Donnerstag, 17. August 2017

Eine Weltreise in Büchern





Immer wieder werde ich gefragt, welche Art von Büchern ich denn gerne lese. Das fand ich bisher nicht so einfach zu beantworten – ich würde zwar schon sagen, dass ich einen bestimmten Lesegeschmack habe, konnte diesen aber nicht wirklich beschreiben. Ich mag einfach Geschichten. 
Möglichst spannende - aber keine Krimis. Auf jeden Fall anspruchsvoll und gut geschrieben - aber nicht zu kompliziert und hochtrabend. 
Erst vor kurzem wurde mir bewusst, welche Art von Büchern ich besonders gern habe: Solche, die in anderen (fernen) Ländern spielen. Und die am besten von Autoren aus eben diesen Ländern geschrieben wurden. Ich interessiere mich für afrikanische, orientalische, südamerikanische, asiatische... Literatur – aus der Vergangenheit und der Gegenwart.
Man könnte sagen, dass ich beim Lesen gern auf Reisen gehe. Und das ist ja das Schöne am Lesen: Dass die Buchstaben uns in ferne Welten entführen, die unsere Füße nie betreten können – unser Geist und unser Herz aber schon.

Für uns ist die Reisezeit in diesem Jahr schon vorbei, und besonders weit hat uns unser Weg auch nicht geführt. Das war schön und ok, aber zum Lesen hatte ich das Buch eines ägyptischen Autors dabei. Und gerade lese ich einen Roman, der in Afghanistan spielt. Ihr seht, meine literarische Reiselust ist ungebrochen, und ich dachte, ich nehme euch heute mal mit auf eine kleine Weltreise in Büchern. Günstiger, schneller und bequemer kommt ihr nie von zu Hause weg ;)

Also lehnt euch zurück, macht es euch gemütlich, und lasst euch mitnehmen auf diese Reise.
Wenn es euch an der einen oder anderen Station besonders gut gefällt, steigt gern aus und seht euch etwas genauer um!


Erste Station: Italien
Reise im Mondlicht von Antal Szerb


Dass dieses Buch zu meinen absoluten Lieblingsbüchern gehört, wissen wohl die meisten, die meinen Blog einigermaßen regelmäßig lesen ;) Hier kommt einfach alles zusammen, was ich mag: ein ungarischer Autor, ungarische Hauptfiguren, die Geschichte - quasi ein road trip - spielt in den Dreißigerjahren an verschiedenen Orten in Italien, die Sprache ist wunderbar elegant, der Plot spannend, und das Cover (jedenfalls das dieser Ausgabe) ziert ein Gemälde eines meiner Lieblingsmaler, Edward Hopper. 
Fast so schön wie eine leibhaftige Italienreise!


Zweite Station: Barcelona, Spanien
Der Schatten des Windes von Carlos Ruiz Zafón


In den vergangenen Jahren habe ich mehrere Bücher dieses Autors gelesen - mit Abstand am Besten gefiel mir aber Der Schatten des Windes, der erste Teil der Barcelona-Triologie rund um den "Friedhof der vergessenen Bücher". Eine spannende Geschichte, genial erzählt. Ein Roman für alle, die Bücher lieben.


Dritte Station: Lissabon, Portugal
Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier


Auch von diesem Roman habe ich euch hier schon vorgeschwärmt... Seit mein Mann und ich 2010 Lissabon besucht haben, gehört diese Stadt zu meinen absoluten Lieblingsorten. Und dieses Buch lässt viele Eindrücke und Bilder dieser Reise in mir wieder aufleben. Die Hauptfigur unternimmt eine lebensverändernde Reise - dieses Motiv spricht mich immer wieder sehr an. Was wäre, wenn ich einfach in einen Zug steigen und alles hinter mir lassen würde....


Vierte Station: Amazonas, Südamerika
Die Vermessung der Welt von Daniel Kehlmann


Dieses kleine, aber feine Büchlein ist eines der ersten, die mein Liebster und ich miteinander gelesen haben, als er noch kein großer Bücherfan war. Das änderte sich zu dieser Zeit zunehmend, und von Die Vermessung der Welt war er total begeistert. Kein Wunder, schließlich geht es darin um keine Geringeren als Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt. Abenteuerlich geht es zu in Kehlmanns Roman, humorvoll und irgendwie "speziell" - definitiv eine Reise in die Bibliothek oder den Buchladen wert ;)


Fünfte Station: Mexiko
Gebete für die Vermissten von Jennifer Clement


Wenn ich es mir recht überlege, mag ich besonders gern Bücher, die aus Frauenperspektive geschrieben sind. Natürlich, weil ich selbst eine Frau bin. Aber auch, weil ich es so wichtig finde, dass Frauen eine Stimme bekommen, gerade in den Ländern und zu den Zeiten, in denen sie unterdrückt und kleingemacht werden. In Gebete für die Vermissten gibt Jennifer Clement den Mädchen und Frauen Mexikos eine Stimme, lässt uns die von Menschen- und Drogenhandel geprägte Realität durch ihre Augen sehen. 
Ich habe das Buch in wenigen Stunden durchgelesen, weil es so packend war. Spannend und berührend.


Sechste Station: Nigeria
Half of a Yellow Sun von Chimamanda Ngozi Adichie


Noch so ein "Frauenbuch", diesmal aus Nigeria. Chimamanda Ngozi Adichie hat sich ja inzwischen (zurecht) einen Namen gemacht. Half of a Yellow Sun war das erste Buch, das ich von ihr las, und danach war ich sozusagen "infiziert". Eine junge, weibliche, nigerianische Stimme, die uns etwas zu sagen hat.


Siebte Station: Botswana
Keine Konkurrenz für Mma Ramotswe von Alexander McCall Smith


Wenn man mal ein Buch braucht, das sich einfach liest, das einem hin und wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubert und das dem Herzen gut tut, dann greift man am Besten zu einem aus der Mma-Ramotswe-Serie von Alexander McCall Smith. Mma Ramotswe ist die einzige Privatdetektivin Botswanas, und sie macht ihren Job richtig gut: Mit viel Fingerspitzengefühl, Weisheit und der Ruhe eines Elefanten löst sie einen Fall nach dem anderen. Liebenswert!


Achte Station: China
Wild Swans von Jung Chang


So ziemlich alles, was ich über China weiß, habe ich aus diesem Buch. Es ist unheimlich reich an Wissen und Information und dabei sehr spannend und berührend. Jung Chang erzählt die Geschichte ihrer Großmutter, die noch zu den Zeiten aufwuchs, als den Mädchen die Füße verbunden wurden, um sie am Wachstum zu hindern, die Geschichte ihrer Mutter, die an Maos Seite für ein neues, freies China kämpfte, und nicht zuletzt ihre eigene Geschichte - wie sie dem kommunistischen Regime den Rücken kehrte und endlich Freiheit erlangte. Sehr lehrreich!


Neunte Station: Indien
Das Gleichgewicht der Welt von Rohinton Mistry


Unsere Weltreise neigt sich langsam ihrem Ende entgegen: Wir sind in Bombay angekommen und stürzen uns mitten rein ins Getümmel! Rohinton Mistry verwebt die Lebensgeschichten vierer Menschen kunstvoll miteinander und zeigt eindrücklich: "So etwas wie ein uninteressantes Leben gibt es nicht." (Mr. Valmik zu Maneck) 
Ich war leider noch nie in Indien, aber ich stelle es mir ungefähr so vor wie dieses Buch :) 


Zehnte Station: Afghanistan
Als die Träume in den Himmel stiegen von Laura McVeigh


Für Afghanistan hege ich schon lange eine besondere Zuneigung. Vielleicht liegt das an dem alten, mit vielen Fotos bestückten Buch, das ich vor ein paar Jahren auf der Straße fand. "Kreuzweg der Kulturen" (von Jan Myrdal) heißt es, und es ist wunderschön - eingeschlagen in hellblaues, raues Leinen, mit 100 Fotos in Farbe und schwarz-weiß - und es kommt mir vor, wie aus einer anderen Zeit, denn es wurde 1960 geschrieben! Was hat Afghanistan seitdem alles erlebt und erlitten! 
Zu meiner Zuneigung beigetragen haben sicher auch die Romane von Khaled Hosseini, von denen ich zuallererst Drachenläufer gelesen habe. Als ich im Buchladen meines Vertrauens dann auf das Buch von Laura McVeigh stieß, wusste ich, dass es das Richtige für mich war! 
Da es meine aktuelle Lektüre ist, kann ich nur über meinen ersten Eindruck berichten: Ich kann kaum aufhören, darin zu lesen. Das Schicksal der kleinen Samar und ihrer Familie hat mich gleich in ihren Bann gezogen.  Und ich liebe Afghanistan schon wieder ein bisschen mehr...


So, ich hoffe, diese kleine literarische Reise hat euch gefallen und inspiriert euch zu der einen oder anderen Lektüre. Natürlich interessiert es mich, ob euch diese Buchtipps zusagen - und auch, ob ihr noch andere Bücher kennt, die uns in ferne Länder (Japan? Sibirien? Marokko? Israel? Kuba?...) entführen?
Dann immer her mit den Lesevorschlägen!