The wound is where the light shines through.
Switchfoot
Wir haben aber diesen
Schatz in irdenen Gefäßen,
damit die
überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns.
2.Korinther 4,7
Lange Zeit waren die Morgenstunden allein mit den Kindern
für mich purer Stress. Frühstück vorbereiten, mich und die Kinder fertig machen
– darauf bestehen, dass die Große sich allein anzieht (oder es wenigstens
ernsthaft versucht), mit dem Riesenschiss in der Windel (und weit darüber
hinaus!) fertig werden, einigermaßen friedlich zusammen frühstücken, Esstisch
und Küche in den ursprünglichen Zustand zurückversetzen, dann Zähne putzen (unter
heftigstem Protest unseres Jüngsten), Jacken und Schuhe, Mützen und Schals und
Handschuhe anziehen (ebenfalls unter heftigstem Protest…) und es irgendwie ohne
Nervenzusammenbruch aus dem Haus und zur Kita schaffen – pünktlich natürlich. Jeden
Morgen das gleiche. Ich habe es wirklich gehasst und gefürchtet.
Und mich gleichzeitig gefragt, was mit mir los ist. Warum
ich mir so einen großen Druck mache: Warum muss der Tisch abgewischt sein, wenn
wir das Haus verlassen – könnte ich das nicht auch stressfreier erledigen, wenn
ich wieder zu Hause bin? Warum müssen wir auf Teufel-komm-raus pünktlich in der
Kita sein, jeden Tag? Immerhin ist das noch nicht die Schule und andere Leute
machen sich da auch keinen Stress… (Mal abgesehen davon, dass wir es doch immer
irgendwie rechtzeitig schaffen, und nicht nur gerade so. Es ist mir ein Rätsel.)
Zuerst dachte ich noch, das läge daran, dass ich leichte bis
mittlere zwanghafte Züge an mir habe, und das stimmt (leider) auch. Alles muss
nach meinen Vorstellungen laufen, ich möchte alles bis ins kleinste Detail
kontrollieren, und komme mit (meiner Meinung nach sinnlosem) Widerstand nicht
gut klar. Pünktlichkeit, Ordnung, Regeln, Sauberkeit – ja, das alles ist mir
ziemlich wichtig. Und in vielen Situationen offensichtlich zu wichtig…
Und dann hatte ich die Erkenntnis: Ich schaffe es nicht,
ruhig zu bleiben, weil mein Leben davon
abhängt, dass die Kinder spuren und wir einen guten Eindruck machen. Es
sind nicht primär Ordnung und Pünktlichkeit, die mir am Herzen liegen, sondern
vielmehr MEIN IMAGE!
Da musste ich erstmal schlucken, denn so hatte ich mich
bisher noch nicht gesehen: Als jemand, der unbedingt gut vor anderen dastehen
will.
Und doch ist es wahr:
Unsere Wohnung muss ordentlich und sauber aussehen, damit
andere das lobend bemerken und bewundern (besonders von meiner Mutter wünsche
ich mir in diesem Punkt Anerkennung, die ich aber nicht bekomme...).
Wir müssen pünktlich in der Kita sein, mit perfekt gestylten
Kindern (samt gestylter Brotbox), damit die Erzieher mich für eine tolle Mutter
halten, die alles hinkriegt und mit links managt.
Wenn ich meine Kinder anschreie, mache ich mir zuerst Gedanken:
Was werden die Nachbarn denken? anstatt mich um die verletzten Seelen meiner
Kinder zu sorgen…
Bitter!
Vor einiger Zeit hatten wir in unserer Gemeinde eine
Predigtreihe zum Thema „Antreiber“ und ich identifizierte bei mir vor allem den
Antreiber „Sei perfekt!“. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr so sicher, ob da
nicht eher ein „Zeig keine Schwäche!“-Antreiber bei mir vorliegt oder zumindest eine unheilvolle Mischung aus den beiden.
Das habe ich lange nicht bemerkt, da ich der Meinung war,
durchaus Schwäche zulassen und zugeben zu können. Auch hier auf meinem Blog
schreibe ich ja einigermaßen regelmäßig darüber.
Aber wenn ich ganz tief in mich hineinschaue und ganz
ehrlich bin, dann offenbare ich meine Schwächen doch gerne so, dass ich am Ende
irgendwie gut dabei weg komme: Ich dosiere, ich beschönige, ich lasse
schmutzige Details weg, ich gebe mich selbstreflektiert, geläutert und
lernfähig.
Mit meinem Kontrollzwang halte ich die Schwäche im Zaum –
oder versuche es zumindest. Solange es mir gelingt, die Kinder und den Haushalt
und meine Gefühle in Schach zu halten, wahre ich den schönen Schein und fühle
mich ziemlich kompetent. Leider wird meine mühsam aufgebaute Fassade allzu gern
von meinen Kindern heruntergerissen, die damit überhaupt nichts anfangen können
und sich in ihrem Handeln nicht von Überlegungen zu ihrem (oder meinem….) Image
leiten lassen. Wenn sie ihre Jacken nicht anziehen wollen, schmeißen sie sich
eben hin und brüllen und toben und lassen meine Contenance mit einem lauten
Knall zerplatzen.
Und dann lese ich (mal wieder), was Paulus so atemberaubend
schön und extrem herausfordernd in seinem zweiten Brief an die Korinther
schreibt:
„Und Er hat zu mir
gesagt:
‚Lass dir an meiner
Gnade genügen,
denn meine Kraft ist
in den Schwachen mächtig.‘
Darum will ich mich
am allerliebsten rühmen
meiner Schwachheit,
damit
die Kraft Christi bei
mir wohne.“
2.Korinther 12,9
Ja, meine Kraft ist klein.
Mein Geduldsfaden ist dünn.
Meine Ansprüche an mich selbst und meine Kinder – viel zu
hoch!
Meine Fassade: Brüchig.
Mein Selbstvertrauen: Schwankend.
Mein Nervenkostüm: Fadenscheinig.
Aber für Jesus scheint das ok zu sein.
Er weiß von meiner Schwachheit und sagt nicht das, was ich
sonst gern zu mir sage: „Reiß dich zusammen! Stell dich nicht so an! Was sollen
denn die anderen Mamas von dir denken?“
Er sagt gar nichts zu meiner Schwachheit – vielmehr spricht
er von seiner GNADE. Und die ist genug. Er spricht von seiner KRAFT, mit der er
in mir – IN MIR! – wohnt.
Es wird wohl noch ein langer Weg, bis ich das auch so
bejahen und leben kann wie Paulus. Dafür bewundere ich ihn sehr: Dass er nicht
mehr mit seiner Schwachheit haderte, dass er nicht mehr versuchte, selbst stark
zu sein! Dass es ihm egal war, was Menschen von ihm dachten oder wie er auf
andere wirkte. Dass er vielmehr seine Schwachheit dankbar annahm, um dadurch
die Kraft Gottes in und durch sich als wirksam zu erfahren.
Ich bin ein schwacher Mensch.
Ein zerbrochenes Gefäß.
Das möchte ich nicht mehr verstecken.
Vielmehr wünsche ich mir, dass durch all die Risse und Brüche und Lücken meines Lebens Gottes Licht nach außen scheint. Dass Er in mir und durch mich wirkt mit SEINER Kraft.
Ich möchte wegkommen von meiner Fixierung auf mein gutes Image und endlich aufhören darüber nachzudenken, wie ich bei anderen ankomme.
Vielmehr wünsche ich mir eine Jesus-Fixierung in meinem Leben, dass meine Gedanken und Gefühle sich auf ihn fokussieren und mehr und mehr von ihm geprägt und bestimmt werden.
Amen.
PS: Hier findet ihr das Lied Where the light shines through von Switchfoot - ein schöner Soundtrack für diesen Montag! Alles Liebe euch!
Danke für den mal wieder sehr ehrlichen Text, Rebekka! Kann ich nur zustimmen. Und ich lese zur Zeit die Geschichte von Susanna Wesley und mir stand dabei öfter mal der Mund offen, weil da so viel schief zu gehen schien. Und was kam dabei raus? Einflussreiche Söhne, die Gott gebraucht hat! Also fühl dich weiter ermutigt :) lg, Anne
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