Langsam dämmert es mir, dass das Leben
nicht ganz so läuft, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Auslöser
für meine trübe Erleuchtung: Wir haben gestern Abend im Internet
nach Wohnungen geschaut. Oh Mann, das Leben ist teuer!
Wohnraum ist teuer! Und wir haben gerade nur ein Gehalt. Und
zwei Kinder. Und viel (!) zu wenig Platz in unserer Studentenbude.
Ich ging ziemlich desillusioniert ins Bett.
Bisher dachte ich, naiv wie ich wohl
war (seufz!), dass Geld eigentlich keine Rolle spielt. Dass man auch
ohne Geld glücklich und zufrieden sein kann, dass ein einfacheres
Leben ein besseres Leben ist. Dass es vor allem auf die Liebe
ankommt, auf Beziehungen und Gottvertrauen und darauf, etwas
Sinnvolles zu tun. Ich konnte nur den Kopf schütteln über Leute,
die „Schätze auf Erden sammeln“, und wenn mein Mann mit mir über
Berufsunfähigkeitsversicherungen, Geldanlagen und
Steuerangelegenheiten reden wollte, verdrehte ich bloß die Augen.
Und dann ertappte ich mich plötzlich
zum allerersten Mal in meinem Leben bei dem Gedanken: „Vielleicht
können wir uns gar kein drittes Kind leisten.“ Bähm, das saß!
Unsere schöne, gemütliche,
gottgeschenkte Wohnung verwandelte sich vor meinen Augen in ein
kleines, enges Loch ohne Atemluft, vollgestopft mit unnützem Tand.
Falkos neuer Job mit einem (für
Berliner Verhältnisse) guten Gehalt erschien mir auf einmal
irgendwie lächerlich („Wofür hast du denn bitteschön
promoviert?“).
Ja, ich hatte den Gedanken, dass wir
eigentlich arm sind.
Zu arm für dieses Leben, zu arm für
zwei (plus) Kinder, zu arm für eine Wohnung mit ausreichend Platz
für uns alle. Wir werden für immer in unserem Mini-Loch hausen
müssen. Ich werde niemals eine Einbauküche mit Spülmaschine
besitzen. Aus der Traum vom Kinderzimmer... Seufz!
Dann kam die Nacht, in der ich
tatsächlich ein paar Stunden Schlaf bekam, und der neue Morgen mit
einem kleinen Fetzen Blauhimmel und den Losungen zum Frühstück. Ich
las:
„Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig
in Trübsal, beharrlich im Gebet.“ (Römer 12,12)
„Sing, bet und geh auf Gottes Wegen,
verricht das Deine nur getreu
und trau des Himmels reichem Segen,
so wird er bei dir werden neu.
Denn welcher seine Zuversicht
auf Gott setzt, den verlässt er
nicht.“
(Georg Neumark)
Ein wohltuender Perspektivwechsel! Der
reiche Segen des Himmels... von wegen „arm“.
Ein weiterer Vers ploppt in meinem
Gedankenfenster auf: „Es ist über alle derselbe Herr, reich für
alle, die ihn anrufen.“ (Römer 10,12) Diesen Vers hatte ich 2014
als meine persönliche Jahreslosung gezogen und nicht wirklich etwas
damit anfangen können. Heute aber kam er zu meiner Ermutigung in
mein Bewusstsein zurück.
Sind wir auch nach menschlichen
Maßstäben gesehen nicht in der Lage, uns viele Dinge zu leisten,
sind wir vielleicht sogar „arm dran“ mit unserer kleinen Wohnung
– eigentlich sind wir doch total reich. Weil unser Vater im Himmel
reich ist. Weil er uns reich gesegnet hat und segnet, und auch segnen
wird. Nein, geizig war er uns gegenüber wirklich noch nie. Vielmehr
unendlich großzügig! Und niemals zu spät, seine Versorgung kam
immer genau rechtzeitig.
Ich möchte mich also wieder einmal im
Gottvertrauen üben und meinen Blick von unserem Mangel weg, hin auf
unseren großen Reichtum richten. Es gibt so viele Gründe dankbar zu
sein:
- Falko und ich sind seit fast 11 Jahren zusammen und mögen uns immer noch
- wir haben zwei gesunde, wunderbare Kinder
- wir haben eine Wohnung, in der wir warm, trocken und sicher sind (mit guter Verkehrsanbindung, netten Nachbarn, super Einkaufsgelegenheiten in Laufnähe...)
- wir haben so viele Menschen, die uns lieben und unterstützen!
- Samuels Geburt verlief so gut und auch das Stillen klappt reibungslos
- Falko hat einen Job, der ihm Spaß macht und der uns als Familie ernährt
- wir wurden in liebevolle, stabile Familien hineingeboren
- beide Kinder schlafen gerade und schenken mir Schreib-Zeit
… und ich könnte noch viel mehr
aufzählen. Ja, wir sind reich. Reich genug.
Was das teure Leben angeht – das
stimmt natürlich. Vielleicht wird es auch für mich nun Zeit,
erwachsen zu werden und mich mit den unangenehmen Seiten des
Erwachsen-Seins auseinanderzusetzen: Versicherungen, Steuer, Rente,
Anlagefonds. Jedenfalls ein bisschen. Und die Augen allezeit fest auf
Jesus gerichtet.
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