Die Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe,
hinterließen bei mir keine bleibenden Spuren – deshalb habe ich in der
Kategorie Bücherliebe schon länger
keinen Eintrag mehr verfasst.
Aber vielleicht sucht die eine oder der andere von euch noch
Ferienlektüre, und deshalb stelle ich euch hier fünf meiner Lieblingsbücher vor
– zwei davon habe ich zusammen mit meinem Mann gelesen und er war hellauf
begeistert!
Reise im Mondlicht von Antal Szerb
(Ungarische Originalausgabe: Utas és holdvilág, von Szerb Antal, 1937)
„In der Eisenbahn ging
noch alles gut. Es begann in Venedig, mit den Gäßchen.“
Dieser Roman ist sozusagen der literarische Soundtrack
unserer Abschlussfahrt mit dem Kunst-LK nach Italien. Ich weiß zwar nicht mehr,
welche meiner Mitschülerinnen das Buch überhaupt mitgebracht hatte, aber wir
lasen es zu dritt und waren total gefangen von der Geschichte und der
meisterhaften Sprache. Meistens las ich vor und die anderen hörten mir zu. Und
unsere ungarische Freundin half uns, die Namen richtig auszusprechen.
Reise im Mondlicht
beginnt mit einer Hochzeitsreise nach Italien. Der 36-jährige Mihály [das l wird nicht gesprochen] möchte seine
unkonventionelle Jugend endlich hinter sich lassen und „seriös“ werden; für
dieses Vorhaben scheint seine junge Ehefrau Erzsi die Richtige zu sein. Doch
als die beiden in Italien ankommen, begegnet Mihály ausgerechnet einem seiner
Jugendfreunde. Die Geister seiner Vergangenheit lassen ihn nicht los. So
„verliert“ er seine Frau an einem kleinen Bahnhof und reist allein weiter, um
die Geheimnisse seiner Jugend zu lüften und Frieden zu finden, natürlich geht
es dabei auch um eine Frau, seine allererste: Éva…
Antal Szerbs Roman ist ein wunderbares Buch mit einem ganz
besonderen Zauber, den man erlebt haben muss. Reise im Mondlicht habe ich schon mehrere Male gelesen, besonders
wegen seines eleganten und dabei witzigen Stils – und ich kann es einfach nur
empfehlen.
Die No. 1 Ladies‘
Detective Agency von Alexander McCall Smith
(1998; Auf Deutsch: Ein Krokodil für Mma Ramotswe)
“Mma Ramotswe had a detective agency in Africa,
at the foot of Kgale Hill. These were its assets: a tiny white van, two desks,
two chairs, a telephone, and an old typewriter. Then there was a teapot, in
which Mma Ramotswe – the only lady private detective in Botswana – brewed
redbush tea. And three mugs – one for herself, one for her secretary, and one
for the client. What else does a detective agency really need? Detective
agencies rely on human intuition and intelligence, both of which Mma Ramotswe
had in abundance. No inventory would ever include those, of course.”
Vor ein paar Jahren schenkte mir einer meiner Cousins einen
Band aus der Mma-Ramotswe-Reihe zum Geburtstag und schon nach den ersten Seiten
war ich vom Botswana-Fieber gepackt. Inzwischen gibt es zehn oder elf Bände
(oder vielleicht noch mehr) über die erste und einzige Privatdetektivin
Botswanas, auch in deutscher Übersetzung. Es ist eine leichte, warmherzige und
witzige Lektüre über eine wahre Menschenkennerin, ihren Verlobten (und späteren
Ehemann) Mr. J.L.B. Matekoni, die beiden Adoptivkinder, ihre Sekretärin Mma
Makutsi und ihre Klienten. Die Fälle, die an Precious Ramotswe herangetragen
werden, sind nicht besonders spektakulär, aber ihre Art und Weise diese zu
lösen, ist einzigartig und wunderbar. Ganz nebenbei lernt man auch noch
Botswana kennen, dieses unbekannte südafrikanische Land – und das ganz ohne zu
verreisen!
Wenn man ein Buch fürs Herz sucht, das einen zum Schmunzeln
bringt, ist man mit einem Band über die No. 1 Ladies‘ Detective Agency gut
beraten.
Jeder stirbt für sich allein von Hans Fallada
(1946)
„Die Briefträgerin Eva
Kluge steigt langsam die Stufen im Treppenhaus Jablonskistraße 55 hoch. Sie ist
nicht etwa deshalb so langsam, weil sie ihr Bestellgang so sehr ermüdet hat,
sondern weil einer jener Briefe in ihrer Tasche steckt, die abzugeben sie
hasst, und jetzt gleich, zwei Treppen höher, muss sie ihn bei Quangels
abgeben.“
Hans Falladas großartigen Roman, den er in nur wenigen
Wochen niederschrieb, haben Falko und ich gemeinsam gelesen, und er hat uns
beide tief berührt. Die Handlung beruht auf historischen Tatsachen: Ein
unscheinbares Berliner Ehepaar wagte einen mutigen und zugleich sinnlosen
Aufstand gegen das NS-Regime, an das sie nach dem Tod ihres einzigen Sohnes im
Krieg nicht mehr glauben konnten. Sie schrieben Postkarten mit
Anti-Kriegs-Parolen und legten sie in Berliner Hausfluren aus. 1943 wurden sie
dafür hingerichtet.
Es ist ein trauriges und schweres Buch – auf der einen
Seite. Fallada selbst schreibt im Vorwort: „Mancher Leser wird finden, dass in
diesem Buche reichlich viel gequält und gestorben wird.“ Auf der anderen Seite
beschreibt der Autor seine Figuren, die Postkartenschreiber Anna und Otto
Quangel und ihren Gegenspieler Kommissar Escherich sowie alle anderen, so
schonungslos, mit viel trockenem Humor, dass die Thematik niemals erdrückend
wirkt.
Wir haben uns natürlich oft gefragt: „Was hätten wir getan?“
– und so fordert uns Jeder stirbt für
sich allein dazu auf, uns damit auseinanderzusetzen, wie wir den
Missständen unserer Zeit begegnen.
The Tiger’s Wife von Téa Obreht
(2011, Auf Deutsch: Die Tigerfrau)
„In my earliest memory, my grandfather is bald
as a stone and he takes me to see the tigers.”
Die Autorin Téa Obreht, übrigens nur wenig älter als ich (grummel…), entführt uns in den Balkan,
noch gezeichnet von den Wirren und Wunden des Krieges. Als die junge Ärztin
Natalia erfährt, dass ihr Großvater unter ungeklärten Umständen irgendwo weit
von Zuhause verstorben ist, begibt sie sich auf Spurensuche. Mit Hilfe der
Erzählungen ihres Großvaters kommt sie seinem letzten Ziel Stück für Stück
näher: Offensichtlich suchte er den „unsterblichen“ Mann, der ihm während
seines Wirkens als Arztes immer und immer wieder begegnete und dem es einfach
nicht möglich war, zu sterben. Natalia gerät an die Grenze des Erklärbaren,
taucht ein in den Aberglauben und die Mythologie ihrer Heimat, nicht zuletzt in
der Geschichte um die junge Frau, die die Frau des Tigers gewesen sein soll…
The Tiger’s Wife
ist (in meiner Lese-Erfahrung jedenfalls) kein ganz unkompliziertes Buch. Die
unterschiedlichen Stränge der Geschichte müssen sorgfältig in der Hand gehalten
werden, um sie nicht zu verlieren. Wenn einem das gelingt, lohnt sich die
Lektüre auf jeden Fall. Besonders deshalb, weil der Roman uns in eine Welt
befördert, die eigentlich vor unserer Haustür liegt und uns doch so fremd
erscheint.
Stadt der Diebe von David Benioff
(2008, In
der Originalausgabe: City of Thieves)
“Mein Großvater, der
Messerstecher, tötete zwei Deutsche, bevor er achtzehn war. Ich erinnere mich
nicht, dass es mir jemand erzählt hätte – ich schien es einfach schon immer zu
wissen, so wie ich wusste, dass die Yankees bei Heimspielen Nadelstreifen
trugen und auswärts Grau. Aber ich wusste es nicht von Geburt an. Wer erzählte
es mir?“
Sorry - noch ein Buch, das zur Zeit des Zweiten Weltkrieges
spielt. Aber: Es ist vollkommen anders. Es ist eine echte Abenteuergeschichte.
Stadt der Diebe
spielt in Leningrad, während der deutschen Belagerung der Stadt. Es ist
bitterkalt. Es gibt kaum etwas zu essen. Dann fällt ein Deutscher vom Himmel.
Als der junge Lew dessen Leiche nach etwas Essbarem durchsucht, wird er
verhaftet. Der Tod ist ihm sicher – doch dann erhalten er und der vermeintliche
Deserteur Kolja eine eigentlich unlösbare Aufgabe: Sie sollen für die Hochzeit
der Tochter des Oberst zwölf Eier besorgen, und damit ihr eigenes Leben retten.
So beginnt ein verrücktes Abenteuer, total spannend und dabei noch witzig. Dass
das Ende der Geschichte absehbar ist, tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.
Auch dieser Roman ist für Männer geeignet – meinem
Lieblingsmann jedenfalls hat er sehr gut gefallen.
Dies sind meine Lektüre-Tipps für den Sommer – viel Spaß
dabei und liebe Grüße!
PS: Wenn euch vor kurzem ein tolles Buch über den Weg
gelaufen ist, teilt doch die Lese-Erfahrung mit mir. Ich bin immer auf der
Suche nach Lesefutter!
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