Mein Mann liebt Witze. Neuerdings erzählt er am liebsten
Franzosenwitze, seinem französischen Kollegen Matthieu zuliebe. „Warum gibt es
in Frankreich so viele Alleen? – Weil die Deutschen nicht gern in der prallen
Sonne marschieren.“ Haha. Als er
heute Abend nach Hause kam, um mir dabei zu helfen, unser untröstliches Kind
ins Bett zu bringen, meinte er, ich könnte doch eine neue Kategorie von Witzen
einführen: Mütterwitze. Uns sind spontan ein paar eingefallen. „Heute Abend
werde ich…“ (Lektion 1: Was du heute
Abend machst, entscheidest du ganz bestimmt nicht!) Oder: „Wenn ich morgen
früh dann ausgeruht und ausgeschlafen erwache…“ (Schön wär's ja!) „Wenn mein Kind erst einmal x Monate alt ist, wird
alles einfacher.“ (Eins ist sicher: Es
wird sich bis dahin viel verändert haben, aber nicht unbedingt zum Guten.) „Ich
freue mich schon total auf unseren Paarabend am Freitag!“ (Merke: Nie zu früh freuen!) Oder
ganz einfach: „Gute Nacht, bis morgen früh.“ (HAHA!)
Das ist einfach unser verzweifelter Versuch, es mit Humor zu nehmen, wenn unsere heute genau 9 Monate alte Tochter einfach nicht schlafen will...
Oh, aber natürlich ist es wunderschön, Mutter zu sein. Ich
genieße es auch, immer mehr. Heute Nachmittag, zum Beispiel, als ich bei
strahlendem Sonnenschein spazieren ging, mein schlafendes Kind vor mir her
schob und einen Cappuccino Frappiato schlürfte. Andere Leute brüten in ihren
Büros vor sich hin – ich habe Luft, Vogelstimmen und Sonne im Haar, ätsch! Oder
wenn meine Tochter mich mit ihren faszinierend blauen Augen anfunkelt, mir die
extra angefeuchteten Händchen ins Gesicht patscht und „Mama“ sagt (ja, das kann
sie jetzt. Auch wenn sie nicht wirklich mich
damit meint – es ist einfach nur toll!). Ich kann neue Rezepte ausprobieren,
spazieren gehen, einen Blog führen, mit einem süßen Baby spielen; und ich habe Zeit!
Das, wovon alle zu wenig zu haben meinen, habe ich definitiv genug. Wenn ihr
also jemanden zum treffen, reden, begleiten oder oder oder … braucht – here I am! „Ich habe Zeit!“ – das ist jetzt
kein Witz. Gott sei Dank.
Apropos Gott. Letzten Sonntag haben Mann und Kind mir
ermöglicht, die Predigt im Gottesdienst vollständig zu hören (ihr seid die Besten!). Und Gott hat die
Gelegenheit genutzt, mich anzusprechen. Es ging nämlich um Erdnuss-Christen.
Also so Leute wie mich.
Es war einmal ein junger Mann, der in die neue Welt
auswanderte, um dort sein Glück zu finden. Doch wie es manchmal so ist im
Leben, zerschlugen sich seine Träume schon bald. Es gelang ihm einfach nicht, in
der neuen Umgebung Fuß zu fassen. Und er hatte schreckliches Heimweh. Kurzum:
Er wollte wieder zurück nach Deutschland. So begann der junge Mann, auf ein
Ticket zu sparen, welches ihn per Schiff wieder nach Hause bringen sollte.
Endlich hatte er das Geld zusammen und konnte sich eine Schiffskarte kaufen. Unglücklicherweise
war nun alles Geld aufgebraucht – für Verpflegung reichte sein Geld nicht mehr.
Alles, was er hatte, war ein Sack Erdnüsse, der ihn – so hoffte er –für die Zeit
der Überfahrt würde ernähren können. Der junge Mann ging an Bord und das Schiff
legte ab. Von nun an gab es für ihn morgens, mittags und abends Erdnüsse.
Morgens, mittags und abends. Nach wenigen Tagen mochte er die elenden Erdnüsse
nicht mehr sehen, ihm wurde schon beim Gedanken daran schlecht – aber die
einzige Alternative wäre gewesen zu hungern.
Es vergingen noch einige Tage auf hoher See, und der junge
Deutsche fühlte sich ganz krank von den ganzen Erdnüssen. Und dann waren da
noch die anderen Passagiere, die die wunderbarsten Köstlichkeiten serviert
bekamen. Brot und Kuchen, Obst und Fisch, Gemüse und Fleisch, alles auf
silbernen Platten angerichtet. Eines Tages konnte der junge Mann es nicht mehr
ertragen, er musste unbedingt etwas anderes essen als tagein, tagaus nur Erdnüsse.
In seinen Taschen fand er eine letzte Dollarnote und ging damit zu einem der
Stewards. „Entschuldigen Sie, Mister, wie viel kostet eine solche Platte mit
Obst?“ Der Steward runzelte die Stirn und musterte den jungen Mann von oben bis
unten. „Zeigen Sie mir bitte zuerst einmal Ihr Ticket.“ Er reichte es dem
Steward, der einen kurzen Blick darauf warf und dann sagte: „Bei diesem Ticket
ist die Verpflegung im Preis inbegriffen. Sie müssen nichts extra bezahlen, Sie
können sich einfach bedienen – egal, was Sie möchten.“
Lachen schwirrte durch den Gottesdienstraum. Aber ich muss
zugeben, ich konnte nicht lachen. Ich fand diese Geschichte einfach viel zu
traurig. Und ich bemerkte sofort, dass ich diesem jungen Mann total ähnlich bin. Dass ich eine Erdnuss-Christin bin – eine Jesus-Nachfolgerin, die noch gar
nicht kapiert hat, dass sie ein all-inclusive-Ticket
in der Hand hält. Die sich mit Erdnüssen abspeisen lässt, obwohl sie doch alles
haben könnte, die ganze Fülle!
Bei Jesus ist es nicht wie im Fantasia-Land, wo man trotz
Eintrittskarte das Eis selbst bezahlen muss. Jesus hat für alles bezahlt. Es geht alles auf seine Rechnung. Ich bin ganz frei.
Die Gnade gilt nicht nur einmal, wenn es darum geht, ob meine Seele es in den
Himmel schafft. Die Gnade gilt jeden Tag neu, immer und immer wieder. Sie gilt
mir, wenn ich gerade genervt davon bin, dass mein Kind meine Abendpläne mit
seinem Geschrei zunichte macht. Sie gilt mir sogar dann, wenn ich meine Tochter
anschreie. Und wenn ich mich selbst dafür fertig mache, gilt die Gnade auch.
Was für eine Freiheit!
Wie schön, dass Gott mich am Sonntag wieder daran erinnert
hat. Vielleicht kapier ich es ja irgendwann mal. Und auch wenn das noch ein
bisschen dauern sollte: Die Gnade gilt ja auch dafür, dass ich sie so wenig
verstehe und zu wenig aus ihr lebe… Das ist Gott sei Dank auch kein Witz! Amen.
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