Donnerstag, 12. Januar 2017

Lektion Loslassen


It is well 
with my soul.




Unser Leben wie es gerade ist, ist sehr gut – ich bin dankbar für unsere Familie, für die Kinder, für Freundschaften, für viel Zeit miteinander. Eigentlich läuft alles perfekt. Und doch gibt es da einen Herzenswunsch, eine Sehnsucht, die ich manchmal sogar als eine gewisse Leere empfinde, inmitten all der Fülle, in der ich lebe.
Manchmal wollen wir etwas so sehr, dass dieser Gedanke alles andere in den Hintergrund drängt, dass sich vieles nur noch um dieses eine Thema dreht und wir uns unglücklich fühlen, obwohl es doch so viele Gründe zum Danken gibt. In meinem Fall ist es die Sehnsucht nach einem dritten Kind, bei anderen mag es der Wunsch nach einem eigenen Haus sein, nach einem anderen Job, oder was auch immer. Es ist ein sensibles Thema, und keines, über das ich gern spreche, aber ich glaube, dass es sich trotzdem lohnt – einfach weil die Problematik viele betrifft, in welcher Form und Dimension auch immer, und weil es hier Raum zum Wachsen gibt. Für mich ist das Loslassen dieses Herzenswunsches aktuell die größte Herausforderung, und ein Weg, damit umzugehen, ist das Schreiben.

Es ist wirklich komisch, eigentlich, denn zweimal wurde ich ganz schnell und ziemlich ungeplant schwanger. Wir hatten uns über „Familienplanung“ keine allzu großen Gedanken gemacht, was wahrscheinlich auch das Beste war – denn zur Zeit erlebe ich ja (mal wieder), wie das bei mir läuft, wenn ich mich in etwas hineinsteigere… Dass wir ein drittes Kind wollen, stand für uns nach Samuels Geburt grundsätzlich fest, aber mit zwei Kleinkindern waren wir ausgelastet und glücklich und mir stand nicht der Sinn nach einer weiteren Schwangerschaft.
Das hat sich mittlerweile geändert. Unser „Kleiner“ wird nächste Woche zwei Jahre alt, er geht halbtags in die Kita und ist ein selbstbewusster, kleiner Kerl, der überhaupt nichts mehr von einem Baby hat (abgesehen von seinen babyspeckigen Händen und Füßen, die liebe ich!). Parallel zu seiner Eingewöhnung in der Kita begann ich, Folsäuretabletten einzunehmen. Vorsorglich.
Und nun warte ich.
Mir ist klar, dass vier Zyklen gar nichts sind.
Und doch hätte ich jedes Mal heulen können, als ich wieder meine Tage bekam.
Es ist verrückt, wie sehr ich mich in den Wunsch nach einer Schwangerschaft hineinsteigern, wie ich meinem Körper Schwangerschaftssymptome anhängen kann!

Als meine Periode vor ein paar Tagen wieder einsetzte, war ich total fertig. Zwei Tage lang hatten meine Gedanken sich nur darum gedreht, ob ich vielleicht doch schwanger sein könnte…
Bin ich nicht.
Und dann beschloss ich: Jetzt ist Schluss! So kann das nicht weitergehen, so will ich das nicht. Ich will nicht, dass jede Ankündigung eines neuen Erdenbürgers, jeder Anblick eines Babybauchs mir einen Stich versetzt.


Ich muss loslassen.


Mir ist klar, dass sich das hier für manche von euch komisch anhören muss – was für „Probleme“ ich hier konstruiere, schließlich habe ich ja schon zwei Kinder, hatte bisher keine Schwierigkeiten beim schwanger werden und keine Ahnung davon, wie es wirklich ist, wenn es nicht klappt. Wenn man es jahrelang versucht. Oder wenn man ein Baby verliert.
Das stimmt.
Doch ich glaube, dass ich gerade eine Ahnung davon bekomme, wie verzweifelt und schmerzhaft ein Kinderwunsch (oder auch ein sonstiger Wunsch!) sein kann. Ich konnte das bisher nur sehr begrenzt nachvollziehen, nun mache ich – zumindest emotional – eine ähnliche Erfahrung.

Das, was ich gerade lerne, und wie ich versuche, damit umzugehen, ist (so hoffe ich jedenfalls) trotzdem hilfreich – denn das Loslassen müssen wir wohl alle üben...

5x Loslassen

Ich gebe meinen Wunsch an Jesus ab, wieder und wieder und wieder
Wir haben es alle schon so oft gehört und manchmal mögen wir es nicht mehr hören, aber es steckt für mich doch viel Trost darin: Jesus weiß, was gut für uns ist und er kennt den richtigen Zeitpunkt.
Daran halte ich mich fest. Dass er alles richtig machen wird – so oder so.
Im Gebet sage ich ihm, dass ich ihm vertrauen möchte und dass es ok für mich ist, so wie er es für richtig hält. Vielleicht bleiben wir zu viert. Das ist gut. Vielleicht bekommen wir schon bald noch ein Kind. Vielleicht dauert es noch ein paar Monate oder sogar Jahre. Das ist auch gut.
Und Er weiß, warum.


Ich bleibe mit meinem Herzenswunsch nicht allein
Dass wir ein drittes Kind möchten, haben wir auf Nachfrage hin durchaus positiv beantwortet, jedoch eher vage, und wir haben nicht unbedingt von selbst das Thema angesprochen. Dass wir inzwischen wirklich „bereit“ sind und es uns wünschen, haben wir niemandem erzählt.
Und das ist auch sicher ok so, es ist eine sehr persönliche Angelegenheit, die ja niemanden außer uns etwas angeht (und ich mag es nicht, wenn Menschen mich darauf ansprechen, die mir nicht besonders nahestehen). Mir hat es aber geholfen, mich einer Freundin gegenüber zu öffnen und ihr zu berichten, was gerade bei mir passiert. Es tat mir gut, dass sie mich so gut verstand!
Für mich war es das richtige, nicht länger damit allein zu bleiben, sondern mir jemanden zu suchen, der ein Stückchen dieser Last mit mir trägt – jemanden, der für mich betet, der mir zuhört, der mich beruhigt.
Und auch hier, in aller Öffentlichkeit, darüber zu schreiben, fühlt sich richtig an. 


Ich drücke meinen Wunsch kreativ aus, schreibend und malend
Das ist generell meine Art, mit den Dingen umzugehen, die mich beschäftigen. Ich muss sie rauslassen, irgendwie. Da tut es mir gut, meine Gefühle dem Tagebuch anzuvertrauen, einfach drauf loszuschreiben, ohne Punkt und Komma. Mit dem Stift herauszuschreien, was mich belastet. Papier ist sehr geduldig! Und als ich Anfang der Woche meine erste Wanderlust-„Aufgabe“ erfüllte und mein Art-Statement des Jahres gestaltete (für mich ganz neu, als Collage mit Acrylhintergrund), konnte ich auch hier meinen Herzenswunsch ausdrücken und mich einmal anders damit beschäftigen. Ich glaube, das hilft.



Ich schaffe Platz für anderes in meinem Leben – und lebe weiter
Da ich derzeit noch zu Hause bin, meine Kinder aber halbtags zur Kita gehen, empfinde ich manchmal einen gewissen Druck. Druck, mir entweder einen Job zu suchen oder wenigstens noch ein Kind zu bekommen. Manchmal habe ich das Gefühl, in einer Warteschleife festzuhängen. Warten auf Godot. Warten auf etwas, das ich nicht in der Hand habe, das ich nicht „machen“ kann – etwas, das vielleicht gar nicht passieren wird.
So kann ich nicht leben, das macht mich wahnsinnig!
Deshalb suche ich mir etwas, das mich ausfüllt und meinem Leben jetzt und hier einen (zusätzlichen) Sinn gibt. Momentan ist das meine Kreativität. Für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, mich künstlerisch stärker zu betätigen und mich weiterzuentwickeln, mich vorzubereiten auf eine mögliche Selbstständigkeit z.B. als Illustratorin. Das fordert mich heraus und tut mir gerade sehr gut.
Und gemeinsam mit meinem Mann habe ich beschlossen, unser Leben nicht auf „den Fall der Fälle“ auszurichten. Wir planen unser Jahr, unseren Urlaub und alles andere unserer jetzigen Familiensituation entsprechend. Wir versuchen, nicht an das zu denken, was vielleicht eintreten könnte, und leben „ganz normal“ weiter.
Gar nicht so einfach!


Ich gehe achtsam und dankbar durch den Alltag
Dankbarkeit ist für mich der Anker in stürmischen Zeiten. Dankbarkeit hält mich fest, wenn meine Gefühle hohe Wellen schlagen. Wenn ich mich in Tagträumen über das Ach-wie-wäre-das-schön verliere, holt die Dankbarkeit mich ins Hier und Jetzt zurück.
Unser Leben ist gut. Uns fehlt nichts. Wie es ist, ist es sehr gut. Es ist genug.
Ich bin dankbar für die ruhigen Abende und die durchgeschlafenen Nächte. Dankbar für all die Freiheiten, die ich gerade wieder genießen darf. Dankbar für meine kleinen „großen“ Kinder! Diese beiden sind unendlich kostbare Schätze, und jedes für sich ist genug.
Ich versuche, meine Gedanken immer wieder einzufangen und in den Augenblick zu holen, damit ich das Jetzt und Hier mit meinen Kindern nicht verpasse. Ich genieße meine Große und meinen Kleinen und unser Zusammensein. So wie es ist, ist es gut.
Das sage ich mir selbst wieder und wieder, erinnere mich daran, dass es wahr ist. Dann breitet sich Frieden in mir aus, immer wieder, für einen Moment. Und das ist genug.


Was auch immer das Jahr für uns bringt – oder was es uns nicht bringt: Ich habe es nicht in der Hand.
Um das Gute zu empfangen, muss ich meine Hände immer erst öffnen und alles loslassen.
Solange ich mich krampfhaft an einer Vorstellung festhalte, bin ich nicht bereit für das, was Gott mir schenken möchte.
Meine Wünsche, Träume, Hoffnungen, Pläne – zuallererst Gott hinhalten und loslassen.
Ich bin nicht gut darin. Ich bin ein Kontroll-Freak.
Aber ich übe.
Mache kleine Schritte.
Kleine Trippelschritte mit meinem großen Gott.



PS: Ich weiß, dass einige von euch Leserinnen mich persönlich kennen - Hallo und schön, dass ihr da seid! 
So, jetzt wisst ihr Bescheid, und das ist gut so. 
Wenn es Neuigkeiten gibt, werdet ihr es zu gegebener Zeit erfahren. 
Bitte fragt nicht nach - wie gesagt, ihr werdet es dann schon erfahren. 
Und wenn nicht, dann nicht.
Danke!



2 Kommentare:

  1. Du Liebe,

    ich mag dir mal wieder nur einen kleinen Gruß dalassen und dir sagen, dass es bei uns ganz ähnlich war. Bis ich mit unserem dritten Kind schwanger wurde, dauerte es auch über ein halbes Jahr (was ja für andere nicht mal lang ist) und ich bin in dieser Zeit auch ein ganzes Stück näher zu Gott gerückt (gefühlt). Die Lektion, die wichtigsten Dinge im Leben wirklich nicht in der Hand zu haben, war unheimlich wichtig für mich.

    Ich wünsch dir von Herzen das allerbeste, was bereit steht (und das wirst du bekommen, s. Römer 8,28). Ich fühle mit dir!

    Liebe Grüße
    Friederike

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    1. Danke dir, liebe Friederike, du ermutigst mich sehr!
      Ich habe auch gerade das Gefühl, dass das eine wichtige Lektion für mich ist...
      Ganz liebe Grüße zurück!

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