Wir standen an der Straße und warteten auf den Bus, Samuel
und ich. Mein Sohn lag im Kinderwagen und war so unendlich süß, gluckste,
lachte und himmelte mich an, als sei ich eine strahlend schöne Königin, der
wundervollste Mensch auf der Welt (okay, für
ihn bin ich das wohl tatsächlich…). Währenddessen versank ich, anstatt mich
meinem Kind zu widmen, mit meinen Gedanken mal wieder tief und tiefer im „Ich-bin-so-hässlich-und-fett“-Sumpf.
Mit diesem Gefühl war ich heute schon aufgewacht, und endlich fand ich Zeit,
mich den Komplexen hemmungslos hinzugeben… bis mir irgendwann bewusst wurde,
was gerade passierte. Samuel tat gerade alles, um mir ein Lächeln abzuringen,
er versuchte wirklich, mich glücklich zu machen, aber ich reagierte überhaupt
nicht darauf. Ich war mal wieder in mir selbst gefangen. Ja, Egoismus ist ein
Gefängnis. Selbstmitleid auch.
Als mir mein altbekanntes Muster schließlich bewusst wurde,
ging ich in Phase 2 über und überlegte, was ich tun könnte, um aus dem
Gefühlssumpf herauszukommen. Mir fiel das Buch zur Selbstführung von Thomas
Härry ein, das ich gerade lese. Er schreibt, dass Selbstführung vor allem
bedeutet, die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen – Verantwortung für
meine Gefühle, für meinen Umgang mit Schwierigkeiten, für meine Entwicklung. In
diesem Moment an der Bushaltestelle wurde mir klar, dass ich nicht so bleiben
möchte, wie ich bin. Ich möchte nicht in Selbstmitleid, in Komplexen und in
meiner Selbstfixierung steckenbleiben. Ich weiß, dass ich die Verantwortung
dafür habe, wenn sich etwas ich mich ändern soll.
So zählte ich Dinge auf, die ich an mir schön finde: Meine
Augen. Meinen Mund. Meine Arme. Meine Finger. Ich versuchte, mich daran zu
erinnern, wie Gott mich sieht. Sagte mir selbst, dass ich wunderbar gemacht
bin. Es gibt da dieses tolle Kinderlied („Gott hat alles gemacht, wunderbar
ausgedacht… Er hat mich auch gemacht, hat dabei auch gelacht…“), das spielte
ich kurz im Kopf ab. Es wurde etwas besser. Ich schaute mein Kind an mit seinem
unendlich charmanten zahnlosen Grinsen und ließ mich berühren von seinem
liebevollen Blick.
Wenn es mir nicht gut geht, tendiere ich dazu, Süßigkeiten
zu essen. Eine ganze Tafel Schokolade oder so. Ich habe aber auch bemerkt, dass
ich das tue, wenn ich tatsächlich hungrig bin. Also versuchte ich, heute mal
bewusst auf mich zu achten. Wie würde ich mit einer lieben Freundin umgehen,
wenn sie hungrig, müde und traurig bei mir zu Hause ankäme? Ich würde sie kaum
herumscheuchen, runtermachen und bis zur Übelkeitsgrenze mit Schokolade
vollstopfen… Also setzte ich mich zu Hause erst einmal hin, ließ die Einkäufe
stehen, und gönnte mir eine Handvoll Heidelbeeren mit Joghurt. Am Nachmittag
legte ich eine kreative Pause ein und
klebte Fotos von der Einweihungsparty in unser Familienbuch.
Und dann tat ich endlich das, was der Heilige Geist mir
schon seit längerer Zeit „verschrieben“ hatte: Ich holte meine neue
Studienbibel mit breitem Schreibrand aus dem Regal, legte Stifte, Stempel und
Masking Tape (ich liebe das Zeug!) bereit, schlug den Epheserbrief auf und
legte los – Bible Art Journaling, mein allererster Versuch:
Für heute nahm ich mir das erste Kapitel vor und las die
Verse laut vor. Für mich entfaltet Gottes Wort seine Wirkung auf besondere
Weise, wenn ich es laut lese, ganz besonders in der englischen Sprache. In der
English Standard Version klang der mir eigentlich recht vertraute Text
aufregend neu. Schon beim ersten Lesen fiel mir auf, wie häufig in den ersten
14 Versen von Gottes Willen die Rede ist. Ich markierte alle entsprechenden Formulierungen: the will of God, he chose us, predestined, according to the purpose of
his will, the mystery of his will, his purpose, a plan for the fullness of
time, predestined according to the purpose of him, the counsel of his will.
Das hatte ich zuvor noch nie bemerkt: Noch bevor Gott diese Erde schuf,
hatte er schon einen genauen Plan – einen guten Plan, in dem sogar ich vorkam und alle anderen Menschen,
die Jesus nachfolgen. Gottes Willen sah von Anfang an Gutes für mich vor:
“He chose
us in him before the foundation of the world, that we should be holy and
blameless before him. In love he predestined us for adoption as sons [and daughters]
through Jesus Christ”
Wir dürfen Gottes Kinder sein. Er hält ein reiches Erbe für
uns bereit, zu dem wir im Heiligen Geist schon jetzt und hier Zugang haben.
Mir wurde heute zum ersten Mal bewusst, dass in Gottes „Es
werde…!“ am ersten Schöpfungstag bereits sein ganzer Heilsplan für uns
enthalten war. Nichts und niemand konnte Gottes Schöpfungswirken verhindern –
er sprach es aus, und es war da. Ebenso wenig kann Gottes Heilsplan vereitelt
oder verhindert werden. Alles ist genau so gekommen, wie er es wollte. Alles
wird so enden – und weitergehen! – wie er es sich in seiner Weisheit und Liebe
zu uns Menschen ausgedacht hat. Der Schöpfer des Universums, der gleichzeitig mein Vater ist (!), hält alles in seiner Hand. Schon vor Beginn des Anfangs…
Weiter geht es mit Paulus‘ Gebet für die Epheser. Er bittet an
ihrer Stelle für „erleuchtete Augen des Herzens“:
„… having
the eyes of your hearts enlightened, that you may know what is the hope to
which he has called you, what are the riches of his glorious inheritance in the
saints, and what is the immeasurable greatness of his power toward us who
believe, according to the working of his great might that he worked in Christ
when he raised him from the dead”
Während ich diese Passage las, sah ich mich selbst wieder an
der Bushaltestelle stehen. Da waren meine Augen des Herzens verfinstert
gewesen, verkniffen und verklebt und allein auf mich selbst und meine
(vermeintlichen) Mängel gerichtet – anstatt meinen Blick auf Jesus zu richten
und auf das, was ich in ihm habe, was in ihm zu finden ist. Oh, ich brauche
diesen Perspektivwechsel so sehr, für meine Augen, für mein Herz!
„IN CHRIST“ – das ist schließlich das Fundament für meine
Collage und für alles andere. Jesu Tod am Kreuz und seine Auferstehung (das leere
Grab) sind die Grundlage dafür, dass Veränderung möglich ist. Denn Jesus hat
alles schon für uns getan. Die Voraussetzungen hat Er für mich erfüllt. Das ist
Liebe. Das ist Gnade.
Oh wie schön!
AntwortenLöschenIch will das auch mit dem Bible Art Journaling ausprobieren!
Vielen Dank für den ehrlichen und ermutigenden Blogeintrag!
Glg Lena
Ein tolles Biblejournaling! Das habe ich Anfang des Jahres auch für mich entdeckt es ist wirklich super und geht mir so ans Herz <3 :)
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