Sonntag, 10. April 2016

We are family



"Wo Gott dich hingesät hat, da sollst du blühen."


Die vergangenen beiden Tage habe ich in Kassel verbracht – auf einem „Ausflug“, wie meine Tochter sagte, oder (etwas genauer) bei der jährlichen Teamsitzung der Zeitschrift family. Ich war zum ersten Mal dabei und sehr gespannt, was mich dort erwarten würde. Um ehrlich zu sein: Vor allem die Aussicht auf eine entspannte dreistündige Zugfahrt und eineinhalb Tage ohne Kindergeschrei hatten dazu geführt, dass ich dieses Mal meine Ängste überwand und zusagte.
Dabei sorgte ich mich nicht so sehr um die Kinder – die sind bei ihrem Papa sehr gut aufgehoben! – sondern vielmehr darum, wie ich allein zurechtkommen würde. Seit Samuel auf der Welt ist, war ich noch nicht länger als ein paar Stunden von ihm getrennt und ich bin sehr selten mal ohne Falko und/oder die Kinder unterwegs.  So sehr ich mich manchmal nach Unabhängigkeit und Ruhe sehne, fürchte ich diesen Zustand aber auch, wenn er sich dann doch ankündigt. Mir ist in letzter Zeit bewusst geworden, dass ich mich stark über die Kinder und mein Mama-Sein definiere. Wenn Noemi und Samuel nicht bei mir sind, dann bin ich „nur noch“ ich, und es scheint mir, es fehle das Beste, das ich zu bieten habe. Wenn das Licht meiner Kinder nicht mehr auf  mich fällt, bin ich weniger liebenswert, weniger wertvoll. Wenn ich mich nicht mehr hinter der Klugheit meiner Tochter oder der Knuffigkeit meines Sohnes verstecken kann, fürchte ich, dass das zum Vorschein kommende Ich nichts als eine große Enttäuschung ist.
So kam mir die Einladung zur Teamsitzung gerade recht, als eine Möglichkeit, meine Komfortzone zu verlassen und „mein Gebiet“ zu erweitern. Und dieser kleine Mutanfall zahlte sich aus. Ich habe zwei wunderbare Tage verbracht, mich wirklich gut erholt und vieles mitgenommen – was ich gern mit euch teilen möchte!

Martin Gundlach, der Chefredakteur, stellte die Teamsitzung in diesem Jahr unter das Motto „Großzügig geben und mutig nehmen – Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.“ Und so teilten wir miteinander unsere persönlichen Herausforderungen, auch Zweifel, Sorgen und Freuden. Natürlich haben wir auch viel gearbeitet, die vergangenen Hefte besprochen und zukünftige Ausgaben geplant, aber besonders im Gedächtnis bleiben werden mir die herzliche Atmosphäre, der persönliche Austausch und viele kleine Ermutigungssplitter. Am Freitagabend saßen wir alle zusammen und berichteten darüber, was uns in letzter Zeit den Alltag erleichtert oder verschönert hat. Jede und jeder legte einen (symbolischen) Gegenstand auf den Tisch und erzählte etwas dazu. Schließlich lagen dort Bücher neben Antidepressiva, Diktier-Software neben einer Maske, Flyer neben einem Spielzeugpferd, und ich war beeindruckt davon, wie kreativ Gott ist, und wie gut.

Ich habe so viel aus diesen beiden Tagen mitgenommen:

„Die größten Dinge hat Gott in Höhlen getan.“
Gott hat Jesus auferweckt, der tot in einer Grabhöhle lag, und dieses größte Wunder der Menschheitsgeschichte geschah in schwarzer Dunkelheit, unbeobachtet von Menschenaugen, am absoluten Tiefpunkt. Nur, weil wir nichts sehen und (noch) nichts merken, bedeutet das nicht, dass Gott nichts tut! Und wenn ich noch weiter darüber nachdenke, fällt mir auf, dass jeder Mensch seinen Anfang in einer „Höhle“ hat, dass auch das Wunder eines Menschenlebens in Finsternis beginnt…

Wenn du einen Traum hast, wenn du etwas wirklich willst, dann lass dich nicht davon abbringen – auch nicht, wenn du zweimal runterfällst und dir dabei etwas brichst!
Es lohnt sich, wieder aufzusteigen und weiterzumachen.

„Es ist wichtiger, sich  mit dem zu beschäftigen, was hier passiert, als mit dem, was jetzt passiert.“ Diesen und noch viele andere kluge Sätze schreibt Tomas Sjödin in seinem neuen Buch Warum Ruhe unsere Rettung ist, das wir alle zum Abschied geschenkt bekamen!



Große Fragen:
Was ist Gemeinde eigentlich? Und wie sieht eine Gemeinde aus, in der Menschen ein Zuhause finden? Warum verlassen gerade so viele (?) Christen ihre Gemeinde – und wo werden sie ankommen?

Ich habe jetzt weniger Angst davor, 30 zu werden.
Die meisten der Anwesenden bei der Teamsitzung waren Frauen – und über 40 Jahre alt. Das, was ich von ihnen hörte, und das, was ich in ihnen sah, beeindruckte mich sehr und machte mir Mut. In unserer Gesellschaft gilt Jugend viel und das Älterwerden ist negativ besetzt; wir versuchen alles, um diesen Prozess irgendwie hinauszuzögern. Völlig zu Unrecht, wie ich feststellte: Ich erlebte in Kassel lauter wunderschöne, strahlende Frauen, die angekommen sind – bei Gott, bei sich selbst, im Familien- und Arbeitsleben. Frauen, die Wärme ausstrahlen und Weisheit aussprechen, die positiv, einladend und zufrieden auf mich wirken. Frauen, die ganz neue Herausforderungen und Aufgaben annehmen, die sich beruflich neu orientieren, die ihren Traum leben, die ihren Platz im Leben ausfüllen und für andere da sind. Frauen, die mir zeigen, dass da noch so viel Gutes auf mich wartet, auch und gerade jenseits der 30 und 40! Ich freue mich darauf, das alles zu entdecken.

„Wo Gott dich hingesät hat, da sollst du blühen.“
Ein kleines Kärtchen mit diesem Spruch hängt jetzt über meinem Schreibtisch – zur Erinnerung daran, dass dies der Ort ist, an dem ich aufgefordert bin, zu lieben und mein Bestes zu geben. Ich  muss mich nicht nach Größerem ausstrecken oder nach Abenteuern auf der Nachbarwiese suchen. Für den Moment ist hier mein Kanaan und mein Aufgabenfeld: Meinen Mann und meine Kinder lieben, Freundschaften und Nachbarschaften pflegen, schreiben, einen Hauskreis leiten, den Haushalt führen. Hier hat Gott mich hingesät, und hier darf ich blühen – Gott zur Ehre und meinen Mitmenschen zur Freude und Ermutigung.



Außerdem:
Zwei herrlich entspannte Zugfahrten mit Dösen, Musik hören, Lesen, Zeichnen und Aus-dem-Fenster-schauen.

Eine Übernachtung im (riesigen!) Einzelzimmer – lesen, bis mir die Augen zufallen,  morgens ganz von alleine aufwachen und das Bad mal ohne neugierige Beobachter aufsuchen …

Und vor allem: Viele wunderbare Menschen kennenlernen, zum Beispiel große Schreibvorbilder wie Bianca Bleier und Veronika Smoor (Highlight!!!) und alle anderen SchreiberInnen für die family, die ich bisher nur von den Autorenfotos kannte. Lauter herzliche, kreative, inspirierende und wache Persönlichkeiten. Wow!



Ich bin sehr dankbar.

Meine Tanks sind gut gefüllt, der Alltag kann wieder kommen.

2 Kommentare:

  1. Hi Rebekka,
    das klingt richtig gut! Toll, dass du dich überwunden hast und so viel Gutes erleben konntest :)
    Kannst du das Buch empfehlen? Hatte auch schon mit dem Gedanken gespielt es zu kaufen.
    Und noch ein kurzer Kommentar zu dem "die Frau hinter der Mutter und Ehefrau" - ich finde es so interessant die Frauen "dahinter" kennenzulernen, du musst dir mal vorstellen, dass du einen Teil von Gottes Kreativität und Herrlichkeit widerspiegelst! Das ist doch wunderschön und spannend - bitte stell das auf keinen Fall unter den Scheffel und wenn es möglich ist, nutze öfter solche Chancen wie diese :) Ich gehe diese Herausforderung (nur als Ehefrau) gerade an und bin echt dankbar dafür. lg :)

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  2. Hey Rebekka,
    das klingt nach einem tollen Wochenende! Solche Erfahrungen sind wertvoll und ich bin mir sicher auch sehr inspirierend.
    Ich mag das Zitat mit dem Blühen und hab es gleich mal gestern in einem Gespräch verwendet ;)
    Liebste Grüße

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