Mittwoch, 1. Oktober 2014

Schon mal an die Rente gedacht?



Seit heute ist Falko offiziell arbeitslos, beziehungsweise: arbeitsuchend. Das hat auch was Schönes: Als Noemi und ich vom PEKiP nach Hause kamen, war er schon da und kochte Gemüsesuppe. So ein Luxus – ich konnte mich hinsetzen und ausruhen, während das Essen „wie von selbst“ fertig wurde.
Manchmal aber wollen mich Sorgen und Zukunftsängste überwältigen, werden plötzlich monstergroß und ziemlich furchteinflößend. Generell versuche ich, derlei Gedanken nicht allzu viel Raum zu geben – denn was könnte denn schlimmstenfalls passieren? Wir werden schon nicht aus unserer Wohnung fliegen und verhungern erst recht nicht. (Vorübergehende) Arbeitslosigkeit und finanzielle Eingeschränktheit mögen unangenehm sein (erst mal keine neuen Bücher und Klamotten, kein Coffee-to-go, keine Restaurantbesuche oder Kinoabende…), sind aber zu bewältigen. Und tief in meinem Inneren bin ich außerdem davon überzeugt, dass Falko schon bald hier in Berlin eine neue Stelle antreten wird. Ja, alles wird gut. Irgendwann.

Manchmal brauche ich jemanden, der mich daran erinnert, dass mein Leben in Gottes Hand liegt. Und der mir wieder neu vor Augen führt, was für ein Leben ich eigentlich wirklich führen möchte.
Diese Person begegnete mir am Wochenende in Gestalt meines Schwagers. Also, wir sahen uns gar nicht, sprachen nicht einmal miteinander, aber mir wurde etwas über ihn erzählt. Nämlich, dass er sich bereits jetzt Gedanken um die Rente seiner Töchter macht. Die beiden sind wohlbemerkt drei und sechs Jahre alt, besuchen Kindergarten und Schule und haben hauptsächlich die eine Sorge, dass sie bis zur nächsten Reitstunde noch siebenmal schlafen müssen.
Falko und ich legen auch Geld für Noemi zurück, für ihr Studium (so sie denn studieren möchte) oder wozu sie es eben verwenden will, wenn sie 18 ist. Aber ihre Rente? Ich denke ja kaum an meine eigene (was viele Leute wahrscheinlich ziemlich unverantwortlich von mir finden), wie kann ich da an ihre denken? Was weiß denn ich, was in 65 bis 70 Jahren sein wird? Nein, darüber möchte ich mir noch gar nicht den Kopf zerbrechen, alles zu seiner Zeit. Für meinen Schwager allerdings sind das Themen, die er heute schon angeht. Geld, das er bereits jetzt investiert. Damit es seinen Kindern an nichts fehlt, auch nicht dann, wenn er selbst schon längst nicht mehr lebt. Er findet das vernünftig und verantwortungsvoll. Ich kann nicht anders, als an den reichen „Narr“ zu denken, von dem Jesus in Lukas 12 erzählt.

Für mich war das irgendwie wichtig zu hören und zu bedenken, eine gute Erinnerung daran, wie ich leben möchte – und wie nicht. Mir wurde neu bewusst, dass Geld und materielle Sicherheit nicht die Dinge sind, nach denen ich (primär und in meinen reflektierten Momenten) strebe.
Und das möchte ich auch an meine Kinder weitergeben. Denn es gibt sehr viel Wichtigeres zu vererben als Geld oder Bausparbriefe oder Immobilien. Schöne Erlebnisse, Geborgenheit, Weisheit, Gottvertrauen, Selbstständigkeit, bedingungslose Liebe… zum Beispiel. Dahinein möchte ich investieren. Und das können wir uns auch leisten in Zeiten von Arbeitslosigkeit.
Außerdem finde ich, dass Noemi ihr Leben (und damit auch ihre Finanzen) selbst in die Hand nehmen muss. Wir können nicht alles für sie vordenken und vorausplanen, wir können ihre Zukunftsängste nicht wegnehmen, sie nicht vor allen Eventualitäten beschützen. Wir können ihr das Werkzeug geben, welches sie braucht, um im Leben zu bestehen. Und sie selbst und ihre Zukunft in Gottes verantwortungsvolle Hände legen. Gott sei Dank können wir das!
Ganz besonders, weil mir klar ist, dass unseren Kindern sehr viel Schlimmeres zustoßen kann als materielle Armut. Klar, arm sein ist nicht schön und auch nicht leicht. Aber fataler fände ich einen brutalen Ehemann, unheilbares Siechtum, psychische Probleme, okkulte Verstrickungen oder ihre völlige Abwendung von Jesus.

Und ich hatte einen Gedankenblitz: Gerade erleben wir genau die Situation, die ich theoretisch erstrebenswert finde, nämlich die totale Abhängigkeit von Gott. Wir befinden uns in einer Phase voller Unsicherheiten, oft fühlen wir uns als stocherten wir mit langen Stangen im Nebel herum – wir wissen nicht, wo und wie und wovon wir in Zukunft leben werden. Aber GOTT weiß es, und das sollte mir reichen. Weil es genug ist. Weil das das Leben ist, das ich mir wünsche. Auch für die Zukunft. Natürlich möchte ich gern eine größere Wohnung (mal ehrlich, zu viert in zwei Zimmern ist es auf Dauer doch beengt....) und gegen eine Spülmaschine habe ich auch nichts mehr einzuwenden (und Falko starrte neulich mal auf eine Design-Waschmaschine für 2000Euro). Aber es geht nicht um immer mehr und immer toller. Das ist nicht unbedingt mein Verständnis von Lebensqualität. Falko sieht das glücklicherweise genauso. Uns beiden ist es wichtiger, einmal im Jahr in den Urlaub zu fahren, als ein eigenes Auto zu besitzen. Zum Beispiel.
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass Falko sein neuer Job gefällt und wir davon leben können, ungefähr so, wie wir es bisher auch konnten. Dass aber auch Zeit bleibt für uns, die Familie, unsere Freunde, die Gemeinde, für Gäste und für Menschen, die uns brauchen. Dass unser Haus (bzw. unsere Wohnung…) ein Ort ist, an dem sich Menschen wohlfühlen, an dem echte Begegnung stattfindet, an dem wir Gemeinschaft üben und leben. Dass unsere Kinder sich in Freiheit und Geborgenheit entfalten können, Jesus lieben lernen und auch ihre Mitmenschen, dass sie für ihre Überzeugungen mutig einstehen. Dass ich meine „Berufung“ finde – einen Weg, meine Gaben einzubringen und auszubauen und vielleicht sogar davon zu leben. Dass wir reisen und neue Dinge ausprobieren, immer wieder, vielleicht einmal den Schritt ins Ausland wagen, ins Ungewisse, Spannende, Verrückte. Dass unsere Liebe reift und mit uns wächst, in die Tiefe und die Breite und die Höhe, dass wir uns immer wieder neu entdecken und uns doch so sehr vertraut bleiben.
Dass wir auch in der Erkenntnis Gottes wachsen, in der Liebe zu Ihm und unseren Mitmenschen, und dass diese Liebe nicht nur ein Lippenprodukt ist, sondern tätig wird, sichtbar und erlebbar.
Das soll mein Leben sein.
Über die Rente denke ich dann später mal nach.

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