„Du musst dein Ändern leben“ stand da in weißen Buchstaben
auf der Fensterscheibe. Ich sah den Spruch von der Straßenseite gegenüber, als
ich Noemi in ihrer Kutsche zum PEKiP schob, und musste lächeln. Wie passend, an
meinem ersten Fastentag.
Zum Frühstück trank ich meinen Tee heute ohne Zucker. Ich
werde mich daran gewöhnen, mit der Zeit. Nach dem Zähneputzen und den ersten
kleineren Haushaltstätigkeiten wollte ich gewohnheitsmäßig den Computer anschalten. Dies hätte ich aber nur
unter der Prämisse gedurft, meinen Posteingang zu bearbeiten, und weil ich
keine Lust auf E-Mails hatte, blieb mein Laptop kalt. Stattdessen spielte ich
ein bisschen mit Noemi, die meinen Sinneswandel sehr zu schätzen wusste und
schließlich an meiner Brust einschlief.
Was nun anfangen mit der Freiheit, zu der ich so unverhofft
gekommen war? Erster Impuls: Mir einen Schokopudding aus dem Kühlschrank holen.
Äh, nein, doch nicht. Zweiter Gedanke: Computer jetzt doch anschalten und
schauen, was es Neues gibt? Nein, auch nicht gut. Wie war das noch gleich, „mit ohne“?
Also schlug ich meine Bibel auf und las die ersten Verse des
Johannes-Evangeliums, von denen ich auch gleich fasziniert war: „All denen
jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht,
Gottes Kinder zu werden. Sie wurden es weder aufgrund ihrer Abstammung, noch
durch menschliches Wollen, noch durch den Entschluss eines Mannes; sie sind aus
Gott geboren worden.“ (12+13) Ich glaube, Gott möchte sicherstellen, dass ich
meine letzte Lektion nicht so schnell wieder vergesse. Deshalb erinnert er mich
auch an dieser Stelle daran, dass ich ganz und gar nichts leisten muss. Dass
ich mich von ihm beschenken lassen darf und mich über seine Gnade freuen: „Wir
alle haben aus der Fülle seines Reichtums Gnade und immer neu Gnade empfangen.“
(16) Immer und immer wieder neu! Herrlich!
Noemi schlief noch immer, und so konnte ich in aller Ruhe
einen Brief an meine Freundin Ulrike beginnen, die schon viel zu lange darauf
warten musste. Ich war so vertieft ins Schreiben, dass ich es fast verpasst
hätte, Noemis Gläschen fürs Mittagessen aufzuwärmen… Für sie gab es Blumenkohl
und Kartoffel, für mich Stullen und Paprika. Wieder widerstand ich der
Versuchung, mir Nutella aufs Brot zu schmieren, und auch dem letzten Rest Eis
im Tiefkühlfach. Einfach ist anders.
Als Noemi und ich vom PEKiP nach Hause kamen, war ich total
erschöpft. Nachmittags ab 16 Uhr beginnt die kritische Zeit: die Laune meines
Kindes wird schlechter, während meine Kräfte schwinden. Da kann es leicht
passieren, in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Heute jedoch passierte es
mir nicht. Nach dem Stillen schmusten und spielten Noemi und ich ausgiebig, und
weil ich müde war, legten wir uns beide ein bisschen aufs Sofa. Dort spielte
meine Tochter weiter, während ich mich ausruhte und dabei das kleine große
Wunderwerk betrachtete. Ich liebe es, wenn sie im Spiel innehält und den
Blickkontakt mit mir sucht. Als ob sie fragen würde: „Ist das ok, Mama? Darf
ich das anfassen?“ oder sich versichern wollte, dass ich sie noch sehe. Dann
lächle ich sie an und sie lächelt zurück und spielt weiter. Bauchkribbelmoment.
Unendlich kostbar.
Nach dem Abendessen war die Lust auf Schokolade groß, aber
das Kind musste gebadet werden und dann wollte ich den begonnenen Brief zu Ende
schreiben und diesen Blogeintrag, sodass ich – bis jetzt – nicht mehr daran
dachte, dass ich eigentlich Sehnsucht habe... Aber der Tag lief viel zu gut,
als dass ich ihn mir jetzt vermiesen möchte mit einem Fastenbruch.
Morgen ist morgen, heute ist heute, und heute ist mein
Lieblingstag.
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