In den letzten drei Blog-Posts konntet ihr unsere
Budapest-Reise ziemlich gut mit verfolgen, und man könnte denken, damit wäre alles
darüber gesagt (waren ja lang genug, die Posts…). Wenn ich mir die Fotos so
anschaue und mir vergegenwärtige, was wir alles gesehen und erlebt haben, dann
hatten wir wohl eine ziemlich gute Zeit. Die Rahmenbedingungen unseres Trips
waren aber alles andere als optimal, sodass bei mir zunächst ein ungutes Gefühl
zurückblieb.
Wir hatten das verlängerte Wochenende natürlich schon Monate
im Voraus geplant, wobei uns aber auch klar war, dass in letzter Sekunde etwas
passieren konnte, das unseren Abflug verhindern würde. So ist das eben, wenn
man Kinder hat… Beinahe wäre es tatsächlich so gekommen, denn unser Sohnemann
entwickelte am Freitagnachmittag aus heiterem Himmel hohes Fieber. Ich schob es
auf die Eckzähne, auf die wir schon länger warten und die ihm gerade zu
schaffen machten. Aber dafür war das Fieber vielleicht zu hoch? Meine Mama kam
gegen Abend zu uns und wir entschieden, dem Kleinen vorm Schlafen ein Zäpfchen
zu geben und einfach zu schauen, wie die Nacht werden würde.
Am Samstagmorgen mussten wir schon sehr früh los, und da die
Nacht vollkommen ruhig verlaufen war und Samuel sich normal warm anfühlte,
machten wir uns auf den Weg zum Flughafen. Meine Mutter meinte, das werde sich
schon geben und wir sollten die Reise nicht absagen. Ich schob meine
Rabenmutter-Gedanken zur Seite und freute mich auf meine Lieblingsstadt!
Tagsüber blieb ich mit meiner Mama in Kontakt und erfuhr,
dass das Fieber im Lauf des Tages wieder deutlich anstieg. Unser Kind war total
schlapp, wollte weder essen noch trinken und glühte vor sich hin. Als mein Mann
und ich am Abend im Táskarádio Eszpresszó
saßen (wo wir den Tag gemütlich hatten ausklingen lassen wollen), waren wir
ziemlich bedrückt und besorgt. Sollten wir lieber zurückfliegen? Aber was
konnten wir schon anderes tun als meine Mutter? Vielleicht würde er am nächsten
Morgen schon wieder ganz der Alte sein? Wir gingen früh ins Bett und schliefen
schlecht. Am Sonntagmorgen ging es Samuel Gott
sei Dank besser und seine Temperatur blieb den Tag über im Normalbereich.
Dafür erfuhren wir, dass unsere Tochter sich in den frühen Morgenstunden
mehrmals übergeben hatte! Es ginge ihr wieder gut, versuchte meine Mutter mich
zu beruhigen; sie habe sich nur übergessen… Für uns war es trotzdem schwierig,
den Tag zu genießen und nicht ständig an unsere kränkelnden Kinder zu Hause zu
denken.
Zumal wir uns bei aller Unabhängigkeit nicht wirklich „frei“
fühlten: Wegen des Nationalfeiertages und anderer Ereignisse konnten wir unser
geplantes Programm nicht durchziehen und standen mehrmals vor verschlossenen
Türen – sowohl am Sonntag als auch am Montag. Das hatten wir bei der
Reiseplanung überhaupt nicht bedacht und ärgerten uns nun darüber.
Als wir am Montagabend wieder in Berlin landeten, schliefen
unsere Kinder schon tief und fest. Es ging ihnen wieder gut und wir brauchten
uns um ihre Gesundheit nicht mehr zu sorgen. Mein Liebster musste allerdings
seine Tasche gleich für den nächsten Trip umpacken: Am nächsten Morgen ging es
für ihn beruflich nach Düsseldorf – die auf unsere Reise folgenden Tage mussten
wir ohne ihn zurechtkommen. Das war ziemlich stressig für uns alle. Gott sei
Dank blieb meine Mutter noch einen Tag länger bei uns – denn den kompletten
Dienstag schrie unser Sohn wie am Spieß. Als er mich am Morgen erblickte, ging
es los: Er brüllte, schubste mich weg, wollte auf meinen Arm und dann doch nicht, schlug nach mir,
schrie und schrie und schrie. Es dauerte drei Tage bis er wieder gut auf mich
zu sprechen war, wobei er am Mittwoch wenigstens nicht mehr so viel schrie… Es
war furchtbar!
Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen. Ich erkannte mein
eigenes Kind nicht mehr wieder: Mein kleiner, fröhlicher Kerl war mir gegenüber
total reserviert und misstrauisch, er rannte nicht durch die Wohnung, er lachte
nicht und er redete nicht. Ihn so zu erleben, tat mir unendlich weh. Es
verunsicherte mich – und die Rabenmutter-Gedanken meldeten sich lautstark zu
Wort: Du hättest ihn nicht allein lassen
dürfen, schon gar nicht, als er krank war! Das war viel zu früh und viel zu
lang und viel zu weit – das hättest du wissen müssen! Jetzt ist eure
Mutter-Sohn-Beziehung vielleicht für immer gestört…
Und mein Mann konnte nicht bei uns sein, um diese Zeit mit
mir gemeinsam zu bestehen. Das war schon ein harter Kontrast – nach drei Tagen
intensiver Paarzeit bekamen wir uns fast drei Tage nicht zu Gesicht. Die
Stimmung zwischen uns war nicht gerade rosig, als er von seiner Dienstreise
zurückkam. Ich war total fertig von der Woche und wollte am Wochenende nur noch
alle viere von mir strecken. Unsere Reise kam mir wie ein Fiasko vor, wie ein
einziger Fehler, für den ich teuer bezahlen musste.
Inzwischen denke ich ein bisschen anders darüber.
Meine Gedanken und Gefühle haben sich abgekühlt...
Mein Liebster und ich haben uns lange unterhalten und die
Reise für uns ausgewertet. Folgende Erkenntnisse konnten wir für uns gewinnen:
Wir können nicht so
tun (auch nicht für ein Wochenende), als hätten wir keine Kinder.
Ja, wir hatten uns das tatsächlich so vorgestellt: Wir geben
die Kinder bei Oma ab und dann verleben wir eine ganz unbeschwerte Zeit miteinander,
ganz so, wie wir sie vor der Kleinkindphase zusammen hatten. Nein, so
funktioniert das nicht!
Wir können nicht einfach die Kinder aus unserem Bewusstsein
streichen und wieder „Nicht-Eltern“ sein. Wir sind und bleiben Eltern, auch wenn unsere Kinder gerade nicht bei
uns sind. Noemi und Samuel gehören so fest zu uns, dass wir uns ohne sie
irgendwie unvollständig fühlen (das liegt sicherlich auch daran, dass sie noch
so jung sind und es überhaupt die allererste Trennung von Samuel für mich war).
Das Sich-Sorgen und Vermissen gehört wohl zu einer solchen Reise dazu – das wissen
wir jetzt.
Nicht zu viel auf
einmal wollen.
Gerade weil es unsere erste Reise ohne Kinder war, hatten
wir uns besonders darauf gefreut und viele Erwartungen und Hoffnungen in die
Zeit zu zweit gesteckt. Im Nachhinein wäre es wohl sinnvoller gewesen, klein
anzufangen: Zuerst nur für einen Tag (und vielleicht eine Nacht) wegfahren, und
nur so weit, dass man im Notfall schnell wieder zu Hause sein kann. Und dann
kann man sich steigern. Für uns waren drei Tage und zwei Nächte in Budapest
eigentlich zu viel: Zu weit und zu lange weg. Und für unseren Sohn mit seinen
21 Monaten war es anscheinend noch etwas zu früh, über so einen Zeitraum von
mir getrennt zu sein. (Inzwischen geht es uns beiden wieder sehr gut und er ist
wieder der kleine, wilde Racker wie eh und je!)
Entweder richtig gut
planen oder total spontan sein – ein Mittelding funktioniert für uns nicht.
Wir sind beide ziemliche Planungsfreaks. Aber ausgerechnet
bei dieser Reise haben wir die Vorbereitungen etwas schleifen lassen –
wahrscheinlich weil wir die Stadt schon recht gut kannten und meinten, es nicht
nötig zu haben, uns genau zu informieren. Leider konnten wir unsere mangelnde
Planung und all die daraus resultierenden „Fehlschläge“ nicht mit Spontaneität
und Flexibilität ausgleichen… das gehört nicht zu unseren Stärken.
Für die Zukunft bedeutet das, dass wir erstens: Unsere
Reisen und das Programm besser planen werden und zweitens: Aber auch lernen
möchten, flexibler zu reagieren, wenn ein Plan mal nicht aufgeht. Dabei
brauchen wir jeweils die Unterstützung des anderen.
Den Kontakt nach
Hause sinnvoll gestalten und begrenzen.
Internetfähige Smartphones und WhatsApp sind auf einer Reise
natürlich unendlich praktisch. Gleichzeitig können die permanente
Erreichbarkeit und die Möglichkeit zur Kommunikation mit den Kindern auch
störend bzw. kontraproduktiv sein. Für mich war es wichtig, mit meiner Mama in
Kontakt zu sein, um zu hören, wie es den Kindern ging. Aber was brachte es mir,
zu wissen, dass das Fieber gestiegen war oder dass unsere Tochter erbrochen
hatte? Letztlich führte diese Information ja nicht dazu, dass wir vorzeitig
nach Hause flogen, sondern hatte „nur“ zur Folge, dass wir uns sorgten und
unseren Budapest-Aufenthalt nicht uneingeschränkt genießen konnten.
Wir sind uns noch nicht sicher, wie ein gutes Maß an Kontakt
nach Hause aussieht, aber wahrscheinlich ist weniger in diesem Fall mehr… dann hat man auch mehr zu erzählen, wenn man wieder zu Hause bei seinen Lieben ist.
Wir sind immer wieder
ganz bewusst im Hier und Jetzt.
Auch wenn die Kinder uns ständig durch die Gedankenwelt
huschen: Immer wieder dürfen wir sie auch ausladen und uns bewusst auf das Hier
und Jetzt konzentrieren. Achtsam reisen
würde ich das nennen: Was sehe ich? Von welchen Geräuschen und Gerüchen bin ich
umgeben? Wie fühlt mein Körper sich an – und der Körper meines Mannes? Was
fühle ich?
Das bedeutet auch, die Kamera mal stecken zu lassen und
einen Moment einfach nur zu genießen, ohne ihn sofort auf ein Foto zu bannen.
Wir konzentrieren uns
auf das, was schön war!
Es ist leicht für mich, in schlechte Stimmung zu verfallen
und unsere Reise als Reinfall zu betrachten. Leider… Negative Gedanken ploppen
schnell in mir auf. Aber das bedeutet nicht, dass ich ihnen allzu viel
Beachtung schenken muss.
Falko und ich haben beschlossen, aus unserem Wochenend-Trip
zu lernen und die positiven Aspekte in unserer Erinnerung zu verstärken.
Hilfreich fand ich für mich, unsere Fotos zu sichten und Blog-Posts zu Budapest
zu verfassen. Dabei machte ich mir bewusst, wie viele wunderschöne Momente wir
miteinander teilen durften. Inzwischen bin ich auch dabei, ein Fotobuch des
Wochenendes zu gestalten und habe viel Spaß daran. Die negativen Seiten spare
ich dabei einfach aus…
Mein Mann und ich wissen noch nicht, wann wir das nächste
Mal zu zweit verreisen werden.
Das wird auf jeden Fall irgendwann wieder fällig – und ich
freue mich auch darauf.
Aber der nächste Urlaub wird wieder ein richtiger
Familienurlaub sein: wir und unsere Kinder.
Das steht fest.