Vergleichen ist unser tägliches Geschäft. Wir vergleichen
immer und alles. Preise, Größen, Mengen, Leistungen, Farben – und Menschen. Das
scheint unsere Natur zu sein. Wir vergleichen uns selbst mit anderen. Ich
jedenfalls tue das ständig.
Mir fiel das heute auf, als ich mit Noemi spazieren schlitterte,
und ich eine junge Frau, die uns entgegen kam, sofort musterte, verglich und
kategorisierte. Schublade auf, junge Frau rein, Schublade zu. Sie sah sehr gut
aus. Besser als ich. Schlankere Beine, schmaleres Gesicht, flacheren Bauch,
glänzenderes Haar, weißere Zähne (vermute ich, hab ich nicht gesehen).
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich das mentale
Maßband immer dabei habe, um die Frauen, die mir begegnen, an mir selbst zu
messen, sie an der Messlatte „Rebekka“ zu bewerten: Die wiegt bestimmt 20kg
mehr als ich. Gegen die bin ich schlank!
Die hat aber ein breites Kreuz, sieht von hinten aus wie ein Kerl. Dagegen sind meine Schultern schmal, in der
Hinsicht hab ich mehr Glück gehabt. Oh, die da hat ein wunderhübsches
Gesicht. Nicht so blöde Muttermale wie
ich. Ihr Bauch schwabbelt ja ganz schön. Mehr als meiner. Was für lange, schlanke Beine die da drüben hat! Nicht solche Krautstampfer wie ich. Und
so weiter und so weiter.
Natürlich ist dieses ewige Sich-Vergleichen nicht gut für
mich. Es macht mich fertig, weil ich in den meisten Fällen ja doch schlechter
abschneide, so sagt es jedenfalls mein Maßband. Vielmehr sollte ich mich über
meine Einzigartigkeit freuen, meine individuelle Schönheit (die ja bekanntlich
im Auge des Betrachters liegt) betonen und zelebrieren. In „Vergleich“ steckt
das Adjektiv „gleich“. Das wäre schon ziemlich langweilig, wenn wir alle gleich aussähen. Wenn es nur Giraffen
gäbe, und keine Elefanten.
Aber das war es gar nicht, was mir heute schlagartig bewusst
wurde. Vielmehr bemerkte ich, dass ich durch mein Mustern, Vergleichen und
Kategorisieren die Frauen, mit denen ich dieses tue, zu Objekten degradiere.
Ich reduziere sie auf bestimmte – meistens äußere – Merkmale und stampfe sie damit
im Geiste zu reinem Vergleichsmaterial zusammen. Nicht nur, dass die
Vergleicherei ein schlechtes Gefühl bei mir selbst auslöst – sie ist zudem
menschenverachtend. Und ich bin total oberflächlich. Krass.
Wenn ich diesen Gedanken weiter verfolge, komme ich schließlich
wieder bei Gott an, und merke, dass ich mit dem Vergleichen auch ihm Unrecht
tue. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass jeder Gedanke à la „Ich hasse meine
Nase!“ ein Schlag in Gottes Gesicht ist. Immerhin hat er diese Nase designt,
und findet sie total gelungen. Immerhin hat er genau diese Nase genau einer
bestimmten Person zugedacht, einem Menschen, den er über alles liebt und
wunderschön findet. Einem seiner Ebenbilder. Obacht! also, bei jedem Vergleich.
Er geht direkt gegen Gott.
Ich wünsche mir so, dass Gott da meinen Blick und letztlich
mein Herz verändert! Dass ich mich an der Schönheit und Vielfalt erfreuen lerne
anstatt ständig mit Vergleichen und Bewertungen beschäftigt zu sein. Dass ich
frei werde von dem Zwang, mich und andere zu messen, von der Angst, nicht zu
genügen, von dem Wunsch, „anders“ zu sein, von Neid und Missgunst und Gemeinheit.
Das ist jedenfalls mein Projekt für die nächste Zeit: Sobald
ich merke, dass vergleichende Gedanken in meinem Kopf entstehen, setze ich
diesen die Vorstellung entgegen, wie Gott diesen Menschen liebevoll entworfen
und erschaffen hat, und führe mir vor Augen, was für ein genialer Künstler Gott
ist.