Dienstag, 11. Oktober 2016

Glaubensbrot # 1





In meiner Blogpause von Mai bis August habe ich mich in Gedanken durchaus mit dem Blog beschäftigt und hatte ein paar Ideen für neue Themenreihen – unter anderem für diese: Glaubensbrot

Wir alle brauchen gutes Futter für unseren Glauben; etwas Nahrhaftes und Stärkendes und immer wieder auch ein Fest. Und genau darum soll es bei Glaubensbrot gehen: Um Entdeckungen und Erfahrungen, die ich gemacht habe oder aktuell mache, die meinem Glauben Nahrung geben, die mir helfen, auf dem Weg zu bleiben. Ich werde über Begegnungen, Methoden, Bücher und geistliche Gemeinschaft schreiben, und bin selbst gespannt, was alles kommen wird!

Den Anfang mache ich heute mit einer Bibellesemethode, die ich im Studium kennen- und lieben gelernt habe, und die wir auch schon erfolgreich in unserem Jugendhauskreis angewendet haben. Induktives Manuskriptbibelstudium heißt die Vorgehensweise (lest jetzt ruhig weiter, es ist gar nicht so wild, wie es sich vielleicht anhört!).

Wenn wir in der Bibel lesen, tun wir das meistens deduktiv: Wir lesen den vorliegenden Text durch die Brille unserer Erfahrungen, Prägungen, Vorbedingungen. Wir tendieren dazu, schnelle Schlüsse zu ziehen und den Bibeltext auf unser Leben anzuwenden, ohne wirklich zu beobachten, was er alles enthält. Beim Induktiven Manuskriptbibelstudium (IMB) gehen wir anders vor und nehmen uns sehr viel Zeit für eine möglichst unvoreingenommene Untersuchung des Bibeltextes. Wir gehen vom Vorliegenden oder Besonderen aus und ziehen aus den beobachteten Fakten Rückschlüsse auf das Allgemeine – das bedeutet eine induktive Herangehensweise.

Vorbereitung


Beim IMB verwenden wir am besten einen Ausdruck des zu lesenden Textes, bei dem alle Versangaben und Anmerkungen entfernt wurden. Eine Seite mit Fließtext, am besten mit doppeltem Zeilenabstand und breitem Seitenrand für eigene Notizen ist ideal. Auf diese Weise fällt es dem Leser leichter, sich dem Bibeltext so zu nähern, als lese er ihn zum ersten Mal, und als hätte er auch sonst keine Ahnung von der Bibel.
An Materialien benötigt man neben dem Bibeltext nur ein paar Stifte, am besten in verschiedenen Farben.


Vorgehensweise

Das IMB besteht aus drei Schritten: Beobachten – Interpretieren – Anwenden. Den zeitlichen Schwerpunkt legen wir dabei auf den ersten Schritt.
Im Hauskreis beten wir zuerst miteinander und lesen dann den Text einmal gemeinsam durch. Dann bearbeitet jeder seinen Text allein für sich.

1. Beobachten: Was steht im Text?
Wir versuchen, uns dem Text völlig ohne Vorkenntnisse und Vorurteile zu nähern und nehmen zuerst die reinen Fakten wahr: Welche Textart liegt vor (Bericht? Dialog? Gleichnis)? Was steht in dem Text?
Mit Hilfe verschiedener Farben und Linien und eigener Notizen arbeiten wir die Besonderheiten des Textes heraus:

  • Welche Wörter oder Wortfamilien werden besonders häufig verwendet?
  • Wer? Was? Wann? Wie? Wo?
  • Was kann ich hören oder spüren?
  • Finde ich Wiederholungen, Gegensätze, Bedingungen, Begründungen, Ähnlichkeiten, Ursache und Wirkung…?
  • Welche Wortarten werden bevorzugt verwendet – welche Adjektive, Verben, Nomen fallen auf?
  • Was ist ungewöhnlich oder unerwartet im Abschnitt?
  • Welche Fragen tauchen auf?

Die Frage nach dem Warum oder nach größeren Zusammenhängen stellt sich hier noch nicht – wir betrachten nur den Text und nehmen ihn, so wie er ist.
Ja nach Länge des Textes kann man für diesen Schritt 15-20 Minuten in Anspruch nehmen und sich danach wieder in der Gruppe treffen, um sich über die Ergebnisse auszutauschen. Dabei sollte ein Moderator darauf achten, dass noch keine Interpretationen geäußert werden.

In meinem vorliegenden Beispiel, Epheser 1, fielen uns vor allem die Häufung bestimmter Wörter  und Wortfamilien auf, wie Erwählung/Berufung/Vorherbestimmung/Plan/Ratschluss, Erbe, Gnade und Jesus/Christus/Gott/Herr/Heiliger Geist.
Ich teilte den Text in einzelne Sinneinheiten, die ich mit einer Überschrift versah.



2. Interpretieren: Was meint der Autor?
Nach der Besprechung in der Gruppe beschäftigt sich wieder jeder selbst mit dem Text. Jetzt darf endlich interpretiert werden: Was möchte uns der Autor damit sagen? Was ist der Hauptzusammenhang im Abschnitt? Was ist der rote Faden?
Wir werfen einen Blick auf unsere Beobachtungen und stellen uns nun die Frage nach dem Warum. Warum hat der Autor seinen Text genau so aufgeschrieben?

In einer Austauschrunde können die Ansätze und Interpretationen zusammengetragen und diskutiert werden.

Wir stellten unter anderem fest, dass Paulus durch die Betonung der Erwählung und Vorherbestimmung zum einen die verfolgte Gemeinde ermutigt und stärkt, und sie zum zweiten daran erinnert, ihre Konflikte zwischen Judenchristen und Heidenchristen beizulegen und die Einheit in Christus zu bewahren.

3. Anwenden: Was bedeutet das für mein Leben?
Nach der intensiven Bearbeitung des Textes gilt es nun, die Ergebnisse auf mein eigenes Leben zu übertragen. Habe ich den Eindruck, dass Gott durch diesen Text in einen Bereich meines Lebens spricht? Was ermutigt oder ermahnt mich? Gibt es einen Zusammenhang mit meinem Leben – habe ich ähnliche oder ganz andere Erfahrungen gemacht? Fordert mich der Text auf, etwas zu verändern oder zu unternehmen?

Wir in unserem Hauskreis erlebten durch das erste Kapitel des Epheserbriefs große Ermutigung und Stärkung: Wir sind erwählt, als befreite Kinder Gottes zu leben. Der Sinn unseres Lebens besteht darin, in Gottes Gegenwart zu sein, ihn näher kennenzulernen, in der Liebe zu wachsen und Ihm Ehre zu machen. Wir sind unendlich reich durch Jesus, der uns den Heiligen Geist als Anzahlung auf das himmlische Erbe schon geschenkt hat. Die Auferstehungskraft wirkt in uns – wovor sollten wir da noch Angst haben?



Für mich persönlich gehört das Induktive Manuskriptbibelstudium inzwischen zu meiner geistlichen Praxis dazu. Normalerweise wenden wir diese Methode in der Gruppe an, sie ist aber auch für das individuelle Bibelstudium sehr gut geeignet. Es gibt so viel in einem Bibeltext zu entdecken, was ich in meiner sonstigen "stillen Zeit" leicht überlese! Das IMB hilft mir dabei, Gottes Wort tief in mich aufzunehmen und zu erleben, dass es tatsächlich lebendig und kräftig und scharf ist.

Lasst euch also von dem wuchtigen Namen und dem Prozedere nicht abschrecken und probiert es einfach mal aus: gute Vollwertkost für euren Glauben! :)





2 Kommentare:

  1. Na das kommt mir aus der SMD bekannt vor ^-^

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  2. So arbeite ich auch gerne mit Bibeltexten - zum Beispielt für die Hauskreisvorbereitung. Später notiere ich mir manches in meiner Bibel - aber zum ARBEITEN ist das echt super, einen Ausdruck zu haben. VIELEN DANK für diesen Eintrag! Das ist echt praktisch und wertvoll.
    LG, Kiki

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