Es war eine schlechte Nacht. Mit einem Kind, das ständig
aufwachte und trinken wollte, dann eine gefühlte Ewigkeit lang weinte und nicht
zur Ruhe kam, das mich am Morgen erschöpft und genervt erwachen ließ. Während
Falko aufstand und ins Bad ging, schließlich auch Noemi wickelte und anzog,
blieb ich im Bett liegen und hatte so gar keine Kraft aufzustehen. Was soll das für ein Tag werden?
Montage sind noch nie meine Lieblingstage gewesen (wer
könnte das schon von sich behaupten), und dieser Montag ist mir besonders
verleidet, weil mein Mann heute, nach zwei Wochen wunderschöner Familienzeit, wieder zur Arbeit geht. Und mich zu Hause „allein“
zurücklässt. So müde und erschöpft ich bin. Mit einem quengeligen, sich im
Anfangsstadium des Zahnens befindlichen Baby. Was soll das für ein Tag werden?
Ich bin in dieses neue Jahr mit einem ganzen Bündel guter
Vorsätze gestartet, die ich aber sicherheitshalber weder explizit als „Vorsätze“
formuliert noch irgendwo notiert habe. Man könnte sie in etwa so
zusammenfassen: „Alles soll anders werden. Und zwar besser.“ Die erste Woche
habe ich ganz gut geschafft. Ich habe weder exzessiv Schokolade in mich
reingestopft noch sinnlos im Internet gesurft. Ich habe viel gelesen und meinen
Blog vorbildlich gepflegt, ausgewogen gekocht und schöne Spaziergänge gemacht,
besondere Zeit mit meinen Lieben verbracht. Die erste Woche war so einfach,
weil sie unter einem positiven Vorzeichen stand: Falko war zu Hause und wir
konnten die Tage gemeinsam gestalten. Es gab für mich also keinen Grund für
exzessiven Schokoladenkonsum… Die wirkliche Herausforderung beginnt heute. (Und
zu allem Überfluss bin ich bis zum Auftauchen des Hermes-Boten, der mein
schweres Bücherpaket abholen wird, ans Haus gefesselt. Naja, gerade sieht es
draußen ohnehin eher ungemütlich aus.)
Als ich heute Morgen dösend im Bett lag, musste ich eine
Entscheidung treffen: Was wollte ich mit dieser Handvoll Tag anfangen? Ich
könnte aufgrund der miesen Nacht und allgemein schlechten Voraussetzungen in
Selbstmitleid zerfließen (meine normale Reaktion auf die Widrigkeiten des
Lebens) und in Folge in alte, destruktive Muster zurückfallen (Stichwort:
Schokoladenexzesse). Oder ich würde versuchen, diesen Tag als das anzusehen,
was er ist: Eine neue Schöpfung Gottes, ein einmaliges Geschenk, vollgestopft
mit guten Möglichkeiten. Klingt irgendwie besser. Ich habe mich für die zweite
Variante entschieden und mich bisher (es ist noch nicht Mittag…) auch ganz tapfer
geschlagen – obwohl Noemi heute echt nicht gut drauf ist.
Falko hat mir neulich, nachdem meine frohen Erwartungen über
ein Wiedersehen mit lieben Leuten enttäuscht worden waren, erörtert, warum ich seiner
Meinung nach so oft enttäuscht werde. Er sagte (so ungefähr): „Du stellst dir
immer vor, wie gut du dich fühlen
wirst, wenn erst dies oder das eintritt. Aber du denkst nicht darüber nach, was
du genau tun, wie du dich verhalten
wirst, um dieses gute Gefühl zu bekommen.“ Da steckt viel Weisheit drin. Deshalb
scheitern meine „Vorsätze“ auch meistens, verlaufen nach einigen Rückschlägen
im Sand. Weil ich mir vornehme, mich besser zu fühlen, anstatt konkret zu überlegen,
wie ich mich verhalten muss, um mich besser fühlen zu können. Ich will mein
Leben verändern, alles soll anders, besser werden. JA – und wie? Was macht
einen Tag für mich zu einem guten
Tag? Hier eine kleine Zutatenliste:
Quality Time mit meiner Tochter: Wir verbringen eigentlich den
ganzen Tag miteinander, Noemi und ich. Natürlich habe ich auch mal andere Dinge
zu erledigen und kann nicht ununterbrochen mit ihr spielen. Aber ich möchte mir
bewusst Zeit nehmen für sie, und z.B. das Wickeln nicht einfach abhandeln,
sondern zelebrieren. Und sie, wenn sie an der Brust eingeschlafen ist, nicht sofort
weglegen, um ganz viele superwichtige Dinge zu erledigen, sondern uns beiden
Schmusezeit gönnen.
Quality Time mit Falko – und möglichst noch mit einer anderen
Person pro Tag: Richtig echte Paarzeit ist rar im Moment, klar. Aber die
Zeit, die wir zu zweit haben, genießen wir auch. Wir waren seit Noemis Geburt abends
mal essen und auch schon einmal im Kino. Wunderbar! (Babysitter, welcome!)
Und weil der Mensch nicht dazu gemacht ist, allein zu sein,
versuche ich möglichst jeden Tag eine Verabredung zu arrangieren. Die
Gemeinschaft mit meiner Schwester oder Freundinnen ist mir unendlich kostbar
und ich bin total dankbar dafür!
Quality Time mit Gott: Meinen Papa im Himmel vernachlässige ich
zur Zeit am meisten. Mit Abstand. Ich erlebe ihn im Alltag, immer wieder, schicke
so viele Stoßgebete an ihn wie selten in meinem Leben, denke an ihn, danke ihm.
Aber mir Zeit zum Bibellesen, bewusst Hören auf und Reden mit ihm nehme ich mir
viel zu selten. Da muss ich noch einen Modus finden, der in mein Leben mit Baby
passt. Ich frag Ihn einfach mal, ob er eine Idee hat…
Frische Luft, Bewegung und vernünftige Ernährung: Mindestens
einmal am Tag raus an die „frische“ Großstadtluft, das brauchen wir beide,
Noemi und ich. Wenn es mir schwer fällt, weil das Wetter nicht so toll ist oder
ich einen Gesprächspartner vermisse, hat sich mein MP3-Player bewährt. Ich muss
mir unbedingt ein neues Hörbuch in der Stadtbücherei ausleihen!
Morgen gehe ich zum letzten Mal zur Rückbildung. Und dann will
ich mir einen neuen Kurs für einmal in der Woche suchen, mit Begleitung zur
Motivation. Ein bisschen Bewegung tut so gut!
Apropos Schokolade – ich fühle mich einfach besser, wenn ich
nicht so viel davon zu mir nehme. Wenn ich sie genieße, statt zu essen. Und
ein Wochenplan muss her, auf dem lauter leckere Mittagessen verzeichnet sind. Für
heute steht Spaghetti Bolognese drauf. Und für Noemi Kürbisbrei.
Lesen, Schreiben,
Kreativ-sein: Ich will meine Zeit nicht mehr mit sinnlosem
Im-Internet-Surfen und, seien wir ehrlich, total bescheuerten Serien
verschwenden. Stattdessen möchte ich die Interessen und Gaben nutzen, die Gott
mir geschenkt hat.
Eine gute Tat: Auch
wenn ich kein Pfadfinder bin, halte ich den Grundsatz „Jeden Tag eine gute Tat“
für sehr sinnvoll. In den letzten Monaten habe ich mich zu viel um mich selbst
gedreht, und habe die Augen vor den Bedürfnissen, Wünschen und Nöten meiner
Mitmenschen verschlossen. Dabei habe ich doch Zeit, mich auch ein bisschen um
andere zu kümmern. Ein Anruf hier, ein Brief da – so viel ist immer drin.
Mindestens.
Ich warte immer noch auf Hermes. Ja, auch auf den Paketmenschen.
Aber vor allem auf einen Gottesboten, der mir heute ein Stück Gegenwart Gottes
bringt, ein bisschen Freude, ein bisschen Licht, Gemeinschaft und Liebe. Was
dieser Tag noch bringen mag – ich bin gespannt!
Und am Ende war der Paketmensch dann doch eine Frau. 20kg Buch die 4 Stockwerke tragen - tapfer. Man darf einfach nicht so schnell schlapp machen. Oder lieber mal so richtig Pause machen und dann mit neuer Kraft ans Werk. Am besten genießen kann, wer hart arbeitet.
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