ich, und mehr braucht es nicht. Auch ein Blumenstrauß macht viel Freude, ein handgeschriebener Brief oder ein Foto in einem schönen Rahmen. Ich verschenke gern Selbstgemachtes oder Dinge, die sich verbrauchen, wie eine hochwertige Body Lotion oder Schokolade…
Aber ganz ohne Geschenke kann ich, glaube ich, doch nicht leben – dafür liebe ich das Schenken und Beschenkt-werden viel zu sehr. Es ist für mich ein Weg, meine Liebe auszudrücken. 



Wir hatten die Party für den Nachmittag angesetzt und dementsprechend auch kein Abendessen eingeplant. Die letzten Gäste erschienen allerdings erst nach 19 Uhr und ich merkte, dass es mir – als introvertiertem Menschlein – doch etwas viel wurde. Ich dachte auch an meine Kinder, an ihre Essens- und Schlafensgewohnheiten und dass diese nun möglicherweise durcheinandergeraten könnten… Zum Glück habe ich ja gerade noch ein Stillkind, mit dem ich mich zurückziehen kann. So saß ich im Schlafzimmer auf unserem Bett, im Dunkeln, damit Samuel einschlief, und traf eine Entscheidung: „Ja, ich habe gern meine Ruhe. Ich mag auch einen regelmäßigen Tagesablauf und meine Routinen. ABER heute ist ein Feiertag und da muss es laut und voll und anders sein. Für heute ist es okay und es ist mir egal, wie lange es dauert. Ich möchte es genießen, solange ich diese lieben Menschen um mich habe, und dafür verzichte ich auch auf ein paar Stunden Schlaf. Denn ich bin zwar introvertiert und Mama und fast dreißig und irgendwie noch nie „cool“ gewesen, aber heute schieße ich mich nicht selbst ins Aus. Das ist heute unser Tag und ich koste ihn aus. Morgen kann ich wieder für mich sein und Noemi um Punkt acht ins Bett stecken.“
Das war gut und total wichtig für mich. Drei Jugendliche aus unserer Gemeinde blieben noch, als alle anderen gegangen waren, und ich konnte mit ihnen exklusiv Zeit verbringen (unsere Kinder schliefen schon). Der Tag verabschiedete sich mit einem Knaller, beziehungsweise, es waren sogar vier oder fünf Feuerwerke, die wir schließlich von unserem Esszimmerfenster aus bewunderten. Wir standen im Dunkeln am Fenster, aus meinem Laptop sang BenHoward, der Himmel explodierte in Weiß und Grün, Rosa und Gold, Falko schlang seine Arme um mich und ich war einfach nur dankbar. 


Zugegeben, das Foto ist nicht von gestern Abend (da wollte ich lieber im Moment verweilen, statt ihn fotografisch festzuhalten), aber das Feuerwerk ist trotzdem schön!

Dienstag, 25. August 2015

Nur noch kurz die Welt retten



Ich bin so unruhig in letzter Zeit. Es gibt so viel zu tun auf dieser Welt. Noch viel zu viele Missstände, die es zu bekämpfen gilt. So viel Hunger. So viel Leid. So viel Ungerechtigkeit. So viel Angst.
Und ich muss ja gar nicht in die Ferne schweifen; das Elend kommt an meine Haustür und klopft an.
Da sind die vielen Geflüchteten in unserer Stadt.
Da sind die alten Menschen in ihrer Einsamkeit, oft auch in Armut und Hilflosigkeit.
Da sind die Alleinerziehenden, die Pubertiere, die Kranken, die Traurigen.

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Es ist ein riesiger Berg und ich stehe ratlos davor.
Und dann sind da meine Kinder und der ganz normale Alltag, der mich oft an meine Grenzen bringt, und am Abend liege ich im Bett und frage mich, was ich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden eigentlich gemacht habe. Oft bin ich unzufrieden mit meiner „Leistung“. Schon wieder hinterlasse ich die Welt kein Stückchen besser und schlafe doch sofort erschöpft ein. Ich werde dem Auftrag nicht gerecht, davon bin ich überzeugt.

Heute Morgen hatte ich noch einen Moment Zeit, bevor die Kinder aufwachten, und ich griff nach meiner Bibel. Schlug den Epheserbrief auf, weil ich den so mag. Und las: „Denn was wir sind, ist Gottes Werk; er hat uns durch Jesus Christus dazu geschaffen, das zu tun, was gut und richtig ist. Gott hat alles, was wir tun sollen, vorbereitet; an uns ist es nun, das Vorbereitete auszuführen.“ (Epheser 2, 10, NGÜ) Hm.
Ich dachte kurz darüber nach, welche guten Taten Gott wohl für mich vorbereitet hat. Und mir wurde klar, dass ich mal wieder am Zaun stehe und den Hals recke, anstatt zu schauen, was Gott in meinem verheißenen Land für mich bereithält. Ich muss nicht die Welt retten. Das könnte ich ja auch gar nicht – welch Selbstüberschätzung! Ich muss nicht mal „die Welt“ als einen besseren Ort hinterlassen. Es würde völlig reichen, mich um die Menschen und Dinge zu kümmern, die Gott mir anvertraut hat, hier und jetzt. Ich muss nicht „die Welt“ ernähren. Aber es ist meine Aufgabe, meine Kinder zu ernähren – ihre kleinen Körper und ihre unsterblichen Seelen. Und nicht nur meine Kinder, da ist auch noch mein Mann. Da sind unsere Familien. Die Jugendlichen unserer Gemeinde. Unsere Freunde. Das ist für den Anfang genug.Für den Moment.

Gott kennt die Umstände meines Lebens. Er weiß um meine Begrenzungen, um meine Müdigkeit. Er hat mich in dieses Leben gerufen, so wie es gerade ist, und ich darf mich innerhalb meiner Grenzen bewegen. Das heißt nicht, dass ich es mir für alle Zeiten bequem machen darf im Status Quo! Das bedeutet auch nicht, dass mir das Leid der Welt von nun an am Allerwertesten vorbeigeht! Nein!
Aber ich muss mich auch nicht verrückt machen, ich muss nicht auf vier Hochzeiten tanzen und mich und meine Familie total überfordern, ich muss nicht mal gerade eben die Welt retten.
Vielmehr hat mich der obige Vers aus dem Epheserbrief wieder neu dazu ermutigt, nach dem zu fragen, was jetzt und hier für mich dran ist, welche „guten Werke“ Gott für mich in diesem Stadium meines Lebens vorbereitet hat. Mein Mann und meine Kinder habe ich ganz klar vor Augen. Mir erscheinen diese Aufgaben als Mutter und Ehefrau oft so unbedeutend und klein, dass ich sie kaum als solche wahrnehme. Aber auch in den (scheinbar) kleinen Dingen sind wir zur Treue aufgefordert!
Und dann kann ich mit Gottes Hilfe den Radius erweitern. Mir von ihm zeigen lassen, was für uns dran ist. Für wen wir da sein sollen. Wem wir dienen sollen. Mit wem teilen. Für wen sorgen.
Es ist eine heilige Unruhe, das glaube ich schon. Eine Unruhe, die mich nicht in blinden Aktionismus verfallen lässt, sondern die ins Gebet führt, ins Fragen und in die Offenheit. Ich bin so gespannt, was Gott für uns zu tun hat in unserem Kanaan, und wie er unser Gebiet erweitern möchte! 

Herr Jesus, bereite unsere Herzen und Hände vor. Öffne unsere Augen für die Menschen um uns herum und unsere Ohren für dein Reden.  Lass uns gehorsam deinen Willen tun, wenn es Zeit ist. Amen.




Donnerstag, 20. August 2015

Wie ich meinen Mann wiederentdeckte




„Ich habe ja auch noch einen Ehemann!“ Diese Erkenntnis traf mich wie der Blitz, als ich neulich mal wieder im Internet rumsurfte und auf ein paar neue tolle Blogs stieß. Das liebe ich so sehr an Blogs, dass sie mich so oft an das erinnern, worauf es wirklich ankommt. In der Hinsicht sind sie für mich wie ein Fingerzeig Gottes, wie ein Brief aus seiner Hand.
Aber zurück zu meinem wiederentdeckten Ehemann: In den vergangenen Monaten, wenn nicht sogar Jahren habe ich mich viel damit auseinandergesetzt, was es bedeutet, eine „gute Mutter“ zu sein. Das ist sicherlich auch wichtig, aber ich habe über dem Thema meinen Mann und unsere Ehe vernachlässigt.
Ich achte zwar darauf, dass wir einigermaßen regelmäßig Zeit zu zweit verbringen, und dann auch nicht irgendwie, sondern schon quality time. Aber in zwischen diesen raren Augenblicken bemühe ich mich kaum um Falko, wenn ich ehrlich bin. Wahrscheinlich läuft da unbewusst das mir altbekannte Muster ab: „Ich kümmere mich schon den ganzen Tag um die Kinder, da soll am Abend wenigstens mein Mann für mich da sein und mir Gutes tun.“ Total egoistisch halt: Hauptsache, ich habe genug Freiräume für meine eigenen Projekte. Hauptsache, ich kann jetzt mal die Beine hochlegen. Hauptsache, ich kriege diesen Blog-Eintrag fertig.

Dabei habe ich doch vor acht Jahren versprochen, ihn zu lieben, ihn zu unterstützen, ihn zu ehren, ihm zu helfen – ihm eine gute Ehefrau zu sein! Dieses Versprechen gilt heute noch genauso wie damals, und unabhängig von den Lebensumständen, in denen wir uns aktuell befinden. Mein Mann soll meine Nummer eins in unserer Familie sein. Das ist der Platz, der ihm zusteht. Er besitzt die älteren Rechte, und er wird auch dann noch mein Mann sein, wenn unsere Kinder einmal ausziehen um ihre eigenen Leben zu führen.
Jedenfalls möchte ich, dass er es dann noch ist!
Ich wünsche mir, dass unsere Ehe mehr ist als nur eine Zweckgemeinschaft, eine Arbeitsgruppe, eine WG, dass wir beide mehr sind als immer nur Eltern. Dass wir ein Liebespaar sind und bleiben. Die Ehe ist so wertvoll, da lohnt es sich, immer wieder zu investieren.

Mir ist aufgefallen, dass ich den Haushalt und die Kinder durchaus als meine Aufgaben ansehe und darüber nachdenke, was ich den Kindern Gutes tun und unser Familienleben schön gestalten kann.
Darüber habe ich allerdings meinen Mann vollkommen vergessen. Sein Wohl ist ja auch irgendwie meine Aufgabe. Diese Aufgabe möchte ich wieder ernst nehmen, das habe ich mir fest vorgenommen, und auch gleich mal gebrainstormt, wie das konkret aussehen könnte:

Wie kann ich meinem Mann zeigen, dass ich ihn liebe?

  • Wenn er von der Arbeit nach Hause kommt, nehme ich mir Zeit, ihn zu begrüßen – ich unterbreche meine aktuelle Tätigkeit und bin für den Moment nur für ihn da (soweit das mit den Kids möglich ist). Ich nehme ihn wahr und freue mich, dass er da ist.
  • Ich höre ihm zu und lasse ihn ausreden (das ist echt eine Unart von mir…).
  • Wenn er nach Hause kommt, halse ich ihm nicht sofort die Kinder auf, sondern lasse ihn erst mal ankommen, und frage ihn, welche Pläne er für den Abend hat. Ich ermögliche ihm Spielzeit mit den Kindern und übernehme dann auch mal seine Aufgaben im Haushalt.
  • Ich gebe ihm Freiraum für seine eigenen Projekte (aktuell: Trainieren für den Berliner Firmenlauf im September) und beklage mich nicht, wenn er deshalb weniger Zeit für uns als Familie hat. Vielmehr interessiere ich mich für seine Fortschritte und Schwierigkeiten, nehme Anteil an seinen Projekten und unterstütze ihn, sofern es möglich ist, feuere ihn an, seine Ziele zu erreichen.

  • Ich ermögliche ihm Zeit für sich allein, und sorge dafür, dass er mehr auf seine eigenen Bedürfnisse achtet, dass er genug Schlaf und Ruhe bekommt.
  • Ich backe wieder öfter für ihn, achte darauf, dass wir immer Eis im Tiefkühlfach haben und plane für das Wochenende seine Lieblingsgerichte ein.
  • Ich mache mich für ihn schön, einfach so.
  • Anstatt dem armen Kerl lauter Einkaufs- und To-Do-Listen per Mail zu schicken, schreibe ich ihm Liebesbotschaften und rufe ihn zwischendurch an, einfach um ihm zu sagen, dass ich ihn liebe und an ihn denke.




Die Liebe ist das einzige,
das wächst,
wenn wir es verschwenden.

Ricarda Huch



Mittwoch, 19. August 2015

Schweigen mit Jesus



Heute war Noemis dritter Kita-Tag und ich konnte mich bereits für eine knappe Dreiviertelstunde von ihr verabschieden! Der kleine Bruder schlief ein, sobald sein Körper den Kinderwagen berührte und so hatte ich plötzlich und unverhofft Zeit ganz für mich allein. Darauf war ich überhaupt nicht vorbereitet gewesen, hatte weder ein Buch noch was zum Schreiben eingepackt, und wusste erstmal nichts mit mir anzufangen. Schon verrückt eigentlich…
Ich lief also erstmal ein bisschen durch die Gegend und dachte, es wäre ja ganz gut, mal wieder ausgiebig zu beten. In den letzten Tagen war mein Kopf so voll, bis an den Rand vollgestopft mit Projekten und Ideen und Baustellen, die ich angehen wollte. Während ich so vor mich hinwuselte, dachte ich immer wieder: „Das muss ich alles mal mit Jesus besprechen!“ – aber nun kamen die Worte nicht. Große Leere in meinem Kopf, welch seltenes Phänomen.
Und irgendwie war das auch okay. Ich setzte kurz an, um für Jesus aufzuzählen, was mich gerade beschäftigt, was ich alles in Angriff nehmen will/muss, aber da kam nur eines, nämlich mein Essverhalten*.
Und dann nichts mehr, rein gar nichts.
Hm.
Vielleicht ist es genau das, worauf ich mich jetzt konzentrieren soll und darf..
Einen Schritt nach dem anderen zu machen, ist okay.

In der folgenden Dreiviertelstunde durfte ich mal einfach nur sein. Den Kinderwagen vor mir herschieben und meinen Sohn betrachten. Einen neuen Weg ausprobieren. Die Vögel zwitschern hören. In dieser Zeit wollte niemand etwas von mir. Nicht einmal Jesus. Es war fast als würde er sagen: „Ich weiß schon. Du musst jetzt gar nichts sagen. Auch ich werde schweigen und still neben dir herlaufen. Wenn das in Ordnung für dich ist.“ Und das war es.
Ich kaufte mir einen Kaffee und ein Schoko-Croissant, zur Feier des Tages, setzte mich auf eine Bank und gönnte mir den Moment. Mit einem selig schlummernden Samuel im Kinderwagen und Jesus, der neben mir saß und schwieg.
HERRlich.


* Auf meinem Lesen!-Regalbrett steht seit ein paar Wochen auch das Buch Essanfälle adé: Der autobiografische Ratgeber für ein suchtfreies Essverhalten von Olivia Wollinger. Ich habe schon darin geschmökert und mich in einigen Aspekten wiedergefunden – obwohl ich keine Essanfälle habe. Trotzdem neige ich zu einem problematischen Essverhalten mit Sucht-Tendenzen, und das möchte ich angehen.
Ich bin mir noch nicht sicher, inwieweit ich das auf meinem Blog teilen werde – aber so viel schon mal dazu.

Dienstag, 18. August 2015

Etwas endet, und ein Neues beginnt



Gestern war Noemis allererster Kita-Tag und ich war so aufgeregt (schon am Abend vorher), fast so, als wäre das mein erster Tag… naja, in gewisser Hinsicht stimmt das ja auch.
Auf den Kitabeginn meiner Tochter habe ich seit einiger Zeit hin gefiebert, weil es mit zwei so kleinen Zwergen zu Hause manchmal echt anstrengend ist. Ehrlich gesagt, erhoffe ich mir etwas mehr Zeit mit meinem Kleinen, für den Haushalt und für eigene Projekte (Noemi wird zwar nur vier bis fünf Stunden täglich in der Kita sein, aber man darf ja noch Träume haben…). Außerdem habe ich seit ein paar Monaten sehr stark den Eindruck, dass es ihr total gut tun würde, viel Zeit mit anderen Kindern zu verbringen und neue Spiel- und Lernmöglichkeiten zu erhalten, die ich ihr zu Hause nicht in der Form bieten kann.

Nun ist es also soweit. Doch anstatt „Hurra!“ zu schreien, möchte ich lieber ein bisschen weinen. Etwas in mir möchte mein Kind eigentlich gar nicht loslassen. Die Eingewöhnung im Kindergarten ist ein Meilenstein im Leben eines kleinen Menschen. Mit dessen Erreichung wird mir schlagartig bewusst, dass ein Lebensabschnitt nun unwiederbringlich endet und abgeschlossen wird: Die Zeit, die ich mit meiner Tochter zu Hause verbrachte, ist nun vorbei. Sie ist jetzt definitiv kein Baby mehr. Sie wird mit jedem Tag selbstständiger und unabhängiger von mir, sie wird immer mehr Schritte und Erfahrungen außerhalb meines Einflussbereichs machen. Wir als Eltern können immer weniger kontrollieren, welche Menschen und Dinge unserer Tochter begegnen und was mit ihr geschieht.
Dieser Gedanke macht mir Angst. Natürlich ist es toll, wenn sie groß wird, so muss es ja auch sein, und ich werde die sich mir neu eröffnenden Möglichkeiten und Freiheiten sicherlich genießen. Aber ich werde auch immer inniger, immer fester beten: „Oh, Herr Jesus, bitte beschütze mein Kind, an Leib und Seele!“ Wie gut, dass wir unsere Kinder dem Vater im Himmel anvertrauen können.

Dass Noemi jetzt ein Kita-Kind ist, lässt mich auch wehmütig, beinahe traurig werden. So schnell sind die ersten beiden Jahre mit ihr verflogen! Gefühlt war sie doch eben noch ein strampelndes, dünnes Ding, das meistens schrie oder schlief und das ich bei aller Bewunderung und Liebe nicht so recht verstand… und jetzt, urplötzlich, flitzt sie durch die Gegend und plappert und singt den ganzen Tag – und geht in die Kita! Mich rütteln diese Meilenstein-Ereignisse auf. Der gestrige Tag rief mir zu: „Genieß jede Minute mit deiner Tochter! Die Zeit, sie rennt so schnell, und bald ist sie schon ausgezogen!“
Ich darf nicht in Nostalgie verharren, nicht in der Reue über verpasste Chancen zu lang verweilen. Genauso fatal wäre es, mich gedanklich ständig mit der Zukunft und dem „Wenn erst…, dann…“ zu beschäftigen. Wer sagte es so treffend? „Die einzige Zeit, die uns zur Verfügung steht, ist die Gegenwart.“ Das ist richtig schwer für mich. Wie gut, dass ich in meiner Familie gleich zwei Vorbilder dafür habe: Meine Kinder sind immer vollkommen im Hier und Jetzt. Sie kosten jede Minute, jedes Gefühl, jede Tätigkeit vollständig aus. Sie leben mir vor, was Hingabe bedeutet. Denn für sie ist die Gegenwart absolut.

Es ist so gut, dass wir im Leben immer wieder diese Meilensteine haben, kleine Zäsuren im Alltag, die uns an das erinnern, was wirklich wichtig ist. Die uns, die wir gerade schon wieder klagen oder meckern oder uns beschweren wollten, den Mund zu halten und unseren Blick auf das Gute, Schöne, Wertvolle lenken. Denn DIES ist der Tag, den der Herr macht. DIES ist der Ort, an dem Er mich haben will. DIES sind die Kinder, die Er mir anvertraut. DIES ist das Leben, das mir bestimmt ist. Freu dich dran und sei fröhlich an IHM!

Die ersten beiden Kita-Tage waren übrigens richtig super. Meine Tochter rutschte bereits nach wenigen Minuten von meinen Schoß um die Spielsachen zu erkunden und Kontakt zu den anderen Kindern aufzunehmen. Sie verließ sogar kurz den Raum, ohne mich, um ihre Erzieherin in die Küche zu begleiten. Heute spielte sie schon für eine gewisse Zeit in einem anderen Raum, während ich nebenan mit Samuel saß und spielte. Als wir gingen, wollte sie am liebsten noch bleiben. Für morgen ist der erste Abschied für eine halbe Stunde geplant. Ich habe ein gutes Gefühl bei der Sache. Sie ist in der Kita gut aufgehoben und fühlt sich wohl. Meine Tochter geht von nun an ein kleines Stück ihres Lebenswegs ohne mich – das macht mich auch stolz. Und dankbar, und zuversichtlich, denn auf Schritt und Tritt geht der gute Vater mit!