In unserem engsten Freundeskreis sind wir die einzigen
Eltern. Die meisten meiner Freundinnen sind entweder Singles, oder sie befinden
sich in (noch) kinderlosen Beziehungen. Das finde ich auch ok so – habe ja
neulich mal darüber geschrieben, dass es mit anderen Mamas nicht immer ganz
einfach ist…
Meine Freundinnen finden Noemi und Samuel super, sie haben
mich durch die Schwangerschaften begleitet und auch durch die Höhen und Tiefen
der ersten Wochen mit den „Frischlingen“. Sie bieten sich als Babysitterinnen
an und ertragen es, dass meine Aufmerksamkeit seit nun fast zwei Jahren nicht
mehr ungeteilt auf meinem jeweiligen Gegenüber ruht.
Und dennoch: Meine
Freundschaften haben sich verändert. Meine Freundinnen und ich, wir sehen uns
seltener und meistens nicht mehr allein. Zeit und Ort der Treffen bestimmen
meine Kinder – sehr oft kommen meine Freundinnen zu mir, wir verbringen die
gemeinsame Zeit auf dem Spielplatz, und abends mal weggehen klappt mit einem
Stillkind einfach nicht so gut. Gesprächsthema Nummer 1 ist bei mir natürlich
das Mama-Sein: Wie geht es den Kindern, bekomme ich genug Schlaf (nein!) und was war die letzte von Noemis
Eskapaden… Unsere Lebensfelder driften auseinander, ganz langsam, besonders bei
den Single-Freundinnen. Ebenso sehr wie ich merke, dass ich meine Freundinnen
und diese Freundschaften brauche,
spüre ich auch, dass sie zerbrechlich sind, und teilweise gefährdet.
Meine Eltern pflegen, soweit ich informiert bin, keine
nennenswerten Freundschaften. Auch von anderen meiner Generation weiß ich, dass
ihre Eltern kaum Freunde haben. Wir haben uns manchmal darüber gewundert und
wohl insgeheim gedacht, dass uns sowas nicht passieren kann. Langsam aber
dämmert mir, wie es dazu gekommen ist: Die Aufgaben in Familie und Beruf
fressen alle Kapazitäten auf. In christlichen Kreisen engagiert man sich
zusätzlich noch in der Gemeinde, vielleicht macht man ein bisschen Sport – und
das war’s. Der Tag hat nur 24 Stunden, und die sind randvoll mit Job,
Partnerschaft und Chauffeurdiensten für die Kinder. Da bleibt nur wenig Zeit
für Freunde. Wie schade!
Weil ich nun die Fragilität meiner Freundschaften wahrnehme
und sehe, dass gute Freunde (auch in den kommenden Lebensphasen) keine
Selbstverständlichkeit darstellen, mache ich mir zur Zeit viele Gedanken
darüber, wie Freundschaften gelingen können, was ich dazu beitragen kann, dass
meine Freundschaften nicht verwelken und eingehen. Und ganz konkret: Wie
gestalte ich Freundschaften in dieser Kleinkindphase? Wie gehe ich mit meinen
Freundinnen um, die im Moment ein völlig anderes Leben führen als ich?
Folgende Punkte erscheinen mir hierbei wichtig – Ergänzungen
und Gedanken zu diesem Thema sind mir sehr willkommen!
Achtung Mommyjacking!
Auch wenn ihr den Begriff „Mommyjacking“ bis dato noch nicht
gehört haben solltet, habt ihr vermutlich schon eigene Erfahrungen mit dem
Phänomen gemacht: (Meist) frische Eltern kapern jedes erdenkliche
Gesprächsthema, um es auf ihr Baby oder das Elternsein zu lenken. Beklagt sich
etwa jemand über Halsschmerzen, so wird er sofort darauf hingewiesen, dass
diese im Vergleich zu den erlittenen Geburtswehen ja gar nichts seien. Erzählt
man unbedarft von einem Restaurantbesuch, geben die Neu-Eltern eine Anekdote
über Juniors ersten Brei zum Besten, und so weiter….
Und: Ja, ich bekenne mich schuldig! Es ist aber manchmal
auch schwierig, wenn man so wenig anderes erlebt als immer „nur“ das eigene
Kind… Und wir sind ja auch so unendlich stolz und verzückt und „ist sie nicht
süß?“! Trotzdem – Mommyjacking ist
wirklich eine Unart, die ich ablegen möchte. Dafür nehme ich die
Herausforderung an, mich wirklich auf mein Gegenüber und dessen Thema
einzulassen. (Und ihr macht mich bitte darauf aufmerksam, sobald mein
Gesprächsverhalten Anzeichen von Mommyjacking
aufweist! Merci.)
Deine Probleme –
meine Probleme
Ich habe bei mir selbst die Tendenz festgestellt, Probleme
und Herausforderungen, mit denen sich meine kinderlosen Freundinnen
konfrontiert sehen, im Vergleich zu meinen „Mama-Problemen“ zu relativieren und
herunterzuspielen. Wenn mir etwa eine Freundin von ihren vielen Überstunden
berichtet, ertappe ich mich selbst bei dem Gedanken: „Naja, du hast aber
trotzdem irgendwann Feierabend – im Gegensatz zu mir…“ Oder wenn eine andere
sich bei mir beklagt, es sei am Abend zuvor so spät geworden und sie unendlich
müde, zucke ich innerlich nur mit der Schulter („Du kannst den Schlaf in den
nächsten Tagen und Nächten locker nachholen, während mein Schlafdefizit nur
immer größer und größer wird.“). Es fällt mir tatsächlich schwer, da Mitleid zu
empfinden – obwohl ich doch eigentlich weiß, wie sehr einem Müdigkeit zu
schaffen machen kann.
Mir ist klargeworden, dass das lieblos ist. Denn: Nicht nur
ich als Mutter zweier Kleinkinder habe mit Müdigkeit (oder anderen
Schwierigkeiten) zu kämpfen. Und aus welchem Grund man müde ist, macht nicht
wirklich einen Unterschied… Meine Probleme sind nicht schwerwiegender oder
wichtiger als die einer Single-Frau. Meine Freundinnen haben meine Anteilnahme
verdient, und dass ich ihre Erfahrungen und Sorgen ernstnehme – genauso wie ich
mir Verständnis und gute Worte wünsche, wenn ich von meinen Problemen berichte.
Die Babysitter-Falle
Eine gute Freundin (in deren Bekanntenkreis es von Mamas und
deren Babys nur so wimmelt) sagte neulich zu mir: „Ich möchte vor allem Freundin sein, und nicht hauptsächlich
als Babysitterin angesehen werden.“ Ich glaube, sie formulierte diesen Satz
nicht einmal als Kritik an mir – und trotzdem musste ich schlucken, und mich
selbst hinterfragen. Denn das Schöne daran, so viele kinderlose Freundinnen zu
haben, ist ja auch, dass ich auf so viele (willige und fähige) Babysitterinnen
zurückgreifen kann. Daraus habe ich auch noch nie einen Hehl gemacht.
Natürlich darf ich meine Freundinnen fragen, ob sie mal auf
meine Kinder aufpassen. Ich weiß auch, dass sie alle das gern tun, dass sie
Noemi und Samuel wirklich von Herzen lieben. Und dafür bin ich total dankbar. Aber
meine Freundinnen sind zuerst und vor allem anderen meine Freundinnen. Keine Dienstleisterinnen.
Grundsätzlich empfiehlt es sich im Leben, Privates und „Geschäftliches“
zu trennen, und dazu gehört wohl in gewisser Weise auch die Trennung zwischen
Freundschaft und Kinderhütedienst… Somit werden wir uns nach echten und
ausschließlichen Babysittern umsehen, die wir für ihre Dienste dann natürlich
auch bezahlen. (Was nicht bedeutet, dass meine Freundinnen nicht auch mal auf
Noemi und Samuel aufpassen dürften. You
are welcome!)
Zeit nur für dich und
mich!
Ein Gespräch mit mir zu führen, während meine Kinder um mich
herumwuseln, muss eine harte Probe in Sachen Geduld sein. Vor allem, wenn es
dabei um Herzensdinge geht, wenn da ein Schmerz ist, ein Bedürfnis nach Trost,
ein nagender Zweifel. Meine Aufmerksamkeit ist nämlich meistens geteilt, und so
sehr ich mich auch bemühe, ganz bei meinem Gegenüber zu sein, gelingt es mir
doch nie vollständig. (Das wäre Noemi gegenüber vermutlich auch fahrlässig…)
Deshalb sind Treffen zu zweit, nur meine Freundin und ich, ohne Kinder, so wichtig. Dann atmet die
Freundschaft auf. Sie streckt ihre Fühler aus und nimmt plötzlich so viele
Dinge wahr. Sie ist wieder ganz Ohr, und hört sich auch mal selber zu… Für mich
sind diese seltenen Momente sehr kostbar, und ich bin Falko unendlich dankbar,
dass er sie mir immer wieder ermöglicht.
Freundinnen verdienen
Priorität
Der allerschlimmste Umzugsstress ist inzwischen vorbei und
Falko verbringt endlich auch wieder die Abende bei uns zu Hause. Da möchte ich
natürlich am allerliebsten Zeit mit meinem Mann haben – was ja auch total
legitim und wichtig ist. Trotzdem dürfen meine Freundschaften jetzt nicht
hinten runter fallen. Vielmehr möchte ich dran bleiben, in jeder Lebenslage.
Denn meine Freundinnen verdienen Priorität. Je größer meine Kinder werden, und
je länger Samuel auch mal ohne mich sein kann, desto einfacher wird es auch,
Freunden diese Priorität einzuräumen. Bei Falko und mir war der Sonntagabend
für lange Zeit fest als „Ehe-Abend“ verplant. Warum nicht auch feste „Freundinnen-Abende“
einführen?
Keine Lückenbüßer!
An dieser Stelle wird es schmerzhaft für mich. Mir wurde vor
nicht allzu langer Zeit vorgeworfen, meine Freundinnen gewissermaßen als „Lückenbüßer“
zu missbrauchen – mich nur zu melden, wenn ich Hilfe mit den Kindern bräuchte
oder Falko gerade nicht zur Stelle sei. Mich hat dieser Vorwurf ziemlich
getroffen; vermutlich weil er nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Es
stimmt: Es ist schwierig für mich, den ganzen Tag allein mit den Kindern zu
sein. Da fällt mir leicht die Decke auf den Kopf. Und dann suche ich Kontakt und
initiiere Treffen.
Das bedeutet nicht, dass meine Freundinnen mir nichts bedeuten
oder dass ich sie nur benutzen möchte, um nicht allein sein zu müssen. Ich
möchte einfach Zeit mit ihnen verbringen, und möglichst viel, das ist alles.
Wenn das anders rübergekommen ist, tut mir das sehr leid. Auch hier gelobe ich
Besserung.
Ich möchte auch etwas
geben – und das kann ich
Sehr oft habe ich das Gefühl, in meinen Beziehungen gerade
die „Bedürftige“ zu sein, diejenige, die auf der „Nehmen-Seite“ steht. Meistens
finden Treffen bei mir statt, ich nehme Babysitterdienste in Anspruch und so
weiter. Für meine Kinder bin ich rund um die Uhr da – für alle anderen scheinen
mir Zeit und Energie völlig abzugehen. Das ist ein blödes Gefühl.
Gerade merke ich aber, wie langsam wieder Kapazitäten frei
werden. Dass ich hin und wieder Gedanken habe, die nicht mit dem Umzug, der
Wohnung oder den Kindern zu tun haben. Verrückt! Und egal, wie eingeschränkt
meine Möglichkeiten gerade sein mögen – ich habe trotzdem was zu geben: Zum
einen habe ich Zeit. Wirklich sehr
viel Zeit! Es ist praktisch rund um die Uhr möglich, sich mit mir zu treffen
und Zeit mit mir zu verbringen. Zweitens habe ich zwei quirlige Kinder, die einen von Problemen und
Sorgen ablenken, zum Lachen bringen und immer wieder neue Perspektiven
aufzeigen können. Der Umgang mit Kindern kann sehr, sehr wohltuend sein!
Drittens verfügen wir neuerdings über viel Platz
und wirklich schöne Räumlichkeiten – Gäste sind uns sehr willkommen!
Ich brauche auch
Mama-Freundinnen
In gewisser Weise machen andere Mamas mir Angst. Teilweise
finde ich sie auch anstrengend und nervig. Möglicherweise liegt das daran, dass
ich so wenig Kontakt zu anderen Müttern habe. Leider – kann ich inzwischen
sagen. In meinem Freundeskreis gibt es eine einzige Mama, und es tut mir immer
wieder so gut, mit ihr zu telefonieren oder zu schreiben. Sie finde ich überhaupt nicht einschüchternd oder
nervtötend, im Gegenteil: Ich lerne so viel und werde daran erinnert, dass ich
nicht allein bin. Noemi ist offenbar doch
nicht das einzige Kind auf dem Planeten, das Schwierigkeiten hat, auf das
zu hören, was ihre Mama ihr sagt… sehr
beruhigend. Umso bedauerlicher, dass wir uns nur so selten sehen können, Sarah! Du bist eine wunderbare Mama und ein großes Vorbild für mich!
Nun ja, immerhin bin ich ja mittlerweile eine fleißige
Spielplatzgängerin, und da wird sich schon der eine oder andere Kontakt
ergeben. Und wenn Noemi in die Kita kommt, lerne ich dort bestimmt auch andere
Mütter kennen, mit denen ich mich verstehe. Vielleicht finde ich auch eine
nette Spielgruppe hier in der Nähe, die ich dann mit Sammy frequentieren kann
;)
Oh Mann, das war ein langer Eintrag… vielen Dank, wenn ihr
bis zum Schluss durchgehalten habt! Wenn ihr mögt, teilt doch hier unten eure
Gedanken zu dem Thema – bin sehr daran interessiert!
Aber jetzt wirklich: Gute Nacht *^^
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