Montag, 8. Oktober 2018

Fülle



Mein Leben ist gerade so voll!
Als ich die Kinder zum Kindergarten gebracht hatte, warf ich schnell eine Ladung Wäsche in die Maschine, aß ein Croissant zum Frühstück (während ich die Texte der heutigen Bibellese las) und radelte dann los zur Grundschule, um unsere Tochter dort für das nächste Schuljahr anzumelden.
Zurück zu Hause führte ich ein Telefonat mit der Druckerei, bei der Anne und ich unsere 365-Tage-Kalender (!) drucken lassen möchten, und informierte sie anschließend über den Stand der Dinge.
Jetzt piepte die Waschmaschine und ich konnte die Wäsche aufhängen. Schnell noch einen Instagram-Beitrag (samt Story) posten und an den Computer: mit dem Layouten des 365-Tage-Kalenders beginnen.
Den Ofenkürbis mit Feta schob ich zwischendurch in den Ofen; nachdem ich meine Portion verdrückt hatte, ging es weiter mit dem Layout.
Gerade rechtzeitig kam ich am Kindergarten an, um die Kinder abzuholen. Heute gingen wir nicht allein nach Hause, sondern nahmen uns Besuch mit - eine Kindergartenfreundin mit ihrer Mama. Diese begleite ich nun schon seit mehreren Jahren durch teilweise sehr schwere Zeiten. Gerade in den letzten Wochen habe ich verstärkt für sie gebetet und nun öffnet sie sich mehr und mehr für Jesus, möchte sogar am Sonntag mit uns den Gottesdienst besuchen!
Wir Mamas saßen auf der Couch, tranken Kaffee und redeten über alles mögliche, während die Kinder im Kinderzimmer spielten. Als sie sich verabschiedeten, setzte ich mich wieder an den Computer, um noch weiter zu arbeiten. Irgendwann kam mein Mann nach Hause, wir aßen zu Abend, hatten zum ersten Mal an diesem Tag richtige "Familienzeit".
Jetzt sind die Kinder im Bett - ich habe Nachrichten an verschiedene Freundinnen und an meine Familie geschrieben, und dann war da noch dieser Blog-Post, der unbedingt raus wollte...

Ein voller Tag! Und der morgige wird nicht viel anders aussehen...
Die Kinder, der Haushalt, unsere Ehe, Freundschaften, die Gemeinde, Beziehungen im Kindergarten und in der Nachbarschaft - all das habe ich in den letzten Jahren zu jonglieren gelernt.
Seit ein paar Monaten bin ich aber auch noch eine "working mom", eine kleine Unternehmerin, die ihr Business zum Laufen bringen will.
Das hat meinen Alltag ziemlich radikal umgekrempelt.

Und ich muss zugeben, dass ich daran zu knapsen habe.

Ich bringe meine Kinder jetzt früher zur Kita, damit ich mehr produktive Stunden für mein Business nutzen kann. Das gemeinsame Frühstück fällt dadurch weg.
Der Haushalt leidet - Priorität haben einfach andere Aufgaben.
Spontan mal unter der Woche eine Freundin zum Frühstück treffen? - nicht mehr ohne weiteres möglich.
Am Abend entspannt mit dem Mann auf der Couch sitzen und einen Film schauen - da gibt es so oft noch ein oder zwei Punkte auf der To-Do-Liste, die ich abarbeiten muss möchte.

Und wenn ich dann endlich - viel zu spät und todmüde - im Bett liege, kommen meine Gedanken nicht zur Ruhe.


Ich dachte, dass es mich glücklicher machen würde, meinen Traum zu verwirklichen und das zu tun, was ich schon so lange tun möchte.
Aber das ist nur die eine Seite der Medaille.
Ich bin, wie ich schon einmal geschrieben habe, eine ziemlich "extreme" Person: Wenn ich etwas tue und davon wirklich begeistert bin, dann will ich mich voll und ganz darauf konzentrieren. Dann ziehe ich das durch und ordne alles andere diesem Projekt unter. Dann werde ich zum Arbeitstier!
So geht es mir mit meinem Shop: Ich bin Feuer und Flamme für mein kleines Business und würde am liebsten alle 24 Stunden des Tages in den Shop investieren. Alle anderen Tätigkeiten und Aktivitäten stören mich da nur...

Nun besteht mein Leben aber nicht nur aus meiner neuen Selbstständigkeit.
Kinder, Haushalt, Ehe, Freundschaften, Gemeinde, Beziehungen im Kindergarten und in der Nachbarschaft sind auch noch da, wollen auch noch was von mir!

Es gibt Momente, da bin ich überhaupt nicht glücklich. Da bin ich einfach nur müde und überfordert und genervt von allem. Da möchte ich mein "einfaches" Leben zurück - die Zeiten, in denen ich dreimal die Woche frühstücken gehen konnte, in denen die Wohnung glänzte, in denen ich mich nach einem Nachmittag auf dem Spielplatz wie eine Übermutter fühlte und am Abend mit meinem Mann auf dem Balkon ein Glas Vinho Verde schlürfte...

Als ich wieder einmal auf dem Weg zur Kita war, auf dem letzten Drücker wie irgendwie immer in letzter Zeit, und meine Gedanken rasten und die To-Do-Liste in meinem Kopf immer länger wurde, da ploppte auf einmal ein ganz anderer Satz auf:

"Du hast in deinem Leben gerade eine wunderbare Fülle!"

Und plötzlich bemerkte ich, wie herrlich blau der Himmel strahlte und dass meine Füße über einen gelben Blätterteppich schritten, dass in meiner Jackentasche eine glatte Kastanie steckte und wie zärtlich warm die Sonne mein Gesicht streichelte...
Was für ein wunderbarer Tag! Was für ein wunderbares Leben! Was für eine Fülle!

Dass ich das alles habe:
einen Mann
zwei Kinder
ein Zuhause
Klamotten zum wechseln
lauter Bekannte, die mich unterwegs in ein Gespräch verwickeln
Freundschaften
eine Gemeinde und einen Hauskreis
Kaffee-Dates am Nachmittag
diesen Blog
mein kleines Business
tausendundeine Idee in meinem Kopf
wunderschöne Projekte für den Shop
einen interessanten Fußweg zum Kindergarten (wenn ich eine Erleuchtung habe, dann sehr oft genau auf diesem Weg!)
Menschen, für die ich da sein kann
ein Auge für Schönheit
meinen Körper und ein Fahrrad
...

und meinen Gott, der mich immer wieder daran erinnert!


Dieser Satz, dieser Moment war ein Wendepunkt für mich.
Ein Perspektivwechsel.
Aus einem überforderten "Mir ist alles zu viel"
wurde ein dankbares "Ich habe ja so viel!"

Nicht alles wird dadurch einfacher und die Herausforderungen bleiben dieselben - aber mein Herz ist leichter seitdem. Ich empfinde weniger Druck.
Und wenn der Stresspegel steigt, erinnere ich mich selbst daran: "Was für eine wunderbare Fülle!"

Ich möchte diese Fülle leben.

Wenn ich gerade am Computer sitze und arbeite und mein kleiner Sohn kommt herein, um mir sein neustes Bauwerk zu zeigen - das ist Fülle.
Wenn ich nach einem vollen Tag noch einen Blog-Post schreiben kann - das ist Fülle.
Wenn das Nudelwasser kocht und im gleichen Augenblick die Waschmaschine piept und eine neue Bestellung reinkommt - das ist Fülle.
Wenn ich mich auf dem Weg zur Kita verspäte, weil ich mich mit einer Nachbarin verquatsche - Fülle.
Wenn ich abends nicht schlafen kann, weil mein Gehirn vor Ideen überquillt - Fülle!

So möchte ich meinen Alltag sehen: durch die rosarote Brille der Dankbarkeit.

Ich bin dankbar für dieses prallgefüllte Leben.
Es ist gut.
So viel mehr als ich erbeten habe.
So viel mehr als ich verdiene.
Es ist alles Gnade,
alles Geschenk.

Alles.












3 Kommentare:

  1. Diese Gedanken finde ich gerade sehr wertvoll! In letzter Zeit leide ich auch gerade etwas an dem "zu viel", und ich möchte auch versuchen es als "Ich habe so viel" zu sehen, das hilft bestimmt. Liebe Grüsse Andrea

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    1. Liebe Andrea, danke für deinen Kommentar! Und ich wünsche dir, dass dir dieser Perspektivwechsel immer mehr gelingt und dir Frieden in der Fülle schenkt!

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  2. Liebe Rebekka! Deine Gedanken sprechen mich gerade sehr an. Ich habe auch ein kleines Business und zur Zeit jede Menge Anfragen. Immer wieder gerne meldet sich auch das schlechte Gewissen, denn irgendetwas leidet immer (Haushalt, Kinder, Ehe, das Geschäft, oder ich)... Danke für diesen Perspektivenwechsel, den brauche ich immer wieder. Denn es ist wirklich eine Fülle und ich bin sehr dankbar dafür. Ich möchte darin einfach auch immer wachsam bleiben: Wieviel ist genug? - Herzliche Grüsse und alles Liebe! Sonja

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