Donnerstag, 16. Juli 2015

Die Unendlichkeit des Vormittags



Die schönen Zeiten, in denen ich morgens noch in Ruhe aufstehen, mich fertig machen und das Frühstück vorbereiten konnte, während beide Kinder selig schliefen, scheinen leider (zumindest vorläufig) vorbei zu sein. Ach, was war das schön, nach einer anstrengenden Nacht zwischen sieben und halb acht ins Bad zu schlurfen und eine halbe Stunde später mit einem dampfenden Tee die tolle Aussicht auf dem Balkon zu genießen… Ich startete entspannt und vorbereitet in den Tag, konnte meistens sogar mit Noemi frühstücken, bevor der kleine Bruder sich fröhlich krähend aus dem Schlafzimmer meldete. (Ja, ihr könnt mich ruhig ein bisschen beneiden – aber nicht zu sehr. Denn das ist Vergangenheit.)
Aktuell sehen meine Morgen so aus, dass zwischen sechs und sieben Noemi wie ein kleines buntes Nachtgespenst durch die Wohnung geistert und mich zum Aufstehen zwingt. Während ich unter der Dusche stehe (schnell, schnell!), kann ich nur hoffen, dass sie keinen Unsinn verzapft, zum Beispiel ihren Bruder weckt. Nachdem auch das Kind angezogen ist, mache ich unter Noemis quengelndem Gejammer Frühstück. Sobald wir uns an den Tisch gesetzt haben, erwacht mein Kleiner aus dem Schlaf, kläglich kreischend. Mit ihm auf dem Schoß versuche ich, mein Müsli möglichst unfallfrei in meinen Magen zu befördern, parallel Noemi davon abhaltend, wahlweise wie ein Schwein aus seinem Trog zu fressen, das Müsli mit dem Löffelkatapult durchs Zimmer zu schleudern oder das Obst mit den Fingern lustig spritzend zu zerquetschen. (Na, kommt euch das bekannt vor?)
Als ich heute Morgen den Tisch abwischte, war es gerademal acht Uhr! Was bedeutete: Noch vier Stunden bis zum Mittagessen und Noemis (wohlverdientem) Mittagsschlaf.
Wie, bittschön, überstehe ich diese vier Stunden? Normalerweise blieben mir nach dem Frühstück noch etwa zweieinhalb Stunden bis es Zeit wurde, das Mittagessen zu kochen. Die bekam ich mit Aktivitäten wie wickeln, stillen, Wohnung saugen, einkaufen, die Wäsche machen, spielen, durchs Kinderzimmer tanzen und nochmal wickeln immer ganz gut gefüllt.
Nun aber erscheinen mir die Vormittage schier endlos. Unbarmherzig langsam kriechen die Zeiger vorwärts und auch die Kinder kennen keine Gnade. Bisher waren es eher die Nachmittage, die ich wegen ihrer Zähheit fürchtete – nun strecken mir die Vormittage kackfrech die Zunge raus.
Ich hab’s echt versucht, aber Jammern bringt auch in diesem Fall rein gar nichts, und so notiere ich hier für mich (und alle jungen Mamas da draußen, meine Leidensgenossinnen!) meine bisherigen Erkenntnisse darüber, wie auch die Unendlichkeit des Vormittags überwunden werden kann.


  1. Plane deinen Tag am Vorabend

Überlege dir am Abend vorher, was am nächsten Tag ansteht und was du gern erledigen möchtest. Du kannst dir sogar einen (sehr ungefähren) Zeitplan erstellen. Nimm dir nicht zu viel vor und versteife dich nicht auf ein bestimmtes Vorhaben – am Ende kommt es doch anders – aber schreib ruhig einige Dinge auf, aus denen du ggf. auswählen kannst. Plane auch schöne Highlights, wie zum Beispiel: Morgen möchte ich mit meinem Kind malen. Sieh nach, ob du alle Materialien da hast, dann kannst du am nächsten Tag direkt loslegen.
Ich habe mich jetzt auch entschieden, gegen zehn Uhr ein zweites Frühstück einzulegen. Das war bisher nicht notwendig, jetzt ist es aber eine willkommene Zäsur an einem endlosen Vormittag.
Es ist sinnvoll, der gesamten Woche eine Struktur zu geben. Plane feste Termine ein, wie z.B. den Besuch einer Krabbelgruppe an einem festen Wochentag. Auf diese Weise hast du immer was zum Vorfreuen.
Vielleicht ist es auch notwendig, alte Strukturen und Routinen zu verändern – zum Beispiel das Mittagessen vorzuverlegen. Da lohnt es sich, mal was Neues auszuprobieren.

2.    Lass dir Zeit bei allem, was du tust
 
Das klingt erstmal einfach, ist es aber nicht. Ich zumindest bin ein sehr aufgaben- und ergebnisorientierter Mensch, und ich erledige meine Aufgaben gern schnell. Langsamkeit regt mich auf (aber das ist ein anderes Thema…). Es ist von Vorteil, nicht gegen die Uhr zu arbeiten, sondern mit ihr. Dann soll Noemi eben jede Erbse einzeln aufspießen. Wenn’s ewig dauert – umso besser, denn während sie sich als Erbsenzählerin betätigt, ist sie immerhin zufrieden und beschäftigt…

3. Beziehe die Kinder möglichst in alles ein 

Ich habe festgestellt, dass es sich lohnt bei den Ergebnissen der Hausarbeit kleine Abstriche zu machen, wenn dafür der Spaßfaktor (bei den Kindern und damit auch bei mir selbst) steigt. Noemi ist zwar noch klein, aber sie „hilft“ ganz gern beim Staubsaugen. Das geht dann zwar deutlich langsamer, aber vielleicht sind wir zu zweit sogar gründlicher… Wenn ich die Wäsche aufhänge, reicht sie mir wahlweise Wäschestücke oder –klammern, und wir reden darüber, wem dieses oder jenes Kleidungsstück gehört (das weiß sie echt schon richtig gut!). Auch beim Spülmaschine-Ausräumen (NEU!) macht sie oft mit, Betten aufschütteln zählt zu ihren Lieblingshobbys und Aufräumen geht mit ihr ebenfalls super. Und Samuel bewundert uns während wir arbeiten ;)

4.  Verlass die Wohnung!
 
Den ganzen Vormittag in der Wohnung zu verbringen, ist keine gute Idee – auch dann nicht, wenn es wie aus Kübeln schüttet. Früher oder später findet man sich unweigerlich in einer Situation wieder, die nur noch durch einen Tapetenwechsel gerettet werden kann. Frische Luft, Bewegung, „soziale Kontrolle“ durch Passanten auf der Straße (die einen davor bewahrt, auszuflippen…) – das sind die Zutaten, die man braucht, um sich wieder einzukriegen. Das gilt für Mama ebenso wie für die Kinder. Egal, ob du auf den Spielplatz gehst, einkaufen oder einfach nur eine Runde um den Block – Hauptsache RAUS.

5.  Bleib nicht allein
 
Unendliche Vormittage vergehen schneller in Gesellschaft. Such dir eine Krabbelgruppe oder geh zum Babyschwimmen. Lern andere Kleinkind-Mamas kennen und verabrede dich mit ihnen. Probier einen neuen Spielplatz oder ein Eltern-Kind-Café aus. Vielleicht hat auch eine Freundin ohne Kind Lust, mal einen freien Tag mit dir zu verbringen, oder eine ältere Dame aus der Nachbarschaft freut sich über lebhaften Besuch… Zeit mit anderen Erwachsenen (!) zu verbringen, erlebe ich immer wieder als total wohltuend. 

6. Nimm die wertvollen Momente wahr 

Denn es GIBT sie: Wenn ich morgens neben Samuel im Bett liege und er mich mit seinem umwerfenden Grinsen anstrahlt, ist es völlig nebensächlich, dass es erst fünf Uhr ist und ich eigentlich lieber weiterschlafen würde. Noemi dabei zu beobachten, wie sie sorgfältig eine Scheibe Käse aufs Brot legt („Soooo!“), um sie dann wieder runterzunehmen und genüsslich (natürlich ohne Brot) zu verspeisen – das ist einfach herrlich. Und unbezahlbar.
Ganz egal, wie anstrengend ein Tag ist und wie unendlich zäh – „Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heit‘ren Stunden nur!“ ;)

7. Mach dir bewusst: Es geht vorüber!

Wenn ich in den fast zwei Jahren meines Mama-Daseins etwas gelernt habe, dann ist es vor allem dies: Alles ist nur eine Phase – es geht vorüber! Diese Erkenntnis ist mir schon oft zum Trost geworden: Es werden wieder andere Zeiten kommen, an denen ich ohne Baby an der  Brust aufwachen und allein das Frühstück vorbereiten werde, ganz in Ruhe. Ich werde, irgendwann, wieder mehr Zeit für mich haben und für Falko, werde wieder arbeiten und so etwas wie ein „eigenes“ Leben führen.
Mir ist aber bewusst: Auch diese Aussicht hat eine Kehrseite. Meine süßen Kleinen werden dann picklige Pubertiere sein… Adieu, zahnloses Babylächeln, feuchte Noemi-Schmatzer und Entwicklungsmeilensteine! Ihr werdet mir in der Zukunft sicherlich sehr fehlen. Solange ich euch habe, genieße ich euch.

Dies waren sie, meine „glorreichen sieben“ Alltagstipps. Wenn ihr noch weitere auf Lager habt, wäre ich sehr interessiert daran, sie zu erfahren. Schreibt mir gern oder erzählt mir bei unserem nächsten Plausch davon! Bis dahin, seid frohen Mutes!








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