23. Türchen: Das Abenteuer der Weihnacht
Jeden Abend feiern wir mit unseren Kindern Advent. Wir zünden die Kerzen am Adventskranz an, singen Weihnachtslieder und lesen eine fortlaufende Geschichte.
Es ist eine schöne Geschichte mit toll illustrierten Bildern; die biblische Weihnachtsgeschichte wird kindgerecht erzählt - Marias Verlobung mit Josef, die Ankündigung des Engels, ihre beschwerliche Reise nach Bethlehem und dann, in einem ärmlichen Stall, die Geburt Jesu.
In der Geschichte sind alle nett zueinander. Die einzige negative Figur ist der Herold, welcher alle Bewohner Nazareths auffordert, sich in ihrer Geburtsstadt zählen zu lassen. Abgesehen davon sind wirklich alle sehr nett.
Marias vorhochzeitliche Schwangerschaft ist für Josef überhaupt kein Problem.
Maria reitet tapfer auf einem Esel und beklagt sich kein einziges Mal.
Die Frau eines Wirtes zeigt dem heiligen Paar ihren Stall und bringt ihnen sogar Essen vorbei.
Die Geburt Jesu dauert gefühlte zwei Minuten und verläuft ohne Komplikationen.
Das Jesuskind ist (oh Wunder!) blondgelockt und lächelt seine Mutter an, anstatt zu weinen...
Ja, es ist eine Kindergeschichte.
Und doch... mir ist sie trotzdem zu süßlich, zu glatt, zu einfach.
Wenn alle so nett und freundlich zueinander wären, wenn die Welt ein solch gastlicher Ort wäre - dann hätte Jesus gar nicht kommen müssen. Und ich glaube, das auch Kinder das schon verstehen können. Dass auch sie spüren und erleben, dass unsere Welt zerbrochen ist.
Meine Kinder sind noch klein und sie werden die Weihnachtsgeschichte noch oft lesen. Sie werden Predigten darüber hören und viele verschiedene Interpretationen und irgendwann wird sich ihnen, so hoffe ich, ein komplexeres Bild auftun über die Geschehnisse von damals.
Advent, das bedeutet Ankunft.
Vielleicht kommt das Wort aber auch von
adventure. Abenteuer. Könnte doch sein...
Der allererste Advent war
adventurous. Abenteuerlich.
Für Maria und Josef.
Für tausende andere, die ebenfalls unterwegs waren.
Für das kleine Jesuskind, das vom Himmel auf die Erde kam, in Windeln gewickelt und in eine Futterkrippe gelegt wurde.
Das, nur wenige Wochen alt, zum Flüchtling wurde.
Gott wird Mensch - was für ein Abenteuer!
Abenteuerlich auch für die Hirten und für die Weisen aus dem Morgenland.
Sie alle hatten es nicht leicht.
Die Welt, in der sie sich bewegten, war nicht immer freundlich zu ihnen.
Sie erlebten Schwierigkeiten, Anfeindungen, Abweisung, Ausgrenzung, Zweifel, Verfolgung, Angst, Schmerz.
Ganz genau wie wir.
Auch für uns verläuft die Advents- und Weihnachtszeit nicht immer so glatt und harmonisch wie wir es gerne hätten.
Krankheit, Tod, Arbeitslosigkeit, Sorgen, Streit und Stress sind auch im Advent eine Realität.
Jeder von uns erlebt seine eigenen
Adventures...
(Und auch Heilig
abend kann
abenteuerlich verlaufen.)
Mittendrin im
Adventure ist Jesus.
Das Gottkind in der Krippe.
Einer, der weiß, was es heißt, fern der Heimat zu sein.
Der Armut kennt, Kälte und Schmerz,
und dass die Dinge nicht so laufen wie erträumt.
(Maria und Josef hatten sich die Geburt ihres ersten Kindes sicher ganz anders vorgestellt.)
Der all seinen Reichtum, all seine Macht freiwillig hergegeben hat um uns nah zu sein.
So nah wie es nur geht.
So menschlich wie nur möglich.
Geboren von der Jungfrau Maria...
Das liebe ich so sehr an Weihnachten!
Dass, wenn wir uns doch schon wieder streiten und das Essen anbrennt und die Geschenke nicht rechtzeitig ankommen und ich mich über mich selber ärgere, ich im selben Augenblick weiß:
Das alles kann Jesus nicht abschrecken.
Im Gegenteil:
Genau deshalb, weil wir so sind, wie wir sind, ist er zu uns gekommen!
Weil wir uns streiten und Fehler machen und uns über uns selber ärgern und es nicht schaffen, auch nur annähernd "perfekt" zu sein.
Deshalb ist er gekommen - um uns zu erlösen.
Um uns zu sagen und zu zeigen, wie sehr wir geliebt sind.
Sein Abenteuer auf der Erde endete nicht im Stall.
Da fing es gerade erst an!
Jesus
Adventure führte ihn bis ans Kreuz und ins Grab, hinab in das Reich der Toten und zurück ins Leben! Aus lauter Liebe zu uns.
Liebe ist ein Abenteuer!
Wer wüsste das besser als Jesus.
Sein Abenteuer mit uns geht weiter, jeden Tag.
Im Advent und auch sonst.
Wenn wir mit Jesus unterwegs sind, ist eigentlich jeden Tag Advent.
Weil wir auf seine Ankunft warten.
Und weil jeder Tag ein
Adventure ist.
Ich wünsche mir mehr Geschichten, die das so erzählen.
Nicht nur für Kinder.