Dienstag, 1. Dezember 2015

Advent, wie er Gott gefällt?




Manchmal fallen in einer Predigt Sätze, die noch eine ganze Weile in mir nachhallen. Am letzten Sonntag, am ersten Advent, war es mal wieder soweit. Es ging um Zacharias, den Hohepriester, dem ein Engel die Geburt seines Sohnes ankündigt, was er jedoch aufgrund seines hohen Alters nicht glauben kann und deshalb seine Fähigkeit zu sprechen einbüßt. Der Satz, der bei mir hängenblieb, war vielmehr eine Frage, und bezog sich eher auf einen Nebenaspekt der Geschichte – Zacharias und seine Frau Elisabeth führten nämlich „ein Leben, das dem Herrn gefiel“. Daraus folgerte unser Pastor die Frage für uns: „Feiern wir den Advent so, wie er Gott gefällt?“ Wir hatten ein paar Minuten, um darüber nachzudenken, aber ich war viel zu müde dafür. Also nahm ich die Frage mit nach Hause, und seitdem beschäftigt sie mich.

Ein Advent, wie er Gott gefällt – wie sähe das aus?
Gerade heute bin ich wohl total weit davon entfernt. Es war mal wieder ein Chaostag, so wie gestern auch schon, der damit begann, dass Noemi sich weder wickeln noch anziehen lassen wollte, bockte und schrie, und ich die Nerven verlor. Der gesamte Morgen war eine einzige Hetzerei: Noemis Adventskalender blieb (vorerst) ungeöffnet, weil ich weder Zeit noch Lust hatte, sie mit einem Geschenk zu beglücken, dann „schnell“ die Kinder anziehen und sieben Stockwerke runter, trip-trap, trip-trap, das eine Kind an der Hand, das andere (scheinbar schwerere) unterm Arm (ich habe die Stufen noch nicht gezählt, aber laut meinen Berechnungen sind es ungefähr 120. Wir sind in der dritten Woche und ein Ende ist nicht in Sicht), den Kinderwagen aus dem Keller hieven und zwei Häuser weiter klingeln – dort lebt ein Mädchen, dessen Mama hochschwanger ist, und so nehme ich das Kind eben mit zur Kita. Als meine Tochter endlich in ihrem Gruppenraum verschwunden ist, fliehe ich aus der Kita und heule mich nach Hause.
Und so ging der Tag weiter – zuerst verschüttete ich nur ein Wasserglas, dann den frisch aufgebrühten Kaffee (ihr müsst wissen, dass wir keine Kaffeemaschine besitzen, und ich mir den Kaffee von Hand durch einen Filter aufgieße – jedenfalls fiel die Tasse um, und heißes Wasser samt Kaffeesatz ergoss sich auf den Boden und überallhin…), außerdem stieß ich mir sämtliche Körperteile an sämtlichen Möbelstücken, meine Tochter verweigerte jegliche Kooperation und mein Sohn kommentierte das alles mit seinem ohrenbetäubenden Gekreische. Advent, Advent, meine Birne brennt! Heute Abend wollten wir dann zum ersten Mal in diesem Jahr Advent feiern, mit „Macht hoch die Tür“, Adventskalendergeschichte, Kerzenlicht und Gebet, aber auch diese schöne Familienzeit wurde durch das Gezicke unserer Großen leicht… unfeierlich. Plätzchen haben wir auch noch keine gebacken und irgendwie fehlt mir total der Antrieb...

Wie verbringe ich denn nun einen Advent, der Gott gefällt? So jedenfalls nicht…

Aber dann fällt mein Blick auf den „anderen Advent“, einen Adventskalender mit Bildern und Texten, den uns meine Tante Lilo auch dieses Jahr wieder zugeschickt hat. Da steht für heute ein Vers aus dem Lukas-Evangelium (17,21): „Siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“
Wow, was für eine Aussage! Das Reich Gottes ist hier – mitten im Chaos, mittendrin in meinem Alltag, auch an den verkorksten Tagen. Genau daran erinnern wir uns ja besonders in der Weihnachtszeit: Gott wurde in diese Welt hineingeboren – in diese Welt, so wie sie ist, mit ihrem Schmutz und Hunger und Leid und Schmerz. Jesus war und ist sich nicht zu schade für meinen Alltag und für all das, was bei mir schief läuft. Er liebt mich, und er teilt […hier setze ich alles ein, was mich belastet…] mit mir.

Ich glaube, das ist ein Advent, wie er Gott gefällt: Wenn ich ihn mit ihm zusammen verbringe. Wenn ich mich daran erinnere, dass Er bei mir ist und mich versteht, dass Er mich durchtragen und befähigen möchte, dass Er mir vergibt und mich immer wieder annimmt, dass ich ja gar nicht allein bin, sondern im WIR leben darf, mit ihm. (Und das unterscheidet den Advent dann überhaupt nicht vom Rest des Jahres; das gilt ja immer!) Ein Leben (im Advent und auch sonst), das Gott gefällt, ist eines, das sich um IHN dreht, das von ihm ausgeht und bei ihm ankommt, immer wieder.

Ein Advent, wie er Gott gefällt – denke ich weiter darüber nach, kommen mir noch mehr Gedanken:

Wenn wir anderen Menschen dienen und ihnen eine Freude machendas gefällt Gott!
Mein Mann zum Beispiel freut sich sehr über seinen Adventskalender, den ich (mit toller Unterstützung durch eine liebe Freundin) aus Milchtüten für ihn gebastelt habe. Aber auch wenn ich einer hochschwangeren Frau den Kita-Gang abnehmen kann oder einer älteren Nachbarin morgens die Zeitung mitbringe, sind das kleine Adventmomente, die Gott ehren.
Und oft genug bin ich selbst die Beschenkte: Heute Nachmittag brachte mir Elly einen wunderschönen, selbst gestalteten Adventskalender vorbei! Für mich war das wie der Besuch eines Engels! (Auf dem Heimweg von der Kita sprachen Noemi und ich über Engel, und ich erklärte ihr, dass es auch Engel ohne Flügel gibt…)

Falkos Adventskalender 2015
Der wunderschöne Adventskalender, den Elly für mich gemacht hat!

Wenn wir Gemeinschaft miteinander haben – das gefällt Gott!
Meine Tochter und ich – wir haben es gerade nicht so leicht miteinander. Trotzdem hatten wir heute eine wunderschöne Dreiviertelstunde zu zweit, während Samuel schlief und Falko noch auf dem Nachhauseweg war: Aus Masking Tape klebten wir einen Weihnachtsbaum im Kinderzimmer. Wir „bastelten“ in Ruhe und Frieden miteinander, und all der Stress des Tages war vergessen.

Unser Masking-Tape-Christbaum
Der Adventsweg - ein Licht leuchtet schon!

Wenn wir unser Zuhause öffnen –das gefällt Gott!
Die Gemeinschaft, zu der Jesus uns ruft, beschränkt sich nicht auf unsere Familie: Dieses Jahr an Heiligabend werden wir mit Freunden feiern und ihnen Familie sein. Wir denken darüber nach, wie wir unser Zuhause immer mehr für andere öffnen können, vielleicht auch für Flüchtlinge. Jetzt, bei diesen Temperaturen soll kein Mensch draußen übernachten müssen.

Wenn wir unser Licht leuchten lassen – das gefällt Gott!
Als ich am späten Nachmittag für ein paar Besorgungen das Haus verließ, war die Sonne bereits untergegangen, der Himmel pechschwarz – trotzdem war es nicht wirklich dunkel. So viele Menschen haben ihre Fenster mit Lichtern geschmückt, Kerzen und Lampen brennen in den Häusern und Gärten – das liebe ich so an der „dunklen“ Jahreszeit: Dass wir jetzt unsere Lichter extra hell leuchten lassen, dass wir das Licht gerade jetzt so schätzen und lieben.
Und so zünde ich eine Kerze an, schenke ein Lächeln oder eine helfende Hand, und es wird ein bisschen heller in der finsteren Zeit.


„Das Volk, das im Finstern wandelt,
sieht ein großes Licht,
und über denen, die da wohnen im finstern Lande,
scheint es hell.
Denn uns ist ein Kind geboren,
ein Sohn ist uns gegeben,
und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter;
und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held,
Ewig-Vater, Friede-Fürst.“

(Jesaja 9,1+5)




4 Kommentare:

  1. Liebe Rebekka,
    ein sehr schöner und ehrlicher Text ! Sehr ermutigend und inspirierend.
    Danke dafür.
    Liebe Grüße Rebecca

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke dir für deine ermutigenden Zeilen, liebe Rebecca! Eine wunderschöne, gesegnete Rest-Adventszeit wünsche ich dir!

      Löschen
  2. Liebe Rebekka, eine superschöne Idee als "Adventskalender" finde ich den Lichtweg zur Krippe! Und superschön sind auch deine Gedanken - wie immer :) Ich muss das später nochmal in Ruhe durchlesen, wenn ich nicht im Unistress bin :)
    Love, Anni

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Anni, ich wünsche dir für den Bachelor-Endspurt alles Gute und eine von besinnlichen, hellen Momenten durchwirkte Rest-Adventszeit! Bald ist Weihnachten! :)

      Löschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.