Du bist der Armen Gut und Teil,
verlässt sie ewig nicht;
du bist die Wahrheit und das Heil,
wie es dein Wort verspricht.
Wir leben, weil du uns beschenkst,
versorgst und herzlich liebst
und unser Leben freundlich lenkst,
indem du reichlich gibst.
Charles Wesley/ Hartmut Handt
Es ist ein trügerischer Gedanke: „Wenn sich erst dies oder
das geklärt hat, wird es mir wieder gut gehen und ich kann zufrieden sein.“ Immer
wieder falle ich darauf rein, obwohl mir inzwischen klar sein müsste, dass es
so nicht funktioniert. Nein, so einfach stellen sich Sorglosigkeit und Glück
nicht ein.
Im Klartext: Falko hat einen Job, am 1. November geht’s los!
Letzte Woche kam bereits die Zusage der Firma, heute hat er sich endgültig
entschieden und wird den Vertrag unterschreiben. Gott sei Dank! Wir dürfen,
wieder einmal, in wahres Versorgungswunder erleben – nur ein Monat
Arbeitslosigkeit, keine Notwendigkeit für Hartz-VI, die Ungewissheit hat so
schnell ein Ende, und Falko wird (trotz Probezeit) zur Geburt unseres Winzlings
Urlaub nehmen können. Gott ist so gut!
Und ich bin so kleingläubig.
Hatte ich doch gemeint, „alle meine Sorgen“ auf einen Schlag
los zu sein, sobald Falko einen Arbeitsvertrag unterschrieben hat und das erste
Gehalt auf dem Konto erscheint. Bitte,
Vater, schenk Falko eine neue Stelle, damit wir die Unsicherheit los sind,
damit ich mich nicht mehr sorge. Der Anti-Sorge-Effekt der guten Nachricht wirkte etwa einen Tag, wenn überhaupt. Wir waren glücklich,
ausgelassen, gönnten uns Eis und Sachertorte in der Konditorei Reichert und
umarmten uns ständig. Was für ein wunderbarer Tag!
Die Ernüchterung setzte – jedenfalls bei mir, für Falko kann
ich nicht sprechen – jedoch ziemlich schnell ein. Neue Fragen bevölkerten
plötzlich meinen Kopf und machten sich in mir breit: Wie wird unser
Familienleben sich verändern, wenn Falko von nun an jeden Tag sehr früh raus
muss und erst am späten Nachmittag nach Hause kommt? Wie werde ich den Alltag
mit Kleinkind und Babybauch managen, wenn er mich deutlich weniger unterstützen
kann? Werden wir eine bezahlbare und gut gelegene neue Wohnung finden – und wann?
Wie sollen wir das mit der Wohnungssuche und dem Umzug schaffen, mit (dann)
zwei kleinen Kindern? Wird das Gehalt auch reichen für all die Anschaffungen,
die dann nötig sind?
Nein, die Sorge verschwindet nicht so einfach, lässt sich
nicht so leicht vertreiben. Jedenfalls nicht durch eine Veränderung der
Umstände. Sie scheint sich eher wie ein Chamäleon zu verhalten, das sich dem
jeweiligen Lebenshintergrund blitzschnell anpassen kann. Das einen mit seiner
schnellen, klebrigen Zunge einfängt, während man sich gerade noch so sicher
gefühlt hat. Oder vielleicht ist sie wie ein Kugelfisch. Beim kleinsten Anlass
kann sie sich aufblähen wie sonst was. Und wird riesengroß binnen weniger
Augenblicke. Das meiste ist dabei nur heiße Luft… Dann entspannt sich die Lage
und die Kugelsorge schrumpft auf ihre ursprüngliche Größe – natürlich nur bis
zur nächsten Veränderung der Situation. Und dann könnte man Sorgen auch noch
mit Geiern vergleichen, die ungeduldig in der Luft kreisen, bis sie endlich auf
ihr Opfer in seiner Schwachheit herniederstoßen und dieses zerfetzen…
Mit diesem Sorgen-Zoo muss ich wohl auf andere Art und Weise
umgehen lernen. Auf dieser Erde, in diesem Leben wird es immer Dinge geben, die
unklar sind, ungünstig oder schlicht und einfach schwer. Ich brauche mir nicht
länger etwas vorzumachen mit der Vorstellung, dass erst Noemis Eintritt in den
Kindergarten, mein Wiedereinstieg in den Beruf, eine neue Wohnung, ein Auto
oder endlich wieder regelmäßige Paar-Zeiten mein Leben „perfekt“ machen würden.
Jede Veränderung der Situation bringt bei allen Vorteilen auch Schwierigkeiten
und neue Fragen mit sich. Punkt.
In der Bibel werden wir ständig dazu aufgefordert, uns nicht
zu sorgen. Wir sollen – und dürfen – unserem himmlischen Vater vertrauen, der
sogar ein Auge auf die Spatzen hat und diese mit ihren täglichen Körnchen
versorgt. So weit, dass ich mich überhaupt nicht sorgen würde, bin ich
allerdings noch lange nicht. Mich spricht daher die Aufforderung sehr an, meine
Sorgen auf Jesus „zu werfen“. Das bedeutet nämlich nicht, dass ich keine Sorgen
hätte oder haben dürfte – vielmehr zeigt mir dieses Wort einen Weg aus der
Sorgenspirale. Ich muss mich nicht mit
meinen Sorgen abquälen. Ich darf sie bei Jesus abladen, immer und immer und
immer wieder. So wie ich es bei Falkos Jobsuche schon geübt habe. Jetzt kann
ich bei den Themen Wohnung, Alltagsbewältigung mit zwei Kindern und eigene
Zukunftsperspektiven einfach weitermachen. Werfen war zwar im Sportunterricht
nie meine beste Disziplin (von wegen „typisch Mädchen“…), aber Übung macht den
Meister und außerdem geht es beim Sorgenloswerden ja nicht um eine zu
bewältigende Distanz. Hauptsache ich werfe in Richtung Jesus. Ich bin sicher,
er kann ziemlich gut fangen (und kommt mir notfalls auch ein paar Schritte
entgegen).
Seit Erntedank übe ich mich auch mehr im Danken. „Danken
schützt vor Wanken“ sagt man ja auch. Und um beim Bild des Zoos zu bleiben: Alle
Dinge, für die ich von Herzen dankbar bin, sind stolze Adler, die die nervigen Sorgengeier,
die um meinen Kopf schwirren und sich anschicken dort ihre Nester zu bauen, vertreiben.
Ich möchte lernen, mich mehr über all das zu freuen, was Gott mir schenkt. Und
meinen Blick immer häufiger auf diesen reichen Gabentisch zu lenken – da liegen
so tolle Geschenke drauf: ein Mann, der mich liebt, eine fröhliche, gesunde,
hübsche Tochter, zwei Studienabschlüsse, Freunde, eine gemütliche Wohnung, eine
glückliche Kindheit und vieles mehr.
Da kann sich dann der Sorgenkugelfisch aufpusten wie er
will, das seh‘ ich dann nämlich gar nicht…
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