Manchmal fallen in einer Predigt Sätze, die noch eine ganze
Weile in mir nachhallen. Am letzten Sonntag, am ersten Advent, war es mal
wieder soweit. Es ging um Zacharias, den Hohepriester, dem ein Engel die Geburt
seines Sohnes ankündigt, was er jedoch aufgrund seines hohen Alters nicht
glauben kann und deshalb seine Fähigkeit zu sprechen einbüßt. Der Satz, der bei
mir hängenblieb, war vielmehr eine Frage, und bezog sich eher auf einen Nebenaspekt
der Geschichte – Zacharias und seine Frau Elisabeth führten nämlich „ein Leben,
das dem Herrn gefiel“. Daraus folgerte unser Pastor die Frage für uns: „Feiern wir den Advent so, wie er Gott
gefällt?“ Wir hatten ein paar Minuten, um darüber nachzudenken, aber ich
war viel zu müde dafür. Also nahm ich die Frage mit nach Hause, und seitdem
beschäftigt sie mich.
Ein Advent, wie er Gott gefällt – wie sähe das aus?
Gerade heute bin ich wohl total weit davon entfernt. Es war mal wieder ein Chaostag, so wie gestern auch schon, der damit
begann, dass Noemi sich weder wickeln noch anziehen lassen wollte, bockte und
schrie, und ich die Nerven verlor. Der gesamte Morgen war eine einzige
Hetzerei: Noemis Adventskalender blieb (vorerst) ungeöffnet, weil ich weder
Zeit noch Lust hatte, sie mit einem Geschenk zu beglücken, dann „schnell“ die
Kinder anziehen und sieben Stockwerke runter, trip-trap, trip-trap, das eine
Kind an der Hand, das andere (scheinbar schwerere) unterm Arm (ich habe die Stufen
noch nicht gezählt, aber laut meinen Berechnungen sind es ungefähr 120. Wir
sind in der dritten Woche und ein Ende ist nicht in Sicht), den Kinderwagen aus
dem Keller hieven und zwei Häuser weiter klingeln – dort lebt ein Mädchen,
dessen Mama hochschwanger ist, und so nehme ich das Kind eben mit zur Kita. Als
meine Tochter endlich in ihrem Gruppenraum verschwunden ist, fliehe ich aus der
Kita und heule mich nach Hause.
Und so ging der Tag weiter – zuerst verschüttete ich nur ein
Wasserglas, dann den frisch aufgebrühten Kaffee (ihr müsst wissen, dass wir
keine Kaffeemaschine besitzen, und ich mir den Kaffee von Hand durch einen Filter
aufgieße – jedenfalls fiel die Tasse um, und heißes Wasser samt Kaffeesatz
ergoss sich auf den Boden und überallhin…), außerdem stieß ich mir sämtliche
Körperteile an sämtlichen Möbelstücken, meine Tochter verweigerte
jegliche Kooperation und mein Sohn kommentierte das alles mit seinem
ohrenbetäubenden Gekreische. Advent, Advent, meine Birne brennt! Heute Abend
wollten wir dann zum ersten Mal in diesem Jahr Advent feiern, mit „Macht hoch
die Tür“, Adventskalendergeschichte, Kerzenlicht und Gebet, aber auch diese
schöne Familienzeit wurde durch das Gezicke unserer Großen leicht… unfeierlich. Plätzchen haben wir auch noch keine gebacken und irgendwie fehlt mir total der Antrieb...
Wie verbringe ich denn nun einen Advent, der Gott gefällt? So jedenfalls nicht…
Aber dann fällt mein Blick auf den „anderen Advent“, einen
Adventskalender mit Bildern und Texten, den uns meine Tante Lilo auch dieses
Jahr wieder zugeschickt hat. Da steht für heute ein Vers aus dem
Lukas-Evangelium (17,21): „Siehe, das
Reich Gottes ist mitten unter euch.“
Wow, was für eine Aussage! Das Reich Gottes ist hier – mitten im Chaos, mittendrin in meinem Alltag, auch an den verkorksten
Tagen. Genau daran erinnern wir uns ja besonders in der Weihnachtszeit: Gott
wurde in diese Welt hineingeboren – in diese Welt, so wie sie ist, mit ihrem
Schmutz und Hunger und Leid und Schmerz. Jesus war und ist sich nicht zu schade
für meinen Alltag und für all das, was bei mir schief läuft. Er liebt mich, und
er teilt […hier setze ich alles ein, was mich belastet…] mit mir.
Ich glaube, das ist ein Advent, wie er Gott gefällt: Wenn
ich ihn mit ihm zusammen verbringe.
Wenn ich mich daran erinnere, dass Er bei mir ist und mich versteht, dass Er
mich durchtragen und befähigen möchte, dass Er mir vergibt und mich immer
wieder annimmt, dass ich ja gar nicht allein bin, sondern im WIR leben darf,
mit ihm. (Und das unterscheidet den Advent dann überhaupt nicht vom Rest des
Jahres; das gilt ja immer!) Ein Leben (im Advent und auch sonst), das Gott
gefällt, ist eines, das sich um IHN dreht, das von ihm ausgeht und bei ihm
ankommt, immer wieder.
Ein Advent, wie er Gott gefällt – denke ich weiter darüber
nach, kommen mir noch mehr Gedanken:
Wenn wir anderen
Menschen dienen und ihnen eine Freude machen – das gefällt Gott!
Mein Mann zum Beispiel freut sich sehr über seinen
Adventskalender, den ich (mit toller Unterstützung durch eine liebe Freundin)
aus Milchtüten für ihn gebastelt habe. Aber auch wenn ich einer hochschwangeren
Frau den Kita-Gang abnehmen kann oder einer älteren Nachbarin morgens die Zeitung
mitbringe, sind das kleine Adventmomente, die Gott ehren.
Und oft genug bin ich selbst die Beschenkte: Heute Nachmittag
brachte mir Elly einen wunderschönen, selbst gestalteten Adventskalender vorbei!
Für mich war das wie der Besuch eines Engels! (Auf dem Heimweg von der Kita
sprachen Noemi und ich über Engel, und ich erklärte ihr, dass es auch Engel
ohne Flügel gibt…)
Falkos Adventskalender 2015 |
Der wunderschöne Adventskalender, den Elly für mich gemacht hat! |
Wenn wir Gemeinschaft
miteinander haben – das gefällt Gott!
Meine Tochter und ich – wir haben es gerade nicht so leicht
miteinander. Trotzdem hatten wir heute eine wunderschöne Dreiviertelstunde zu
zweit, während Samuel schlief und Falko noch auf dem Nachhauseweg war: Aus
Masking Tape klebten wir einen Weihnachtsbaum im Kinderzimmer. Wir „bastelten“
in Ruhe und Frieden miteinander, und all der Stress des Tages war vergessen.
Unser Masking-Tape-Christbaum |
Der Adventsweg - ein Licht leuchtet schon! |
Wenn wir unser
Zuhause öffnen –das gefällt Gott!
Die Gemeinschaft, zu der Jesus uns ruft, beschränkt sich
nicht auf unsere Familie: Dieses Jahr an Heiligabend werden wir mit Freunden
feiern und ihnen Familie sein. Wir denken darüber nach, wie wir unser Zuhause
immer mehr für andere öffnen können, vielleicht auch für Flüchtlinge. Jetzt,
bei diesen Temperaturen soll kein Mensch draußen übernachten müssen.
Wenn wir unser Licht
leuchten lassen – das gefällt Gott!
Als ich am späten Nachmittag für ein paar Besorgungen das
Haus verließ, war die Sonne bereits untergegangen, der Himmel pechschwarz – trotzdem
war es nicht wirklich dunkel. So viele Menschen haben ihre Fenster mit Lichtern
geschmückt, Kerzen und Lampen brennen in den Häusern und Gärten – das liebe ich
so an der „dunklen“ Jahreszeit: Dass wir jetzt unsere Lichter extra hell
leuchten lassen, dass wir das Licht gerade jetzt so schätzen und lieben.
Und so zünde ich eine Kerze an, schenke ein Lächeln oder
eine helfende Hand, und es wird ein bisschen heller in der finsteren Zeit.
„Das Volk, das im
Finstern wandelt,
sieht ein großes
Licht,
und über denen, die
da wohnen im finstern Lande,
scheint es hell.
Denn uns ist ein Kind
geboren,
ein Sohn ist uns
gegeben,
und die Herrschaft
ruht auf seiner Schulter;
und er heißt
Wunder-Rat, Gott-Held,
Ewig-Vater,
Friede-Fürst.“
(Jesaja 9,1+5)
Liebe Rebekka,
AntwortenLöschenein sehr schöner und ehrlicher Text ! Sehr ermutigend und inspirierend.
Danke dafür.
Liebe Grüße Rebecca
Danke dir für deine ermutigenden Zeilen, liebe Rebecca! Eine wunderschöne, gesegnete Rest-Adventszeit wünsche ich dir!
LöschenLiebe Rebekka, eine superschöne Idee als "Adventskalender" finde ich den Lichtweg zur Krippe! Und superschön sind auch deine Gedanken - wie immer :) Ich muss das später nochmal in Ruhe durchlesen, wenn ich nicht im Unistress bin :)
AntwortenLöschenLove, Anni
Liebe Anni, ich wünsche dir für den Bachelor-Endspurt alles Gute und eine von besinnlichen, hellen Momenten durchwirkte Rest-Adventszeit! Bald ist Weihnachten! :)
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