Dienstag, 30. Juni 2015

Regretting Motherhood?



Ich blute und schrei
mein Sehnsuchtskind zur Welt - und
Gebär mich: Mama

 
Die Studie „Regretting Motherhood“ von Orna Donath treibt seit einiger Zeit die (Blogger-)Welt um: 23 Frauen, die bereuen, Mutter geworden zu sein, die ihre Mutterschaft hassen und dem Leben nachtrauern, dass sie ohne ihre Kinder (bzw. statt ihrer Kinder) hätten haben können. Viele schrien entsetzt auf, widerspricht dieses Gefühl doch vollkommen den idealisierten Vorstellungen, die wir von „der“ Mutter haben, andere nickten zustimmend, und wieder andere fühlten sich irgendwie befreit, weil sie nicht mehr allein waren mit ihren Gefühlen.

Ich selbst habe mich bisher vor einem Kommentar zu dem Thema gedrückt, weil ich andere Frauen – und besonders andere Mütter – in ihren Empfindungen nicht beurteilen (oder gar verurteilen) möchte.
Letzte Woche las ich allerdings in der Brigitte (13(2015) ein Interview zu dem Thema; zwei Mütter wurden zu der Studie und ihrer eigenen Identität als Mutter befragt. Was da gesagt bzw. geschrieben wurde, finde ich enttäuschend, bedenklich, problematisch… und es löste in mir das Bedürfnis aus, mich nun doch zu positionieren und eine Lanze für die „Vollblut-Mamas“ zu brechen (zu denen ich mich wohl seltsamerweise auch zählen muss).
Es folgen also Zitate aus besagtem Interview und meine eigenen Gedanken dazu:


„Ich empfinde meine Kinder gerade als absolute Bremse. All die Talente und Möglichkeiten, die in mir stecken und versanden, wenn ich irgendwann, ohne sie gelebt zu haben, ins Grab gehe, nur weil ich Kinder habe.“


In gewisser Weise kann ich dieses Gefühl durchaus nachvollziehen. Es gibt Tage, an denen ich ebenso empfinde und es mich wütend macht, nicht tun zu können, was ich gern möchte: Ungestört an meinen Buchprojekten arbeiten, Malen, Verreisen, Geld verdienen, Ausgehen… Sicher, ohne meine Kinder könnte ich all dem ziemlich problemlos nachgehen und meine Potenziale (in diesen Bereichen) noch tiefer ausschöpfen.
Gleichzeitig lehne ich diese absolut negative Aussage über das Leben mit Kindern ab. Denn: Es gibt so viele Talente und Möglichkeiten, die wir als Frauen (und sicher gilt das auch für Männer!) in uns entdecken können, sobald wir Kinder bekommen. In mindestens dem Maß, in dem meine Kinder mich ausbremsen (oder gar ausknocken) mögen, beflügeln sie mich in anderen Bereichen, treiben mich an, fordern mich heraus. In eben dem Moment, in dem sich für mich durch die Mutterschaft Türen schließen, öffnen sich viele andere und geben den Blick frei auf eine großartige neue Welt, voller Wunder und Lachen und Schönheit.
Als Jesus-Nachfolgerin glaube ich natürlich auch, dass Gott mir meine Kinder geschenkt und anvertraut hat. Er hat dieses Land für mich vorbereitet, mein Kanaan, in dem ich mich austoben kann. Das ist so unendlich wertvoll, finde ich, und wiegt die Einschränkungen auf, an denen ich mich (natürlich) auch reibe.


„Ich werde nie wissen, wozu ich ohne [meine Kinder] in der Lage gewesen wäre und zu was ich fähig gewesen wäre. Das macht mich traurig.“


Ich empfinde genau das Gegenteil: Ich befinde mich momentan in der bisher herausforderndsten Phase meines Lebens – und ich erlebe jeden Tag, dass ich die Herausforderungen bewältigen kann, an ihnen wachse und so viel Neues lerne. Durch meine Kinder! Eben weil ich sie habe, erfahre ich jeden Tag, wozu ich fähig bin, was ich in der Lage bin zu leisten und zu ertragen. Schon allein darauf, meine Tochter und meinen Sohn aus eigener Kraft zur Welt gebracht zu haben, nur mein Körper und ich, erfüllt mich mit Zufriedenheit. Schlafmangel, Stilldemenz, Fremdbestimmtheit – all das gehört zur Zeit zu meiner Realität, aber ich meistere sie. Mich macht das eigentlich kein bisschen traurig. Stolz trifft es schon eher.


„Ich fand mich zwischen Müttern wieder, die anfingen zu nähen und morgens ihre Brotdosen zu fotografieren. Mütter, die alles nur für ihre Kinder tun. […] Bei denen, die ich schon länger kenne, frage ich mich: Was ist bloß aus den coolen Frauen geworden, die sie früher mal waren?“


Ja, manche dieser Supermamis können schon nerven… Mir geht es allerdings eher so, dass andere Mütter mich mit ihrer scheinbaren Mühelosigkeit und Perfektion einschüchtern. Und ein kleines bisschen beneide ich sie auch, denn: Diese Frauen sind in ihrem gelobten Land angekommen! Sie machen echt was aus ihrem Leben. Sie sind für ihre Kinder da, tun alles für sie und noch mehr und tun das alles sogar GERN! Weil sie ihre Kinder lieben. Und weil ihre Aufgabe als Mutter sie erfüllt. Das ist doch schön! Lasst sie doch nähen und stricken und ihre Brotdosen fotografieren [Link] und andere Mamas inspirieren. Für mich steht dieser Lebensstil keineswegs im Gegensatz zu „cool“. Nur weil eine Frau Karriere macht, ist sie noch lange nicht cool! Coole Frauen sind für mich solche, die mit sich selbst und ihrem Leben zufrieden sind und das Beste aus jeder Phase machen. Die sich nicht nach dem richten, was die Gesellschaft gerade als besonders erstrebenswert vorschreibt, sondern die ihren eigenen Weg gehen. Frauen, die für andere da sind und daran Freude haben. Die finde ich toll!
Das wünsche ich mir für mich selbst: Zufriedenheit, Ruhe, Glück.


„Frauen machen es sich oft zu leicht, da steckt eine gewisse Bequemlichkeit dahinter. Das Kind ist eine Ausrede, sich vor unbequemen Situationen zu schützen und keine Verantwortung übernehmen zu müssen. Viele Frauen setzen sich lieber in ein gemachtes Nest, lassen sich von ihrem Mann versorgen und rechtfertigen über ihre Kinder, ein Leben lang zu Hause zu bleiben und maximal rudimentär zu verdienen.“


Okay… natürlich kann ich (noch) nicht beurteilen wie es ist, Mutter zu sein und berufstätig. Noch weniger bin ich der Lage mir vorzustellen, was es bedeuten muss, Mutter zu sein und gleichzeitig Karriere machen zu wollen. Was ich aber weiß: Vollzeit-Mama zu sein ist keinesfalls ein „bequemer“ Job ohne „Verantwortung“ – und rausreden kann man sich auch nicht. Die Kinder haben (genauso wenig wie der Chef) Verständnis für Krankheit oder Schlafmangel… Manche Frauen entscheiden sich eben zum Wohl ihrer Kinder zu Hause zu bleiben und im Job kürzer zu treten. Weil sie der Meinung sind, dass dies für ihre Kinder das Beste ist. Es ist eine Entscheidung aus Liebe. Eine Entscheidung, die häufig viel Einsamkeit mit sich bringt. Weil man mit den Kindern viel „allein“ ist und einem der Austausch fehlt. Und weil so viele Leute kein Verständnis dafür aufbringen, einen stattdessen einfach verurteilen (zum Beispiel behaupten, man mache es sich zu leicht….).
Ich finde es sehr, sehr schade, dass die Leistung einer Mutter anscheinend so wenig gilt. Sie muss schon gleichzeitig noch beruflich durchstarten und sich irgendwie selbst verwirklichen, um Anerkennung zu verdienen. Das finde ich falsch. Mutter sein ist ein Vollzeitjob, und kein unanspruchsvoller! Er ist mit viel Verantwortung verbunden, erfordert Selbstdisziplin, viel Organisation und Eigeninitiative. Er fordert den ganzen Menschen, mit 100%igem Einsatz. Und das 24 Stunden, sieben Tage  pro Woche, ohne Gehalt, vorgeschriebene Ruhepausen oder Anspruch auf Urlaub. Und eine Erfolgsgarantie gibt es auch nicht…

Es ist mir wirklich ein Anliegen, dass wir uns einander mehr unterstützen, anstatt uns ständig gegenseitig zu beäugen, zu bewerten, schlecht zu machen. Lasst uns ehrlich darüber reden, was blöd läuft und uns zusammen von all den zauberhaften Augenblicken schwärmen! Lasst uns einander unterstützen und unsere Lasten teilen, anstatt sie durch ein schlechtes Gewissen noch zu vermehren!  Denn egal, ob wir in Teilzeit arbeiten oder in Vollzeit oder „gar nicht“, und aus welchen Gründen auch immer: Wir sind alle Mamas, die ihre Kinder lieben – auch wenn wir sie manchmal am liebsten auf den Mond schießen würden oder uns kurz fragen, warum wir uns das alles eigentlich antun.



Montag, 15. Juni 2015

Gelegenheit macht...

... kreativ!



Wir haben einen neuen Esstisch. Weiß, mit schön gedrechselten Beinen, und groß. Es stehen Rosen darauf und wir können trotzdem noch bequem zu Abend essen! Wir können Gesellschaftsspiele darauf spielen. Und ich sitze hier gern, um zu schreiben.
Neben mir steht unsere (ebenfalls neue) Vitrine mit Gläsern, Tellern, Besteck und Tischtüchern, alles ordentlich verstaut. Eine Schublade aber dient anderen Zwecken: Meine Kreativ-Schublade. Sie enthält Bleistifte, Notizhefte, Ölkreiden, Papier. Damit ich mich einfach hinsetzen und zugreifen kann, wenn sich mal unerwartet (und heißersehnt) ein Zeitfenster für mich öffnet – so wie jetzt. Anstatt lange meine Materialien zusammensuchen und den Schreibtisch aufräumen zu müssen wie bisher, kann ich jetzt direkt loslegen. Das spart mir kostbare Minuten (oh, ihr seid für mich wie Perlen und Edelsteine, und noch mehr…), die ich nun noch viel lieber mit Schreiben, Zeichnen, Bloggen, Gestalten verbringen werde.
Die Schublade kämpft mit mir Seite an Seite, gegen den Zeitmangel, aber auch gegen den inneren Schweinehund. Mit ihrer Hilfe kann ich der Bequemlichkeit und den gierigen Griffeln des Internets leichter entwischen – denn sie lockt mich mit schönen Dingen…
Ich merke richtig, wie ich von diesen Momenten zehre in den stressigen Zeiten. Wie meine Tanks sich füllen, beim Schreiben. Und wie gut das Zeichnen mir tut! Die Skizze von neulich habe ich in ein oder zwei Minuten, einfach so, aufs Papier geworfen, beinah wie im Rausch (wie das klingt…), und ich war so ganz bei mir, ganz wach, ganz ich, ganz frei, total glücklich. Ich möchte so viel mehr davon! Jeden Tag…
Aber ja doch, ich hab ja jetzt meine Kreativ-Schublade.
Und wenn ich mich auch nicht immer sofort an den Tisch setzen und zum Aquarellpapier greifen kann, so werfe ich doch zwischendurch gern mal einen Blick hinein, ganz kurz, zur Auferbauung und in stiller Vorfreude. Denn irgendwann ist es wieder soweit, bestimmt!, und ich kann die Stifte übers Papier tanzen lassen, dass mir Hören und Sehen vergehen. Das wird ein Spaß!




Montag, 8. Juni 2015

Mein Schwimmbadtrauma


Da ist er wieder – der Sommer! Alle Jahre wieder freuen sich Menschen auf die warme Jahreszeit, auf lange, laue Abende, auf Sonnenbaden, Eisbecher, Shorts, Sommerkleidchen und Bikinis. Alle außer mir… Ok, gegen Eisbecher kann man nun wirklich nichts haben, und dass die Tage gerade länger und sonniger sind, mag ich auch. Trotzdem ist mir der Winter in mancherlei Hinsicht lieber, vor allem aber aus diesem Grund: Im Winter kann ich dicke Schlabberpullis tragen, Strumpfhosen und Jeans. Schlabberpullis sind toll, denn sie verdecken Speckrollen ganz prima. Der Winter ist toll, weil ich mich da verhüllen kann, und niemand erwartet, mich im Bikini am See anzutreffen.
Jetzt aber ist wieder Sommer, und ich fühle mich schrecklich unwohl in meiner Haut (weil die Temperaturen mich zwingen, mehr davon zu zeigen, als mir lieb ist). Der Sommer ist ein großer Enthüller. Das mag ich an ihm nicht. Und ganz verschämt löffle ich meinen Eisbecher, denn jemand mit solchen Oberschenkeln sollte lieber kein Eis essen. Wenn Falko vorschlägt, den Samstag doch im Schwimmbad zu verbringen, verweise ich ihn auf die Gardinenstangen, die noch angebohrt werden müssen, und darauf, dass wir gerade keine Sonnencreme für die Kinder da haben. ..

Ach, diese falsche Scham verdirbt einem doch alles. Als ich neulich mit meiner Schwester einkaufen war und zu ihr sagte, dass ich in meinem Leben wohl nie wieder einen Bikini tragen werde (obwohl es ja so viele wunderschöne Teile gibt…), meinte sie nur: „Ist doch egal, was die anderen denken.“ Das stimmt natürlich – aber was denke ich eigentlich selber darüber?
Ich erinnere mich an einen Sommer vor über 12 Jahren, als wir noch im schönen Hessenland lebten, und mich ein Mädchen aus dem Jugendkreis anrief: Ob ich nicht Lust hätte, mit ihr an den Baggersee zu fahren. Es war ein heißer Tag, ich hatte nichts vor und ich mochte das Mädchen, fühlte mich sogar irgendwie geschmeichelt, dass sie mich gefragt hatte. Trotzdem erfand ich irgendeine Ausrede, warum ich unbedingt zu Hause bleiben (und mich verhüllen) musste… denn ich fühlte mich zu dick und wollte nicht, dass mich jemand im Badeanzug sah (damals besaß ich noch nicht einmal einen Bikini). Heute würde ich meinem jüngeren Ich gern zurufen: „Du hättest ruhig mitfahren können. Du warst nicht dick. Nicht im Vergleich zu heute…“

Gegenbeispiel:
Letztes Jahr plante ich, meine liebe Freundin Ulrike in Münster zu besuchen. Als der Besuch immer konkretere Formen annahm, schlug sie unter anderem vor, schwimmen zu gehen. Meine spontane Reaktion darauf: NO WAY! Wie eigentlich alle meine Freundinnen ist auch Ulrike hübsch und schlank, und ich wollte neben ihr nicht wie ein Fleischklops erscheinen (ok, zu dem Zeitpunkt war ich schwanger, aber es gibt ja auch schlanke Schwangere…). Nur, was hätte ich ihr denn als Begründung sagen sollen? Irgendwie war mir durchaus klar, dass ich mir gerade bescheuerte Gedanken machte. Und im Schwimmbad war ich ewig nicht mehr gewesen. Ich hatte Lust darauf, schwimmen zu gehen. So schluckte ich meine Bedenken herunter und wir gingen tatsächlich ins Schwimmbad, verbrachten eine richtig schöne Freundinnenzeit dort und ich dachte (fast) gar nicht darüber nach, wie ein Fleischklops auszusehen…

Das ist (mal wieder) kein einfaches Thema für mich, und ich kämpfe (mal wieder) sehr mit mir. Das Wort „Abnehmen“ hängt gerade in der Luft, setzt sich immer häufiger auf den dafür vorgesehenen Platz in meinen Gedanken, und die Lust auf Schokolade steigt parallel dazu exponentiell an…
Ich möchte mich wieder leichter fühlen und in die Vor-Noemi-Klamotten passen, die in meinem Schrank vor sich hin vegetieren. Gleichzeitig ist mir klar, dass Selbstannahme das noch viel dringendere Thema ist als das Vorhaben „Abnehmen“. Egal, wie viele Kilos ich verlieren würde – am Ende blieben doch immer noch tausend Dinge übrig, die ich an mir nicht mag. Letztlich wäre ich ja doch nie zufrieden.

Aber jetzt ist Sommer, Schwimmbadzeit, und ich bin Mama. Eine schwimmbadmuffelige Mama. Mit einer quirligen fast Zwei-Jährigen, die viel Spaß in der Badewanne hat und es im Schwimmbad bestimmt super fände. Wenn wir denn hingingen, alle zusammen. Und wenn wir im Schwimmbad (oder am See) wären – wie würde ich mich verhalten? Säße ich mit verkniffenem Mund und fest in ein XXL-Handtuch gewickelt auf der Wiese, während Noemi mir vom Beckenrand zuriefe: „Mama, Mama!“ und mit Papa die beste Zeit ihres Lebens verbrächte? Hm, so eine Mutter möchte ich eigentlich nicht sein.

Vielmehr möchte ich eine Mama sein, die weich ist und mit der man gut kuscheln kann.
Eine Mama, die sich in ihrem Körper wohlfühlt, obwohl er nicht perfekt ist,
und die darüber nachdenkt, was sie ihren Kindern Gutes tun kann,
anstatt sich einen Kopf zu machen, ob sie dabei wohl fett aussieht
oder was andere von ihren Oberschenkel halten könnten.
Ich möchte eine Mama sein, die (fast) jeden Quatsch mitmacht:
Arschbomben, Grimassen, lustige Schmink-Experimente.
Die sich was traut und Mut zur Hässlichkeit hat.
Deren Schönheit von innen kommt, weil sie nämlich Liebe hat.
Richtig viel davon.
Die ihren Eisbecher mit Genuss löffelt und sich selber jede Kalorie gönnt.
Weil gerade verdammt nochmal Sommer ist.