Ich trage jetzt einen Diamanten auf meinem Handgelenk.
”Then, the only person whose opinion counts,
looks at me and He finds me more valuable than
all the jewels in the earth.”
Timothy Keller, The Freedom of Self-Forgetfulness
Schon seit Monaten trug ich mich mit dem Gedanken an ein
Tattoo. Ich wusste von Anfang an, dass es ein Diamant sein sollte, auf meinem
rechten Handgelenk. In Jesaja 44 hatte ich gelesen: „Dieser wird sagen ‚Ich bin
des Herrn‘ und jener wird genannt werden mit dem Namen ‚Jakob‘. Und wieder ein
anderer wird in seine Hand schreiben ‚Dem Herrn eigen‘ und wird mit dem Namen ‚Israel‘
genannt werden.“ Das hat mich damals
schon total angesprochen, dieses Zeichen der Gotteszugehörigkeit in oder auf
der Hand. Es sollte die rechte Hand sein – die Hand, mit der wir schwören, mit
der Verträge besiegelt werden, die wir aufs Herz legen.
Und dann dachte ich immer wieder darüber nach und bat die
Tätowiererin, die ich kenne, um einen Entwurf, und tat dann aber nichts weiter,
weil ich eben doch Schiss hatte.
Dann, kurz vor unserem Urlaub, bekam eine enge Freundin ihr
Baby. Sie schickte mir ein Foto von sich mit ihrem neugeborenen Sohn und
schrieb, nach nur einer Nacht mit ihm sei sie so verliebt und überglücklich.
Und ich gratulierte ihr und freute mich riesig und war total aus dem Häuschen.
Zuerst. Und dann brachen die Erinnerungen an meine erste Entbindung über mich
herein – daran, dass ich direkt nach der Geburt meiner Tochter in den OP musste
und ihre erste Nacht auf dieser Welt nicht
mit ihr erleben durfte. Ich dachte an mein Gefühlschaos, an die großen,
langwierigen Probleme beim Stillen, an Hilflosigkeit, Wut und Depression. Das
alles überflutete mich mit ungeahnter Heftigkeit und ich glaubte, mir würde der
Boden unter den Füßen weggerissen. Alles kam wieder hoch und ich weinte bittere
Tränen der Reue und Scham und Angst. Das alles ist schon über drei Jahre her, ich
habe in der Zwischenzeit eine zweite, reibungslose, wunderschöne Entbindung erlebt,
und ich glaubte, das alles irgendwie hinter mir gelassen zu haben. Doch da
hatte ich mich getäuscht. Es war wirklich furchtbar. Und das Schlimmste war,
dass ich kaum noch in der Lage war, mich für meine Freundin zu freuen.
Als wir wieder zu Hause waren, nutzte ich einen kinderfreien
Vormittag, um zur Ruhe zu kommen, zu lesen, zu beten und zu schreiben. In unserem
Bücherschrank fand ich ein kleines Heft von Timothy Keller, das ich vor einiger
Zeit schon einmal gelesen hatte: The
Freedom of Self-Forgetfulness.
Keller beschreibt darin sehr treffend, was ich gerade
erlebte: Ich muss alles und jedes auf
mich beziehen, weil ich in meinem aufgeblasenen, verletzten, schmerzenden Ego gefangen
bin. Ich bin nicht frei zur Liebe, ich bin nicht frei zum Dienst für andere,
ich bin nicht frei zur selbstlosen Freude. Ständig bin ich damit beschäftigt,
vor anderen gut dazustehen, andere zu beeindrucken oder zu übertreffen. Und vor
allem bin ich dauernd mit mir selbst beschäftigt, ich drehe mich um mich selbst
und mir ist schon ganz schlecht davon. Letztlich verhalte ich mich so, als
müsste ich mir selbst und der ganzen Welt beweisen, dass ich etwas wert bin.
Ganz anders der Apostel Paulus. In 1. Korinther 4,3 schreibt
er: „Allerdings hat es für mich keinerlei Bedeutung, welches Urteil ihr über
mich fällt oder ob sonst irgendeine menschliche Instanz über mich zu Gericht
selbst. Nicht einmal ich selbst maße mir ein Urteil über mich an. Ich wüsste zwar
nicht, dass ich mir etwas hätte zuschulden kommen lassen, aber damit bin ich
noch nicht gerechtfertigt. Entscheidend ist das Urteil, das der Herr über mich
spricht.“ Paulus hat die gute Nachricht von Jesus wirklich verstanden: Wir
müssen uns unseren Wert nicht verdienen. Wir müssen uns auch nicht mehr länger
so verhalten, als würden wir permanent vor Gericht stehen.
Jesus hat das alles für uns erledigt. Er stand vor Gericht,
er wurde verurteilt, er wurde hingerichtet.
Für uns. Und wir sind jetzt frei. Absolut frei!
In Römer 8 formuliert Paulus es noch einmal ganz
eindrücklich – ich bekomme jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich das lese:
„So gibt es nun
keine Verdammnis
für die, die
in Christus Jesus
sind.
Wer will die
Auserwählten Gottes beschuldigen?
Gott ist hier,
der gerecht macht!
Wer will verdammen?
Jesus Christus ist hier,
der gestorben ist,
ja, vielmehr, der
auch auferweckt ist,
der zur Rechten
Gottes sitzt
und uns vertritt.“
Wenn ich glaube und annehme, dass Jesus am Kreuz für mich
starb, dann sieht Gott mich so an, wie er Jesus ansieht – er rechnet mir Seine
Sündlosigkeit an als wäre es meine eigene! Und dann sagt er zu mir, was er
einmal zu Jesus gesagt hat: „Du bist mein geliebtes Kind. An dir habe ich
Wohlgefallen.“
Als ich das las, brach ich in Tränen aus.
Danach hatte ich mich die ganze Zeit gesehnt! Nach einem
Freispruch und nach dem Zuspruch von Liebe und Wohlgefallen. Eine große Last
fiel von mir ab.
Und dann las ich weiter: Für Gott (und er ist der einzige,
dessen Meinung zählt) bin ich wertvoller als alle Diamanten dieser Welt. In dem Augenblick entschied ich mich, mir das Tattoo, von
dem ich geträumt hatte, tatsächlich stechen zu lassen. Um mich immer daran zu
erinnern: Ich bin geliebt. Ich bin
wertvoll. Ich bin frei. Ich setzte mich an den Schreibtisch und zeichnete einen
eigenen Entwurf – einen Diamanten mit einem Kreuz in der Mitte, denn Jesus ist
die Mitte. Ohne ihn wäre ich nichts, nur durch ihn bin ich wirklich frei.
Am Tag danach saß ich im Tättowierstudio die Straße runter
und spürte tausend Nadelstiche auf meiner Haut. Es war nicht so schmerzhaft,
wie ich es mir vorgestellt hatte. Und zwischendrin dachte ich, dass diese
Schmerzen sowieso nichts seien im
Vergleich zu dem, was Jesus für mich gelitten hat.
Das ist nun knapp zwei Wochen her und ich habe mich noch
nicht ganz an den neuen Anblick meines Handgelenks gewöhnt. Immer wieder
sprechen mich Leute darauf an, die es zum ersten Mal sehen, immer wieder
wundere ich mich selbst über mich, erschrecke fast – ich bin jetzt tätowiert! Wie
krass ist das denn! Aber dann breitet sich wieder Frieden in meinem Herzen aus:
Ich bin geliebt, ich bin wertvoll, ich
bin frei. Kostbarer als alle Diamanten der Welt. Das kann mir niemand mehr
nehmen.
Ich möchte lernen, mehr und mehr aus dieser Gewissheit zu
leben.
Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis ich meine
schwierige – traumatische – erste Entbindung und die Zeit danach verarbeitet
haben werde. Aber die Selbstvorwürfe dürfen ein Ende haben, ich muss mich nicht mehr länger selbst anklagen.
Auch daran erinnert mich mein Diamant am Handgelenk, viele Male jeden Tag.
Ich finde es toll, dass du dich dazu durchgerungen hast und jetzt immer wieder an diese Wahrheit erinnert wirst! Sieht richtig schön aus, by the way. Ich liebe solche minimalistischen, feinen Tattoomotive. Vor Kurzem habe ich mir ans Handgelenk eine Laterne gemalt, um zu sehen, ob das was wäre ... Da bin ich aber noch Schisser :D LG!
AntwortenLöschenDanke dir! So ein Tattoo ist tatsächlich eine gute Erinnerungshilfe und ich freu mich täglich daran.
LöschenGanz liebe Grüße an dich - und ich hoffe sehr, dass dein Mann den Job bekommt!!!
Danke :-) Bleibt spannend!
LöschenDu tolle, mutige Frau. Der Diamant ist wunderschön. Ich wünsche dir, dass Gott durch dein Tattoo immer wieder zu dir spricht. Danke, dass du uns davon erzählt hast. Liebe Grüße Annika
AntwortenLöschenDanke dir, du Liebe!
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