1. Freude
Seit Noemi auf der Welt ist und wir die schwierigen ersten drei Monate überstanden haben, lache ich viel mehr als früher. Weil meine Tochter einfach so unbeschreiblich süß und wunderbar ist. Weil sie sich toll entwickelt, gesund und munter ist. Und weil ihre Freude ansteckend ist. Noemi freut sich – von den kleinen Schlaf- und Schreiunterbrechungen mal abgesehen –eigentlich den ganzen Tag. Sie lacht und strampelt und gluckst und quietscht und plappert und juchzt, dass es eine wahre Freude ist. Meine Freude! Und das Beste: Sie freut sich einfach nur so, einen besonderen Grund braucht sie nicht. In dieser Hinsicht ist sie mit ihren etwas über sechs Monaten für mich schon ein Riesenvorbild.
2. Im Hier und Jetzt leben
Das ist Noemis einfachste Übung, denn einen
anderen Moment als diesen kennt sie (noch) nicht. Mir scheint, dass sie sich in
der letzten Zeit die Vorfreude angeeignet hat – sie weiß, dass das Lätzchen
Brei bedeutet und strampelt vor Freude – aber grundsätzlich lebt sie vollkommen
in der Gegenwart. Was ich besonders toll daran finde ist, dass sie auch das,
was in der „Vergangenheit“ (also vor ein paar Minuten) blöd gelaufen ist oder
sich unangenehm angefühlt hat, sehr schnell vergessen kann. Auch wenn sie in
der Nacht noch so gebrüllt hat, wacht sie am Morgen lachend und fröhlich
glucksend auf. Ein neuer Tag, ein neuer Morgen, was kümmert mich mein Geschrei
von gestern. Noemi fängt jeden Tag, ja, jede Minute wieder ganz neu an. Diese
Eigenschaft wird sie mehr und mehr verlieren –hoffentlich nicht vollständig.
Für den Moment ist sie mir eine gute Erinnerung daran, den Augenblick zu
genießen, ihn wertzuschätzen und auszunutzen. Und auch ein lebendiges
Hinweisschild auf Jesus, mit dem wir tatsächlich jeden Tag, jede Minute, von
vorn beginnen können.
3. Genug ist genug
Nur so viel essen, wie man wirklich braucht. Das klingt total banal, aber
nicht alle Menschen (und auch nicht alle Babys) sind dazu in der Lage. Meine
Mutter erzählt gern die Anekdote, dass ich schon als Baby dazu tendierte, mich bis
zur Schmerzgrenze zu überfressen. Grundsätzlich finde ich die Maxime „Iss
deinen Teller leer!“ ja auch gut. Dumm nur, wenn man das Essen viel zu hoch auf
ebenselben gehäuft hat. Und es einfach so wunderbar schmeckt. Noemi ist so
etwas noch nie passiert. Sie isst einigermaßen gern, seit neustem auch ihren
Abendbrei, aber wenn das schlimmste Hungergefühl vorbei ist, hört sie auf.
Strahlt mich an und schluckt einfach nicht mehr runter, so dass ihr die letzte
Löffelportion aus dem Mund läuft. Ok, das ist nicht unbedingt nachahmenswert,
aber die Tatsache, dass mein Kind auf seinen Magen und dessen Signale hört, ist
es schon.
4. Vertrauen
Ich habe mal behauptet (im Scherz natürlich),
Noemi wäre zu dumm, um Angst zu haben. Das stimmt sicherlich auch: Sie weiß gar
nicht, was ihr alles passieren könnte und deshalb quietscht sie vor Freude,
wenn ihr Papa sie in die Luft wirft, anstatt vor Angst zu brüllen. Natürlich,
ihr Horizont ist noch sehr begrenzt. Ihr Vertrauen aber ist grenzenlos. Das
berührt mich immer wieder neu, wie dieses kleine Menschlein sich vertrauensvoll
an mich kuschelt. Wie meine Tochter alles von mir erwartet, alles von mir
annimmt, sich von mir versorgen und lieben lässt. Das ist es vielleicht, was
Jesus damit meinte, als er sagte, wir müssten werden wie die Kinder. Wie ein
Kind, das seiner Mutter und seinem Vater einfach vertraut und das kein Problem
damit hat, sich beschenken und lieben zu lassen.
5. Schreien, wenn man etwas braucht
Ja, ich gebe zu, das ist ihre (einzige) Nerv
tötende Eigenart: Sie brüllt von Zeit zu Zeit. Wie alle Babys. Aber selbst
davon kann ich mir eine Scheibe abschneiden: Anstatt still und stumm von meinen
Mitmenschen zu erwarten, dass sie mir jeden Wunsch von den Augen ablesen, dass
sie sofort und ohne ein Wort wissen, wo mich der Schuh drückt, kann ich ja
einfach mal den Mund aufmachen. Nicht um zu brüllen, über das Stadium sind wir
hoffentlich alle hinaus, aber durchaus um meine Bedürfnisse und Wünsche, meine
Trauer und Angst und Einsamkeit und Schuld und Verzweiflung zu artikulieren. Noemi
erzielt damit regelmäßig sehr gute Erfolge. Und ich habe auch schon bemerkt,
dass es funktioniert.
6. Selbstannahme und Akzeptanz
Meine Tochter ist weder zu Selbstzweifeln noch
zu Kritik anderen gegenüber in der Lage. Welch ein Segen! Sie kann sich noch
nicht vergleichen und sich demzufolge weder überlegen noch minderwertig fühlen.
Sie verstellt sich auch nicht (und kommt trotzdem überall gut an) oder hat das
Bedürfnis, sich und anderen was zu beweisen. Was für eine Freiheit! Während ich
mir beim PEKiP die anderen Kinder anschaue, was die alles schon können, um dann
zu bemerken, was Noemi alles noch nicht kann, liegt sie zufrieden auf ihrer Matte,
kaut auf einer Rassel und schenkt jedem ein strahlendes Lächeln. Während ich
mir beim PEKiP die anderen Mamas anschaue und sie bewundere/beneide für ihre
Ruhe und ihre lustige Art mit ihren Kindern usw., bin ich für Noemi einfach
ihre Heldin. Für sie bin ich die Beste, mit Abstand. Einfach weil ich Mama bin.
Da hat mir meine Tochter echt einiges voraus, was (Selbst-)Annahme betrifft!
7. Was es heißt, ein Mensch zu sein
Wenn man mit einem Baby zusammenlebt und es
aufwachsen sieht, bekommt man – meiner Meinung nach – einen Einblick in das
Geheimnis des Menschseins, man erhält Antworten auf die Frage, wozu wir als
Menschen eigentlich geschaffen sind: in tiefer Gemeinschaft zu leben, lieben
und geliebt zu werden, Freude zu haben, zu lernen. Noemi möchte am liebsten nie
alleine sein, sie fühlt sich nur dann wohl, wenn andere Menschen um sie sind.
Ohne uns andere Menschen könnte sie gar nicht überleben. Das ist zutiefst
menschlich – uns allen geht es so. Wir brauchen Gemeinschaft wie die Luft zum
Atmen. Dafür sind wir gemacht. Und Noemi
lässt sich lieben, von mir, von ihrem Vater, von allen Menschen um sie herum. Genauso
selbstverständlich, wie sie unsere Zuneigung empfängt, verschenkt sie ihre
Liebe aber auch an uns (jedenfalls bin ich der Meinung, dass sie mir Küsschen
geben möchte, wenn sie mein Gesicht mit ihrem Mund bearbeitet). Von Noemis
unbändiger Lebensfreude habe ich schon geschrieben. Und sie entwickelt sich,
lernt jeden Tag etwas Neues dazu, bleibt niemals stehen. Dass das so bleibt,
wünsche ich mir für sie. Lebenslanges Lernen und so. Auch für mich.
8.Durchhalten
Darin bin ich eigentlich nicht besonders gut.
Wenn eine Situation schwierig oder unangenehm wird, versuche ich recht schnell,
sie entweder zu verändern oder ihr zu entfliehen. Ein Praktikum, das nicht wie
erhofft lief, beendete ich vorzeitig nach einem Monat. Die E-Mails einer
Bekannten, die mich irgendwie nervte, beantwortete ich einfach nicht mehr. Der
Versuchung, die von einer Tafel Schokolade ausgeht, erliege ich nach wie vor,
und zwar schnell. Einfach aufgeben - wenn man Mama ist, geht das nicht mehr. Ich kann weder
vor den Schwierigkeiten davonlaufen noch mich damit trösten, dass in zwei
Wochen das Schlimmste vorbei sein wird (wie das noch zu Klausurenzeiten der
Fall war). Da hilft nur: Augen zu und durch. Weil ich Noemi liebe. Weil ich
ihre Mama bin und sie mich braucht. Weil das meine Aufgabe ist. Punkt. Das war
überhaupt nicht einfach in der ersten Zeit, und ich dachte oft, dass ich jetzt
nicht mehr kann. Falko war da für mich der beste Durchhaltemotivator. Und mit
den Monaten wird es leichter. Wenn ich zurückschaue, bin ich schon ein bisschen
stolz auf mich, dass ich es bis hierher geschafft habe.
9. Meine Grenzen atmen – Ich schaffe das
tatsächlich!
Ein Kind bringt einen schnell an die eigenen Grenzen – und dann darüber hinaus. Noemi hat mir gezeigt, dass ich oft viel mehr schaffen kann, als ich gedacht hätte. Meine Grenzen sind keine starren Mauern aus Granit, an denen ich mir immer wieder den Kopf und die Hände blutig schlagen muss. Sie atmen, sind dehnbar (in einem gewissen Rahmen) und können sich vergrößern. Bisher habe ich die Zeit mit Noemi, auch den Moment ihrer Geburt, als Grenzerfahrung erlebt, im positivsten Sinne. Gott stellt meine Füße auf weiten Raum (Psalm 31), mit Ihm kann ich über Mauern springen (Psalm 18). Er weiß, wie viel er mir zumuten kann und führt mich dann über meine eigenen Möglichkeiten hinaus. „Gott, was du mir gibst, ist gut. Was du mir zuteilst, gefällt mir.“ (Psalm 16,6)
Ein Kind bringt einen schnell an die eigenen Grenzen – und dann darüber hinaus. Noemi hat mir gezeigt, dass ich oft viel mehr schaffen kann, als ich gedacht hätte. Meine Grenzen sind keine starren Mauern aus Granit, an denen ich mir immer wieder den Kopf und die Hände blutig schlagen muss. Sie atmen, sind dehnbar (in einem gewissen Rahmen) und können sich vergrößern. Bisher habe ich die Zeit mit Noemi, auch den Moment ihrer Geburt, als Grenzerfahrung erlebt, im positivsten Sinne. Gott stellt meine Füße auf weiten Raum (Psalm 31), mit Ihm kann ich über Mauern springen (Psalm 18). Er weiß, wie viel er mir zumuten kann und führt mich dann über meine eigenen Möglichkeiten hinaus. „Gott, was du mir gibst, ist gut. Was du mir zuteilst, gefällt mir.“ (Psalm 16,6)
.
10. Gottes großes Vaterherz
Meine Tochter anzusehen, wenn sie
schläft oder spielt oder wir kuscheln, ist oft ein richtiges Gänsehauterlebnis.
Ich werde da leicht von meinen Gefühlen für sie überwältigt, von Liebe und
Zärtlichkeit und Stolz und Sorge und Hoffnung und Glück und so vielem anderen.
Falko hat mir erzählt, dass es ihm da ganz genauso geht. So verdrücken wir
gemeinsam die eine oder andere glückliche Träne. Danke, Gott, für dieses
Wunderkind! Und während ich so ergriffen war, hatte ich manchmal die starke
Gewissheit: Genauso schaut Gott auch mich an. Wenn Er mich betrachtet, hat er auch diese Gefühle, für mich, wie ich sie für mein
Kind habe. (Nur noch viel stärker und heiliger und so, weil er natürlich
Gott ist.) Wahnsinn! Dann heule ich erst recht los. Gut so.
Da sind sicherlich noch andere Dinge, die Noemi mich lehrt. Für heute sind diese 10 aber genug.
Vielen Dank, kleiner Spatz!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.