Da ist er wieder – der Sommer! Alle Jahre wieder freuen sich Menschen auf die warme Jahreszeit, auf lange, laue Abende, auf Sonnenbaden, Eisbecher, Shorts, Sommerkleidchen und Bikinis. Alle außer mir… Ok, gegen Eisbecher kann man nun wirklich nichts haben, und dass die Tage gerade länger und sonniger sind, mag ich auch. Trotzdem ist mir der Winter in mancherlei Hinsicht lieber, vor allem aber aus diesem Grund: Im Winter kann ich dicke Schlabberpullis tragen, Strumpfhosen und Jeans. Schlabberpullis sind toll, denn sie verdecken Speckrollen ganz prima. Der Winter ist toll, weil ich mich da verhüllen kann, und niemand erwartet, mich im Bikini am See anzutreffen.
Jetzt aber ist wieder Sommer, und ich fühle mich schrecklich
unwohl in meiner Haut (weil die Temperaturen mich zwingen, mehr davon zu
zeigen, als mir lieb ist). Der Sommer ist ein großer Enthüller. Das mag ich an
ihm nicht. Und ganz verschämt löffle ich meinen Eisbecher, denn jemand mit
solchen Oberschenkeln sollte lieber kein Eis essen. Wenn Falko vorschlägt, den
Samstag doch im Schwimmbad zu verbringen, verweise ich ihn auf die
Gardinenstangen, die noch angebohrt werden müssen, und darauf, dass wir gerade
keine Sonnencreme für die Kinder da haben. ..
Ach, diese falsche Scham verdirbt einem doch alles. Als ich
neulich mit meiner Schwester einkaufen war und zu ihr sagte, dass ich in meinem
Leben wohl nie wieder einen Bikini tragen werde (obwohl es ja so viele
wunderschöne Teile gibt…), meinte sie nur: „Ist doch egal, was die anderen
denken.“ Das stimmt natürlich – aber was denke ich eigentlich selber darüber?
Ich erinnere mich an einen Sommer vor über 12 Jahren, als
wir noch im schönen Hessenland lebten, und mich ein Mädchen aus dem Jugendkreis
anrief: Ob ich nicht Lust hätte, mit ihr an den Baggersee zu fahren. Es war ein
heißer Tag, ich hatte nichts vor und ich mochte das Mädchen, fühlte mich sogar
irgendwie geschmeichelt, dass sie mich
gefragt hatte. Trotzdem erfand ich irgendeine Ausrede, warum ich unbedingt zu
Hause bleiben (und mich verhüllen) musste… denn ich fühlte mich zu dick und
wollte nicht, dass mich jemand im Badeanzug sah (damals besaß ich noch nicht
einmal einen Bikini). Heute würde ich meinem jüngeren Ich gern zurufen: „Du
hättest ruhig mitfahren können. Du warst nicht dick. Nicht im Vergleich zu
heute…“
Gegenbeispiel:
Letztes Jahr plante ich, meine liebe Freundin Ulrike in
Münster zu besuchen. Als der Besuch immer konkretere Formen annahm, schlug sie
unter anderem vor, schwimmen zu gehen. Meine spontane Reaktion darauf: NO WAY!
Wie eigentlich alle meine Freundinnen ist auch Ulrike hübsch und schlank, und
ich wollte neben ihr nicht wie ein Fleischklops erscheinen (ok, zu dem
Zeitpunkt war ich schwanger, aber es gibt ja auch schlanke Schwangere…). Nur,
was hätte ich ihr denn als Begründung sagen sollen? Irgendwie war mir durchaus
klar, dass ich mir gerade bescheuerte Gedanken machte. Und im Schwimmbad war
ich ewig nicht mehr gewesen. Ich hatte Lust darauf, schwimmen zu gehen. So
schluckte ich meine Bedenken herunter und wir gingen tatsächlich ins
Schwimmbad, verbrachten eine richtig schöne Freundinnenzeit dort und ich dachte
(fast) gar nicht darüber nach, wie ein Fleischklops auszusehen…
Das ist (mal wieder) kein einfaches Thema für mich, und ich
kämpfe (mal wieder) sehr mit mir. Das Wort „Abnehmen“ hängt gerade in der Luft,
setzt sich immer häufiger auf den dafür vorgesehenen Platz in meinen Gedanken, und
die Lust auf Schokolade steigt parallel dazu exponentiell an…
Ich möchte mich wieder leichter fühlen und in die
Vor-Noemi-Klamotten passen, die in meinem Schrank vor sich hin vegetieren.
Gleichzeitig ist mir klar, dass Selbstannahme das noch viel dringendere Thema
ist als das Vorhaben „Abnehmen“. Egal, wie viele Kilos ich verlieren würde – am
Ende blieben doch immer noch tausend Dinge übrig, die ich an mir nicht mag. Letztlich
wäre ich ja doch nie zufrieden.
Aber jetzt ist Sommer, Schwimmbadzeit, und ich bin Mama.
Eine schwimmbadmuffelige Mama. Mit einer quirligen fast Zwei-Jährigen, die viel
Spaß in der Badewanne hat und es im Schwimmbad bestimmt super fände. Wenn wir
denn hingingen, alle zusammen. Und wenn wir im Schwimmbad (oder am See) wären –
wie würde ich mich verhalten? Säße ich mit verkniffenem Mund und fest in ein
XXL-Handtuch gewickelt auf der Wiese, während Noemi mir vom Beckenrand zuriefe:
„Mama, Mama!“ und mit Papa die beste Zeit ihres Lebens verbrächte? Hm, so eine
Mutter möchte ich eigentlich nicht sein.
Vielmehr möchte ich eine Mama sein, die weich ist und mit
der man gut kuscheln kann.
Eine Mama, die sich in ihrem Körper wohlfühlt, obwohl er
nicht perfekt ist,
und die darüber nachdenkt, was sie ihren Kindern Gutes tun
kann,
anstatt sich einen Kopf zu machen, ob sie dabei wohl fett aussieht
oder was andere von ihren Oberschenkel halten könnten.
Ich möchte eine Mama sein, die (fast) jeden Quatsch
mitmacht:
Arschbomben, Grimassen, lustige Schmink-Experimente.
Die sich was traut und Mut zur Hässlichkeit hat.
Deren Schönheit von innen kommt, weil sie nämlich Liebe hat.
Richtig viel davon.
Die ihren Eisbecher mit Genuss löffelt und sich selber jede
Kalorie gönnt.
Weil gerade verdammt nochmal Sommer ist.
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