Stell dir vor, du drehst den Wasserhahn auf, um dir nach dem
Aufstehen das Gesicht zu waschen – aber es kommt kein Tropfen.
Gestern ging es mir so. Allerdings war ich darauf vorbereitet,
hatte schon Schüsseln, Töpfe, Kannen mit Wasser gefüllt. Im Haus fanden
Sanierungsarbeiten statt, die es erforderlich machten, uns den Hahn für einige
Stunden zuzudrehen. Schon bald lief es wieder, glitzernd, rauschend, im
Überfluss, volle Pulle Leben eben.
Wenn es aber mal nicht so fließt, wird alles komplizierter.
Die Waschmaschine blieb aus, ich habe nicht geputzt, den Abwasch in der Spüle stehen
lassen. Der Haushalt lief auf Sparflamme, denn ich musste darauf achten, dass
uns das Wasser nicht ausging.
An Tagen wie diesem bekomme ich einen winzigkleinen Einblick
in den Alltag der Bevölkerungsmehrheit unseres Planeten.
Und ich erinnere mich an die Monate, die wir in Kenia
praktisch ohne fließendes Wasser verbrachten. Das bedeutete Schlepperei und
dass wir meistens das „Abenteuerklo“ außerhalb unseres Häuschens benutzen
mussten, gemeinsam mit Leguanen und Geckos.
Und dennoch: Wir brauchten nicht das matschrote Wasser des
Flusses kilometerweit auf unserem Rücken zu transportieren, wie es die Mädchen
und Frauen des Dorfes Tag für Tag taten. Wir konnten jeden Tag duschen, da die
Missionare neben uns große Wassertanks besaßen und funktionierende Leitungen.
In unserer Küche stand ein Wasserfilter, der es uns ermöglichte, über sauberes
Trinkwasser zu verfügen. Unser Alltag war viel einfacher als wir es uns hier in
Deutschland vorstellen können, und doch lebten wir im Vergleich zur normalen
Dorfbevölkerung im absoluten Luxus. Das
war mir damals oft unangenehm, und das ist es heute noch.
Die Töpfe und Schüsseln voll Wasser und die leeren
Wasserhähne erinnern mich daran, dass ich auch an den richtig miesen Tagen unendlich viele
Gründe habe, dankbar zu sein.
Wenn dir überhaupt nichts einfällt, wofür du danken kannst,
dann dreh den Wasserhahn auf und sag: Danke! Füll dein Glas bis an den Rand,
trink es aus in einem Zug und sag: Danke! Füll das Glas noch einmal auf, stell
es auf den Tisch, für später, und sag dann nochmal: Danke!
Unser Überfluss macht mich – wenn ich mir dessen endlich mal
bewusst werde – auch demütig. Denn dass ich jetzt und hier und so lebe, ist nicht mein Verdienst. Es
ist Gnade. Unverdiente, unerklärliche, bedingungslose Gnade.
Und Wut, die spüre ich auch.
All die Kinder, die krank werden von schmutzigem Wasser.
All die Frauen, die sich kaputt schleppen.
All die Menschen, die verhungern und verdursten.
Das darf nicht
sein!
Hilflosigkeit im Angesicht der Not, dieser zum Himmel
schreienden, unbegreiflichen Not.
Es ist die Not, die heute wieder hunderte Schutzsuchende in
unser Land treibt.
In ein Land, wo man, wenn man Durst hat, nur den Wasserhahn
aufdrehen muss.
In ein Land, wo uns das Danke viel zu selten über die Lippen
kommt, leider.
Ich spüre Verantwortung,
denn die haben wir auch.
Von dem, der viel hat,
wird umso mehr gefordert werden.
Das ist auch richtig so.
Ich möchte etwas tun, und das werde ich auch.
Während ich mir Wasser aus einer Schüssel schöpfe, um mir
die Hände zu waschen, wird Jesus als das lebendige Wasser mir im Herzen groß. Ohne
Wasser ist kein Leben möglich. Dort, wo es nur wenig Wasser gibt, können
Pflanzen, Tiere und Menschen kaum gedeihen. Ein kräftiger Regenschauer genügt, und die
Wüste erblüht.
Was mir an Jesus so gut gefällt ist seine Großzügigkeit.
Dass er sich selbst verschwendet. Dass er eine sprudelnde Quelle ist, die sich
niemals erschöpft, die immer nur mehr und mehr hervorbringt für uns. Bei ihm
dürfen wir trinken, so viel wir wollen. Er macht uns den Becher nicht halbvoll
(oder gar halbleer!), er füllt ihn uns randvoll und bringt ihn zum Überlaufen. Bei
ihm ist nicht knappes Überleben und
ein bisschen spaßiges Erleben – bei ihm
finden wir das Leben in
Fülle!
Ich glaube, er gibt uns deshalb so viel mehr als wir
brauchen, weil er möchte, dass wir von seiner Fülle weitergeben. Er ist
großzügig, damit wir es auch sein können. So wie Jesus sich selbst
verschwendet, können auch wir ihn „verschwenden“, ihn reichlich teilen mit den
Menschen um uns herum. Weil er so unendlich groß ist. Weil er genügt. Sein
Wasser reicht für uns alle und noch viel weiter.
Jesus rief:
"Wer Durst hat, soll zu mir kommen und trinken!
Wenn jemand an mich glaubt, werden aus seinem Inneren
Ströme von lebendigem Wasser fließen,
wie es in der Schrift heißt."
Johannes 7, 37+38
Du sagst es, Rebekka, wir haben da eine Menge Verantwortung.
AntwortenLöschenVielen Dank dir für die Erinnerung dankbar für all die Segnungen zu sein, die uns häufig so "normal" erscheinen.
Liebe Grüße, Lena
Ganz liebe Grüße zurück! Ich bin sehr dankbar für deinen Blog, der mich auch an so viele Dinge erinnert und in verschiedenen Bereichen herausfordert. Es ist so gut, dass wir nicht allein unterwegs sind, sondern einander haben und uns gegenseitig dienen können.
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